Baugenehmigung Streit um Solarparkbau

Ein Solarpark mitten in Halberstadt und keine Beteiligung der Stadt? Die CDU ist sauer.

Von Jörg Endries 01.03.2020, 02:00

Halberstadt l Den Christdemokraten im Halberstädter Stadtrat stößt sauer auf, dass es im Vorfeld des Bauvorhabens Solarpark auf der innerstädtischen ­Fläche an der Rudolf-Diesel-Straße keine Informationen gegeben habe.

Zumal im Stadtentwicklungsausschuss normalerweise über derartige Bauvorhaben beraten wird. Daraufhin ­stellte die CDU-Fraktion vor der jüngsten Stadtratssitzung den Antrag, das Thema Solarpark auf die Tagesordnung zu setzen. Die Diskussion wurde letztendlich im nichtöffentlichen Teil geführt.

„Das ist ein Stück aus dem Tollhaus“, ist Michael Herrmann (CDU) nach Ende der nichtöffentlichen Sitzung verärgert. Ein ­Solarpark habe nach Meinung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat Halberstadt an dieser Stelle nichts zu suchen. Das Areal sei sogar „nach ­Alcatrazart mit Stacheldraht umzäunt“. Das Vorhaben sei ein städtebaulicher Fauxpas.

„Die Frage ist, wollen wir das“, so Michael Herrmann. Solaranlagen in dieser Größe hätten im Stadtgebiet nichts zu suchen. Dafür sind Außenflächen viel besser geeignet. Zornig macht den Kommunalpolitiker, dass die Kompetenz des Stadtentwicklungsausschusses komplett übergangen wurde. „Das ist schon gravierend.“ Laut Hauptsatzung müsse der Ausschuss darüber informiert werden.

Die Stadtverwaltung wolle den Fall bagatellisieren und im Schnellverfahren aus dem Schwarzbau ein legales Bauvorhaben machen. Das habe nichts mit Investorenschutz zu tun, vielmehr sei es ein Vertuschungversuch. Daher stellte die CDU-Fraktion den Antrag, das Bauvorhaben zur nächsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses auf die ­Tagesordnung zu setzen und einen Flächennutzungsplan zu erstellen.

Der CDU-Politiker bedauert, dass seine Fraktion im Stadtrat mit dieser Meinung auf verlorenem Posten stand. „Bis auf die CDU-Frak­tion stimmten alle anderen diesem ­Solarpark zu und damit gegen unseren Antrag.“

Die Stadtverwaltung Halberstadt bestätigt auf Nachfrage, dass der Bau des Solarparks an der Ruldof-Diesel-Straße bekannt sei. „Die Fläche befindet sich im rechtskräftigen Bebauungsplan ‚Stadtgebiet Süd-Ost‘.“

Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sei eine Solaranlage in diesem Gebiet möglich. Die Stadt wurde bisher im Rahmen des Baugenehmigungsverfahren vom Landkreis Harz nicht offiziell beteiligt und hat demzufolge auch noch keine Stellung­nahme zum kommunalen Einvernehmen abgegeben. „Inwieweit es sich um einen ‚Schwarzbau‘ handelt, kann daher nicht beantwortet werden, da der Landkreis Harz für das Verfahren zuständig ist und eine Baugenehmigung erteilen muss“, heißt es aus dem Halberstädter Rathaus.

Im Fall des Solarparks wurde ein ordnungsbehördliches Verfahren gerade erst eröffnet und zur Anhörung geladen. Ein Baustopp wurde nicht ausgesprochen, informiert Manuel Slawig, Sprecher der Landkreisverwaltung Harz. Für die Solaranlage wurde vom Projektträger/Investor bei der zuständigen Stadt Halberstadt ein Genehmigungsfreistellungsverfahren beantragt.

Die Stadt Halberstadt hat eingeschätzt, dass die Voraussetzungen für ein Genehmigungsfreistellungsverfahren nicht vorliegen und den Antrag an den Landkreis weitergeleitet.“ Zur Klärung der Antragssituation sei jetzt das ordnungsbehördliche Verfahren eröffnet worden. Mit dem Anhörungsschreiben wird dem Antragsteller nahegelegt, einen Bauantrag zu stellen. Der finale Ablauf wird während der Anhörung festgelegt, so Slawig.

Entsetzt über den Verlauf des Verfahrens zur Ansiedlung des Solarparks an der Rudolf-Diesel-Straße ist der Investor, die ­Sybac Solar GmbH aus Polch bei Koblenz, bestätigt Projektleiter und Architekt ­Peter Ronig. Seit 2004 baut das mittelständische Unternehmen Solarparks in Deutschland, den USA, Japan, der Türkei und Chile. Bisher mit einer Leistung von mehr als 700 Megawatt. „Aber so ein Fall ist uns noch nie untergekommen“, so Peter Ronig. Die Firma habe 2019 einen sogenannten Freistellungsantrag für das Projekt gestellt.

„Wenn es bereits einen Bebauungsplan gibt, wie es für das Areal in Halberstadt der Fall ist, ist dieses schnelle Verfahren, in das nicht mehr alle Behörden einzubinden sind, üblich“, betont der Projektleiter. Darum sei er umso erstaunter gewesen, plötzlich ein Schreiben der Baubehörde des Landkreises Harz auf dem Tisch zu haben. „Mit Argumenten, die an den Haaren herbeigezogen sind.“

Resultat sei, dass die Arbeiten zum Bau des ein Hektar großen, etwa eine Million Euro teuren Solarkraftwerks mit einer Leistung von einem Megawatt (Strom für etwa 270 Drei- bis Vier-Personen-Haushalte) mittlerweile komplett eingestellt worden. Ronig rechnet durch den Baustopp und die damit verbundene verzögerte Inbetriebnahme des Solarparks mit einem finanziellen Verlust von bis zu 15.000 Euro. Die Einspeisevergütung für den grünen Strom sinkt von Monat zu Monat. „Das ärgert uns“, sagt der Projektleiter.

Zoff um Planungsverfahren für den Bau von Solarparks sind in der Region nicht neu. Erst Anfang des Jahres gab es einen Streit, der dem Investor teuer zu stehen kommt. Die Stadt Halberstadt gab 2019 grünes Licht für den 4,9 Hektar großen Solarpark Wilhelmshöhe bei ­Langenstein. Mitten im Bau verhängte plötzlich die Landkreisverwaltung Harz einen Stopp, weil das ­Planungsverfahren falsch gelaufen sei.

Die Stadt Halberstadt berief sich allerdings darauf, dass das Verfahren mit dem Landkreis Harz abgestimmt war. Das Ergebnis ist eine mehrmonatige Bauverzögerung für die 4,5 Millionen Euro teure Investition. Die Stadt Halberstadt musste das gesamte Verfahren noch einmal neu aufrollen. Dem Betreiber entsteht nach eigenen ­Angaben ein finanzieller Verlust in Höhe von etwa 500.000 Euro.