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Asylbewerber Bürgermeister wollen direkten Draht zum Land

Vertreter der Halberstädter Verwaltungsspitze haben in Ströbeck über die Notunterkünfte für Flüchtlinge in Halberstadt und Ströbeck beraten.

Von Dennis Lotzmann 23.07.2015, 01:01

Halberstadt/Ströbeck l Es war eine Manöverkritik und das Resultat ein klares: Die beiden Bürgermeister von Halberstadt und dem Ortsteil Ströbeck richten mit Blick auf die Notunterkünfte für Flüchtlinge in ihren Orten einen Appell an die Landespolitik, sie schneller und umfassender zu informieren. „Es ist gar keine Frage, dass wir helfen, wenn es nötig ist und wir gebraucht werden. Wir sehen aber ganz dringenden Bedarf, die Kommunikation mit anderen Behörden bis hin zum Land schnell, eng und vor allem umfassend zu gestalten“, so der Halberstädter Oberbürgermeister Andreas Henke nach der Dienstberatung. Es dürfe nicht dazu kommen, dass Verwaltungschefs und Bürgermeister in einer solchen Situation auf die durchaus berechtigten Fragen ihrer Einwohner nicht antworten können, so der Linkspolitiker.

Henke reagierte damit – ganz bewusst mit einem gewissen Abstand – auf die Hauruck-Aktion am vergangenen Wochenende. Am Freitagmorgen hatte das Innenministerium sehr überraschend für alle Beteiligten gebeten, Turnhallen in Halberstadt, Ströbeck und Langenstein als Notunterkünfte für Flüchtlinge und Asylsuchende zur Verfügung zu stellen.

Letztlich reagierte das Ministerium damit auf die katastrophale Situation in der völlig überfüllten Zentralen Anlaufstelle des Landes (ZASt) in Halberstadt. Weil die Zahl der Flüchtlinge in den vergangenen Wochen in die Höhe geschnellt ist und es vom Bund oder aus anderen Bundesländern keine gesicherten Prognosen und Informationen über die Zahl weiterer Ankömmlinge gibt, hatten die Verantwortlichen in Magdeburg am Freitag mit der Bitte um Notunterkünfte augenscheinlich die Notbremse gezogen. Schließlich wird die Belegungs-Situation in der ZASt insbesondere an den Wochenenden besonders prekär.

Eine Situation, um die OB Henke und auch sein Ströbecker Amtskollege Jens Müller (SPD) durchaus wissen. Sie betonen auch ausdrücklich die breite Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Sie sehen zugleich aber sich und ihre Einwohner mit der Aktion am Freitag ein gutes Stück weit überfahren.

„Man darf die breite Akzeptanz für die Flüchtlinge in der Bevölkerung nicht aufs Spiel setzen.“

Jens Müller (SPD), Bürgermeister im Schachdorf Ströbeck

Bislang seien die 51 in der Ströbecker Turnhalle vorbereiteten Unterkunftsplätze noch nicht belegt worden. „Und ich habe die Zusage, dass das wirklich nur dann passiert, wenn die 100 Plätze in der Halberstädter Notunterkunft genutzt werden müssen“, so Müller. Ob es zu dieser Situation komme, könne niemand vorhersehen. Sollte sie jedoch eintreten oder sich abzeichnen, halte er eine kurzfristige Bürgerversammlung für dringend geboten.

„Und daran sollten dann auch die Verantwortlichen aus Magdeburg und aus der ZASt teilnehmen, um die Fragen der Bürger umfassend zu beantworten“, sagt Jens Müller, der sich in diesem Punkt mit OB Henke einig ist.

In Ströbeck war leise Kritik schon am Wochenende aufgekommen. In einem offenen Brief an Henke und Müller hatte eine Einwohnerin auf den Punkt gebracht, was manche im Dorf wurmt: Wir Bürger wurden in die Entscheidungen nicht einbezogen – es wurde nicht für nötig befunden, „uns Bürger mit ins Boot zu holen“.

Sachlich formulierte Kritik, sagen Henke und Müller, wenngleich sie den offenen Brief offiziell noch gar nicht erhalten hätten und letztlich auch die falschen Adressaten seien. Inhaltlich sei die Kritik aber durchaus berichtigt: „Diese Stimmung in der Bevölkerung muss die Politik im Blick haben, darauf muss sie reagieren“, sind sich die beiden Kommunalpolitiker einig.