Betrug Statt Handy Haftbefehl

Saskia S. wollte auf dem Revier in Halberstadt ihr Handy zurückfordern. Stattdessen ging es zurück ins Gefängnis nach Halle.

Von Dennis Lotzmann 12.03.2020, 03:00

Halberstadt l Eine Serienbetrügerin, die augenscheinlich mit unendlicher Dreistigkeit unterwegs war, hat jetzt beim Besuch im Harzer Polizeirevier eine richtig böse Überraschung erlebt: Statt ihres Handys, dessen Herausgabe die 28-Jährige begehrt hatte, hielten die Polizeibeamten Saskia S. einen frischen Haftbefehl unter die Nase und winkten mit den Handschellen. Anschließend ging‘s geradewegs dorthin, wo die junge Frau kurz zuvor hergekommen war: in die Justizvollzugsanstalt am Kirchtor in Halle.

Dort hatte Saskia S., die gebürtig aus dem Rheinland stammt, in den vergangenen Wochen schon mal testweise „gewohnt“. Weil sie eine offene Geldstrafe nicht beglichen hatte, hatte die Justiz in Bonn einen Ersatzhaftbefehl erlassen, der Mitte Januar in eine Festnahme mündete.

Eigentlich bestand das „Mietverhältnis“ für den Roten Ochsen – so der Name der backsteinfarbenen Haftanstalt im Volksmund – noch bis Mitte April. Weil die Eltern der 28-Jährigen aber Einsehen mit ihrer Tochter hatten, blätterten sie die noch offene Geldstrafe Anfang März auf den Tisch der Justizbehörden und sorgten so für eine vorzeitige Freilassung der Tochter.

Ein Fakt, der die Ermittler der Staatsanwaltschaft in Halberstadt wiederum in Zugzwang brachte. Denn hier lagen längst neue Fälle mit Saskia S. als Beschuldigter auf dem Tisch. Was keineswegs zufällig war: Weil S. vor ihrer Inhaftierung zuletzt bei einem ganz offensichtlich ahnungslosen Mann aus der Harzer Kreisstadt eine wärmende Decke gefunden und von hier aus neue Betrügereien gestartet hatte, war die hiesige Staatsanwaltschaft zuständig.

Und die machte – als sie vom vorzeitigen Ende des „Unterbringungsvertrags“ für den Roten Ochsen Wind bekam – ordentlich Dampf. Schließlich soll Saskia S. in 21 Fällen gutgläubige Kunden, denen sie über das ebay-Kleinanzeigen-Portal Handys und Werkzeugmaschinen offeriert und verkauft hatte, geneppt haben.

Das Strickmuster war dabei klar: Produkt angeboten, vom Käufer per Vorkasse mindestens zur Hälfte bezahlt, letztlich aber nie geliefert. So flatterte eine Betrugsanzeige nach der anderen auf den Tisch der Halberstädter Staatsanwälte. Bislang 21 konkrete Vorwürfe im Zeitraum zwischen Januar und November 2019, die bei näherem Hinsehen den Tatbestand des Betrug erfüllen und nun in Haftbefehl Nummer zwei mündeten. Die Opfer von Saskia S. sollen verteilt in ganz Deutschland leben. Und die Ermittler in Halberstadt rechnen mit weiteren Fällen, die Opfer wohl noch zur Anzeige bringen werden.

Wann S. vor Gericht angeklagt wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Im Roten Ochsen hat sie nun viel Zeit zum Nachdenken. Ablenkung droht dabei kaum, denn der Kontakt nach außen dürfte auf die reinen Besuchszeiten beschränkt bleiben. Das iPhone, das Saskia S. jüngst bei der Harzer Polizei abholen wollte, wurde nämlich eingezogen – als Tatwerkzeug. Damit dürfte es mit weiteren ebay-Betrügereien hinter schwedischen Gardinen denkbar schwierig werden.