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Autoshow Selbstversuch im 600-PS-Monster

Redakteurin tauscht Büro-Stuhl gegen PS-starke Gefährte. Die gehören zur Show „Dynamit auf Rädern“, die Sonntag in Halberstadt gastiert.

Von Sandra Reulecke 09.09.2017, 01:01

Halberstadt l „Nicht anschnallen, du kletterst eh gleich während der Fahrt aus dem Fenster.“ Sabrina Korth sagt es, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Sie ist entspannt und lächelt. Mir dagegen entgleisen die Gesichtszüge bei ihren Worten, der Puls rast. Meinen Herzschlag kann Patrick Korth gar nicht überhören – trotz des laufenden Motors. Von seiner Fahrweise soll nun meine Gesundheit abhängen. Er steuert den BMW – in Schräglage – aus dessen Fenster ich steigen soll.

Oh ha. Ob das eine gute Idee war, mich für diese Aktion freiwillig zu melden? Das Team von „Dynamit auf Rädern“ gastiert am Sonntag, 10. September, in Halberstadt. Bevor sie ihre Show mit „fliegenden“ Monstertrucks, Akrobatik auf fahrenden Autos und Motorradsprüngen zeigen, haben sie Journalisten eingeladen, ein paar Stunts auszuprobieren.

Objektiv betrachtet, bin ich die absolute Fehlbesetzung dafür. Denn erstens bin ich ein furchtbar ängstlicher Beifahrer und zweitens zählt Geschicklichkeit nicht zu meinen Stärken. Doch nun sitze ich hier, während Patrick Korth über die Rampe steuert, der BMW kippt zur Seite und fährt nur noch auf den beiden Reifen der Fahrerseite. Krampfhaft halte ich mich am Notgriff fest und versuche, nicht auf Korth zu fallen. Der 41-Jährige schaut mich an. „Jetzt“, sagt er und grinst.

Mein Zeichen. Wie vorher geübt, stemme ich mich durch das Fenster aus dem Auto. Sabrina Korth steht schon sicher auf dem Fahrzeug. Meine Hände zittern, Adrenalin rauscht durch meine Adern. „Sehr gut, du hast es schon beim ersten Mal geschafft“, sagt die Stuntfrau lobend, als wir zurück auf festem Boden sind.

Der Trick ist für sie ein Kinderspiel. „Ich bin von klein auf dabei“, sagt die 32-Jährige achselzuckend. Seit vier Generationen sind die Familienmitglieder als Schausteller unterwegs – auch für Filmproduktionen wurden sie bereits gebucht und derzeit wird eine Dokumentation über das Leben der ungewöhnlichen Familie gedreht.

Denn die meisten des 60 Mitglieder starken Teams sind miteinander verwandt oder verschwägert, sagt Sabrina Korth. Auch ihr Mann ist mittlerweile Bestandteil des Teams. Acht Monate im Jahr tourt das Team, zeigt seine Shows in unterschiedlichen Städten. Ihren Hauptwohnsitz in Eisenach (Thüringen) sehen sie in der Zeit nur selten. Stattdessen schlafen sie in Wohnwagen. Was nicht bedeutet, dass sie auf etwas verzichten müssen. „Ich habe eine Einbauküche und eine Badewanne“, berichtet Sabrina Korth.

Die Kinder werden mit dem Reisen, den Shows und den Stunts groß. Sabrina Korth ist im Alter von neun Jahren das erste Mal selbst Auto gefahren. „Weil ich vorher nicht an die Pedale gekommen bin, sonst hätte ich es schon eher versucht“, berichtet die etwa 1,70 Meter große Frau. „Meine Kindheit war außergewöhnlich, aber toll.“ Sie habe viel gesehen, erlebt und gelernt. So ist Sabrina Korth nicht auf Hilfe bei einem Ölwechsel angewiesen.

Und sie hat Kraft. Fit zu sein sei wichtig, um als Stuntman oder -frau zu arbeiten. „Die Fahrer trainieren regelmäßig“, berichtet Denny Renz, Sprecher des Teams. Und es packen alle beim Aufbau der Show mit an. 17 Großraum-Lkw mit Equipment gilt es in Halberstadt abzuladen. Innerhalb von zwei Tagen verwandelt sich so der Burchardi-Anger in ein abgeschirmtes Veranstaltungsgelände mit Tribüne und Show-Areal.

Dort sind am Sonntag 14 Showfahrer im Einsatz, zum Beispiel am Steuer von fünf Monstertrucks. Doch nicht nur die Erwachsenen zeigen ihr Können – auch die jüngsten Familienmitglieder sind dabei. Zu ihnen zählt die achtjährige Tochter von Sabrina Korth. Wie ist es, als Mutter die Stunts des eigenen Kindes zu sehen? „Furchtbar“, gesteht sie. „Es ist eine Mischung aus Stolz und Angst.“

Auch vor ihren eigenen Auftritten sei sie noch nervös. „Aber das ist gut. Man darf nie den Respekt vor dem verlieren, was man tut. Sonst wird man leichtsinnig.“ Etwas, was sich die Stuntleute in ihrem Metier nicht leisten können. Sicherheit sei oberstes Gebot – für die Zuschauer wie für die Fahrer.

Verständlich, bei den waghalsigen Manövern. „Aber es ist noch nie etwas Schlimmes bei uns passiert“, versichert Denny Renz. Blaue Flecke, Schürf- und Platzwunden sowie Knochenbrüche gehören allerdings zum Alltag, räumt er ein.

Davon bin ich zum Glück auch bei der zweiten Kletterpartie des Tages verschont geblieben: Dem Einsteigen in einen 3,40 Meter hohen Monstertruck. Der 600 PS starke Motor röhrt beim Tritt auf das Gaspedal. Die Fahrt kann beginnen.

„Dynamit auf Rädern“am Sonntag, 10. September, um 11 Uhr auf dem Burchardi-Anger Halberstadt, Einrtitt für Erwachsene 18 Euro, für Kinder 16 Euro