Asyl  Helfer erhalten Hilfe

Viele Halberstädter wollen Flüchtlingen helfen, doch finden sie keinen Ansprechpartner. Jetzt soll es eine Koordinierungsstelle geben.

Von Jörn Wegner 15.08.2015, 01:01

Halberstadt l Bis auf den letzten Platz ist der Sitzungsraum der Kreisbehörde in der Schwanebecker Straße in Halberstadt gefüllt. Bei über 30 Grad Außentemperatur ist die Luft zum Schneiden.

Die vielen Menschen sind gekommen, weil sie helfen wollen. Mit einer Bürgerversammlung möchte die Kreisverwaltung ihre Bemühungen um die Koordinierungsstelle Integration vorstellen. Diese soll dabei helfen, die vielen Hilfsangebote von Bürgern und Vereinen für die Asylbewerber in der Zentralen Aufnahmestelle des Landes (ZASt) zu organisieren. Vor allem aber soll es um die Zukunft gehen. Wenn bald auch der Landkreis Harz wie alle Kreise Flüchtlinge und Asylberechtigte für längere Zeit oder dauerhaft aufnimmt, wird es vor allem um die möglichst schnelle Integration der Neu-Harzer gehen, sagt Herma Alpermann. Die Verwaltungsmitarbeiterin leitet die Koordinierungsstelle.

Bis es zu einer geordneten Integrations- und Unterstützungsarbeit kommt, ist es aber noch ein weiter Weg. Eine Frau im Saal berichtet, dass ihr Garten voller Obst ist, mehr als sie selbst essen kann. Gern würde sie es den Flüchtlingen zur Verfügung stellen, nur weiß sie nicht, wie sie das anstellen soll. Cathleen Brand von der Caritas rät davon ab, Spenden einfach in die ZASt zu fahren. Einmal sei dort eine große Menge Spielzeug abgegeben worden, die Flüchtlinge hätten daraufhin das entsprechende Zelt regelrecht „gestürmt“. „Bitte Spenden immer bei der Caritas oder der Diakonie abgeben“, sagt sie.

Hilfe wird in der ZASt dringend gebraucht, sagt Ordnungsdezernent Bernhard Petzold. „Wir sind derzeit wie eine Feuerwehr. Wir reagieren ständig und agieren nicht.“ 1850 Menschen seien derzeit in der ZASt untergebracht. Petzold spricht von einer „Völkerwanderung“, die wir derzeit erleben. Die Mitarbeiterzahl sei völlig unzureichend, vor allem Sozialarbeiter und Übersetzer würden gebraucht. Beim Materiellen fehle es an vielen, auch grundlegenden Dingen. So würde es nicht ausreichend Windeln für Babys geben, Hygieneartikel seien Mangelware. Und letztlich sei auch die technische Ausstattung der Büros vor Ort unzureichend. „So arbeitet heute keine Verwaltung mehr“, sagt Petzold.

Daneben fehlt es aber auch an denen, die sich mit Kindern beschäftigen, Freizeit gestalten und den Tag der ZASt-Bewohner strukturieren. Angebote diesbezüglich gebe es, nur müssten sie nun koordiniert werden. „Wir brauchen nicht eine Situation wie bei der Fluthilfe, wo 200 Menschen auf einem Pulk stehen und man nichts mit ihnen anzufangen weiß“, sagt Petzold.

Ein Vertreter eines Sportvereins bietet an, sich mit den Flüchtlingen zu beschäftigen. Das würde allerdings außerhalb von Halberstadt stattfinden, und die Asylsuchenden müssten versichert sein. Doch da der Mann selbst keine Transportmöglichkeit zur Verfügung stellen kann, scheitert der Vorschlag an der Realität.

Während es von den Teilnehmern der Versammlung konkrete Hilfsangebote gibt, stellt Helma Alpermann die Struktur der Koordinierungsstelle vor. Bereits seit 2008 gebe es die Stelle, damals noch als loses Netzwerk. Eine Grafik zeigt eine Vielzahl von Arbeitsgruppen, die teilweise schon seit Jahren bestehen und zu verschiedenen Themen arbeiten. Dabei geht es viel um Strukturen, um Konzepte und Kommunikationswege. Nun soll infolge der Versammlung eine weitere Arbeitsgruppe entstehen, sagt Alpermann, die AG Ehrenamt und Flüchtlingsarbeit. Dies sei „ein Vorgriff auf die Zeit, ab der der Harz auch Flüchtlinge aufnimmt.“

Bereits deutlich länger leistet die Caritas konkrete Arbeit. Seit 1991 ist der Verband vor Ort in der ZASt aktiv. „Haben Sie einfach den Mut, sich zu engagieren“, sagt Cathleen Brand. Um Deutschunterricht zu geben, brauche es kein Lehramtsstudium. „Sie müssen nur Freude an der Vermittlung von Sprache haben.“ Genauso wenig benötige es pädagogische Fachkenntnisse, um die Kinder der Flüchtlinge zu beschäftigen. Überhaupt spiele Beschäfitigung ein große Rolle, sagt Cathleen Brand. „Die Leute dort wissen nicht, was sie den ganzen Tag machen sollen.“