Ausbildung Eine Woche lang Chefin

Eine Woche lang hatten die Azubis den Hut auf. Sie waren für die Arbeitsorganisation in der Stadtbibliothek Halberstadt zuständig.

Von Sabine Scholz 31.03.2017, 01:01

Halberstadt l Im ersten Lehrjahr schon Chefin zu sein, das hätte sich Monika Schmitz sicher nicht träumen lassen, als sie ihre Ausbildung in der Stadtbibliothek Halberstadt begann. Die aus Bitterfeld stammende und jetzt in Braunschweig beheimatete junge Frau hat die Verantwortung sichtlich genossen. Jedenfalls berichtet sie am Donnerstagmittag gemeinsam mit Susanne Bursch und Anika Nauck, beide im zweiten Ausbildungsjahr, wie es so ist, als Lernender für eine ganze Woche die Verantwortung für den laufenden Betrieb einer Bibliothek zu haben.

Die erste Herausforderung war, diese Woche vorzubereiten, sagte Schmitz, denn das theoretische Wissen für ihren Beruf wird im Blockunterricht in der Berufsschule Sondershausen vermittelt. Und der Unterricht liegt für die jeweiligen Ausbildungsjahrgänge unterschiedlich. „Wir haben deshalb schon im Januar mit der Vorbereitung begonnen“, sagt Anika Nauck. Denn die Auszubildenden mussten sich erstmal abstimmen, wer welche Aufgabe in dieser Woche verantwortlich übernimmt, was sie zusätzlich einbringen wollen in den Arbeitsalltag. So entstand eine Präsention über ihren Beruf und eine über die Berufsschule, die die angehenden Fachangestellten für Medien und Informationsdienste besuchen. Sowohl Standort als auch Ausbildungsinhalte haben sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. So war es denn auch für die erfahrenen Kolleginnen der Bücherei ein anregender Vortrag.

Als „Fami“ kann man später nicht nur in öffentlichen Bibliotheken arbeiten. Auch in Archiven, in Bildagenturen, in medizinischen Dokumentationsabteilungen und wissenschaftlichen Bibliotheken können sie eingesetzt werden. In allen fünf Fachrichtungen – Information und Dokumentation zum Beispiel für große Medienredaktionen gehört ebenso dazu – wird das theoretische Rüstzeug vermittelt, das auch in den Zwischenprüfungen abgefragt wird. Bei den Abschlussprüfungen ist dann der Fachbereich maßgeblich, in dem die praktische Prüfung erfolgt.

„Da ist so eine Woche Chefsein schon eine hervorragende Vorbereitung“, sagt Ulrike Strathausen. Die Ausbilderin begleitet die angehenden Fach­angestellten auch bei diesem besonderen Projekt. Die Idee dazu hatte Bibliothekschefin Birgit Sommer, weil nur ein Tag des Rollentausches nicht ausreichend ist, um einen Einblick in die Aufgabenvielfalt zu erhalten. Das habe sich bei einem Vorgängerprojekt gezeigt. Selbst eine Woche reicht kaum. Immerhin geht es in einer Bücherei nicht nur darum, die Ausleihe abzusichern, neu eingetroffene Medien auszupacken, zu katalogisieren und in die Regale zu stellen.

Größte Herausforderung war der Dienstplan, sagt Monika Schmitz. Nicht nur, weil Urlaubstage zu berücksichtigen waren. „Jedem Mitarbeiter steht eine Mittagspause zu, aber wir machen über Mittag ja nicht zu“, sagt Susanne Bursch. Also muss so geplant werden, dass jeder Mittag machen kann und trotzdem beispielsweise die Ausleihe besetzt ist. Auch Früh- und Spätdienste sind zu planen, der Einsatz bei Veranstaltungen. Ebenso sollten für zusätzliche Angebote wie den bevorstehenden Bücherflohmarkt Ankündigungen für die Presse geschrieben werden.

Spaß gemacht habe die Organisation von Veranstaltungen, „vor allem die für die Kinder“, sagt Susanne Bursch. Allein in dieser Woche gab es nicht nur die öffentlichen Veranstaltungen wie den literarischen Kaffeeklatsch und den Besuch der Leseratte vorzubereiten, sondern auch eine Bibliotheksrallye für Schüler des Martineums, eine Märchenstunde für Kindergartenkinder und eine zum Thema Ostern. Außerdem besuchten Deutschlehrer die Bibliothek, für die unter anderem eine Führung durchs Haus auf dem Programm stand. All das war zu organisieren – vom Kaffeekochen bis hin zur Frage, ob noch eine Kollegin gebraucht wird zum Aufräumen hinterher. Denn wenn um 11 Uhr die Öffnungszeit beginnt, sind die Kindergartenkinder wieder in ihren Einrichtungem, die Sitzkissen in der Kinderbibliothek weggeräumt.

Zum Glück waren alle Kolleginnen sehr hilfreich, haben die Azubis ernst genommen, auch wenn man kurz ins Stocken kam, weil man für gewohnte Arbeitsläufe jetzt nochmal ein Okay brauchte, wie Birgit Sommer berichtet. Aber es hat alles gut geklappt. Auch bei der kleinen Ausstellung darüber, was ein „Fami“ so macht. Und weil die gut ist, werden die Auszubildenden ihren Beruf anderen Jugendlichen vorstellen, die beim Zukunftstag am 27. April in der Bücherei erfahren, welche Berufe es bei der Stadtverwaltung gibt.