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Abwasser Halberstadt setzt auf Riesenrüssel

Rund 300 Kilometer lang ist das Kanalnetz in Halberstadt. Um das zu warten, ist die Abwassergesellschaft jeden Tag unterwegs.

Von Sabine Scholz 05.12.2018, 00:01

Halberstadt l Wenn man alle 50 Meter anhalten, aussteigen, Schachtabdeckungen öffnen, Schläuche platzieren, Ab­deckungen schließen und wieder in den Lkw steigen muss, ist man froh über jede Arbeitserleichterung. „Und das gilt nicht nur für die Stammbesatzung des jeweiligen Fahrzeugs“, sagt Thomas Valentin. Der Geschäftsführer der Abwassergesellschaft Halberstadt (AWH) weiß um die Belastungen, deshalb hatte das Unternehmen 2015 ein neues Niederflurfahrzeug angeschafft, bei dem die Mitarbeiter nur noch einen Schritt von der Fahrerkabine auf die Straße machen und nicht vier Stufen überwinden müssen.

Solche Fahrzeuge eignen sich sehr gut, um auf langen Strecken Kanäle zu reinigen, „aber um auch baustellenfähig zu sein, brauchten wir ein Reinigungsfahrzeug mit normaler Lkw-Höhe“, sagt Kanalnetzmeister Ronald Nossal. Das kann auch über Feldwege fahren, um die Pumpwerke der AWH zu erreichen.

Auch wenn die Fahrerkabine nicht auf Bodenhöhe ist, bietet das neue Spül- und Saugfahrzeug einiges an Arbeitserleichterung. So gibt es einen um 180 Grad schwenkbaren Ausleger, der bis zu 5,60 Meter vom Fahrzeug entfernt Kanalzugänge erreicht. „Damit kann man über Zäune oder parkende Autos hinweg an Kanalschächte kommen, ohne immerzu das Auto umsetzen zu müssen. Das spart Zeit“, sagt Ronald Nossal. Außerdem fungiert der Ausleger zugleich als Kran, der unter anderem als Sicherung genutzt wird, wenn sich die Mitarbeiter in den Kanal abseilen müssen. „Wir müssen also nicht mehr extra einen Sicherheitsdreibaum aufstellen“, so Nossal.

Neben Zeit spart das neue Fahrzeug mit all seinen erforderlichen Nebenantrieben und Steuerungselementen auch Sprit und Wasser. Weil das verwendete Spülwasser im Fahrzeug wieder aufbereitet wird und erneut für die Hochdruckreinigung zur Verfügung steht, fallen die bisher üblichen Fahrten zum Nachtanken von Wasser weg. „Das macht sich auch beim Dieselverbrauch bemerkbar“, sagt Nossal. Denn so ein großes Fahrzeug „schluckt“ pro Werktag gern 20 bis 30 Liter Kraftstoff. Neben Zeit- und Geldersparnis ist das ein Beitrag zum Umweltschutz, betont Thomas Valentin.

All diese Fakten lassen neben der Tatsache, dass die moderne Technik der Gesund­erhaltung der Mitarbeiter förderlich ist, die rund 360.000 Euro, die die AWH in die Anschaffung des neuen Reinigungsfahrzeugs investiert hat, sinnvoll erscheinen. Hier wird Geld ausgegeben, um Geld zu sparen – das der Bürger, die die Arbeit der AWH über Entgelte finanzieren.

Die bleiben – zumindest für die meisten Einwohner Halberstadts – auch in den kommenden drei Jahren unverändert. Trotz aller Investitionen, steigender Sprit- und Energiepreise oder tariflicher Entwicklungen. Alle drei Jahre, so fordert es der Gesetzgeber, müssen Gebühren und Entgelte wie die bei der Abwasserentsorgung neu kalkuliert werden.

„Wir hatten im jetzt zu Ende gehenden Kalkulationszeitraum unter anderem mit steigenden Zinsen für Kredite gerechnet. Das führte dazu, dass wir ein paar Rücklagen haben, die nun helfen, für den neuen Berechnungszeitraum die Entgelte stabil zu halten“, erklärt der AWH-Geschäftsführer. So zahlen die Einwohner von Halberstadt, Emersleben, Klein Quenstedt und Veltensmühle weiterhin 2,89 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser. „Übrigens sind unsere Entgelte schon seit 2010 stabil“, so Valentin. Irgendwann wird auch bei der AWH wohl eine Erhöhung ins Haus stehen. Doch nicht für die Jahre 2019 bis 2021.

Berechnet wird die Abwassermenge über den Trinkwasserverbrauch, der ist in den vergangenen Jahren entgegen der Vorhersagen stabil geblieben, was sich positiv auf die Preise auswirkt. Obwohl sich mehr Menschen einen extra Wasserzähler installieren ließen, um fürs Gießwasser kein Schmutzwasser­entgelt zu zahlen. Dazu kommen die Regenwassermengen, für die Stadt ebenfalls Gebühren erhebt. Auch die bleiben mit 46 Cent pro Kubikmeter unverändert.

Teurer wird es für Besitzer der rund 80 Kleinklärgruben im Stadtgebiet. „Die müssen aber meist nicht jedes Jahr geleert werden“, sagt Valentin, „so ist die Belastung überschaubar.“ Hier gibt es einen deutlichen Preisanstieg von 33,94 Euro auf 58,81 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser. Teurer wird ebenfalls die Leerung abflussloser Sammelgruben, hier sind statt 23,53 Euro künftig 26,22 Euro pro Kubikmeter zu zahlen.