Altstadt Umbau nicht ohne Risiko

Die Vorbereitungen für die Sanierung der „Tanne“ in der Osterwiecker Altstadt laufen. Das Projekt ist langwierig.

Von Mario Heinicke 09.03.2018, 08:00

Osterwieck l Es ist das Filetstück der Altstadt, wenngleich sich bisher alle potenziellen Investoren an dem Gebäudeensemble Rosmarinstraße 7 bis 10 verhoben haben. Seit vier Jahrzehnten steht es leer und verfällt.

Nun also hat die Wohnungsgesellschaft Osterwieck das Objekt übernommen und bereitet die Modernisierung, die Wiederbelebung vor. Angesichts von rund dreieinhalb Millionen Euro Aufwand ist allerdings keinesfalls sicher, dass das Vorhaben wirklich gelingt.

Die Investition darf kein Zuschussgeschäft zu Lasten anderer Wohngebäude des Unternehmens werden, unterstrich Geschäftsführer Silvio Erdmann am Donnerstagabend im Bauausschuss des Stadtrates. Das hatte zuvor auch der Abgeordnete Heimo Kirste (Förderverein Stadt Dardesheim) gefordert.

Andererseits ist auf Landesebene eine zusätzliche Prüfinstanz zwischengeschaltet, die Planungen und Zahlen des Vorhabens genau unter die Lupe nimmt, bevor Fördermittel fließen können. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Wohnungsgesellschaft an dem Vorhaben nicht übernimmt.

Silvio Erdmann, Architekt Helmut Urbisch und Matthias Gunnemann vom Sanierungsträger BauBeCon waren in den Bauausschuss gekommen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Dafür warben sie zusammen mit Bau-Fachbereichsleiter Detlef Schönfeld um ein Zugeständnis des Stadtrates, was das finanzielle Risiko der ersten Planungsschritte betrifft. Ein Risiko, aber ausdrücklich nicht als zusätzliche Last für die Stadtkasse, sondern zu Lasten des Fördertopfes der Altstadtsanierung. Hier zahlt die Stadt jedes Jahr pauschal 20 Prozent der bewilligten Fördersumme als Eigenmittel ein, unabhängig von den konkret geförderten Objekten.

Gunnemann erläuterte, auch wenn die Wohnungsgesellschaft ein Tochterunternehmen der Stadt ist, werde sie doch bei der Förderung wie ein privater Investor behandelt. Das Vorhaben ist also nicht mit dem Bunten Hof zu vergleichen, in das über die Sanierungsmittel hinaus auch Geld direkt aus der Stadtkassen geflossen war.

Wegen der hohen Investitionssumme sei bei der „Tanne“ die zusätzliche Prüfung notwendig. „Das wird relativ langwierig, aber aus der Nummer kommen wir nicht raus“, so Gunnemann.

Angestrebt wird nun, dass auf der Stadtratssitzung am 22. März mehrere für die Prüfung wichtige Planungsleistungen an Fachbüros vergeben werden sollen mit dem Ziel, dass deren Ergebnisse Anfang Juni vorliegen. Am 13. Juni, so Detlef Schönfeld, sollen diese im Bauausschuss vorgestellt werden. Danach gehe alles zur Prüfung.

Matthias Gunnemann, der seit mehr als 20 Jahren für die Osterwiecker Altstadtsanierung arbeitet, erläuterte, dass die Kosten für die Planungsleistungen nicht die Wohnungsgesellschaft, sondern die Stadt vorstrecken sollte. Im Falle einer Sanierung würden diese Leistungen mit dem Zuschuss für das Vorhaben verrechnet. „Wenn die Wohnungsgesellschaft sagt, wir können das Vorhaben nicht schaffen, dann liegt das Risiko bei der Stadt. Das muss man fairer Weise sagen“, so Gunnemann. „Die Kosten würden wir dann im Rahmen der Altstadtsanierung voll übernehmen.“ Das Geld für die Planungen sei im Fördertopf der Altstadtsanierung bereits vorhanden.

Warum diese Vorgehensweise? Die Stadt hat über zwei Jahre bereits umfangreiche Fördermittel zweckgebunden für die „Tanne“ bewilligt bekommen. Das müsse jetzt eingesetzt werden, betonte Gunnemann. Sonst zahle die Stadt Strafzinsen.

Architekt Urbisch stellte unterdessen erste Skizzen zur künftigen Nutzung der „Tanne“ vor. Er sprach von zehn Wohnungen, die auf der Hofseite über einen Treppenturm mit Fahrstuhl, ähnlich dem Bunten Hof, sowie über Laubengänge erschlossen werden. Das Dachgeschoss werde nicht ausgebaut, aber dort sollen Nebenräume für die Mieter installiert werden. Die Struktur des Fachwerkgebäudes bleibe grundsätzlich erhalten, sagte der Architekt. Auch mit dem hohen einstigen Gastraum, der ein Gemeinschaftsraum für die Bewohner werden könnte.

Urbisch stellte die vier angestrebten Bauabschnitte vor. Zunächst eine Sicherung des Gebäudes, danach der Bau der Wohnungen in den Häusern 7 und 8 einschließlich Haustechnik und Treppenturm. Im dritten Abschnitt die Gebäude 9 und 10 samt Laubengänge auf der Hofseite. Und zu guter Letzt die Außenanlagen. Der Architekt berichtete, dass ein Konzept aus dem Jahr 2000 mit barrierefreien Wohnungen aufgegriffen worden sei.

Detlef Schönfeld unterstrich zum Abschluss, dass in jedem Fall die Sicherung des Gebäudes erfolgen soll. Diese könnte zu 100 Prozent aus dem Fonds der Altstadtsanierung bezahlt werden. Bei einer Sanierung werde die Sicherung dann in die Gesamtfinanzierung mit eingerechnet. „Reichen die Eigenmittel der Wohnungsgesellschaft nicht, dann fällt das Gebäude aber zumindest nicht um.“ Er verwies auf die Alte Post und den Bunten Hof als ähnliche Beispiele gesicherter Fachwerkhäuser aus früheren Jahren.