Bibliothek Mehr als nur Bücher

Während andere Bibliotheken schließen, bekommt die in Halberstadt immer mehr Zuspruch. Und das dank Veranstaltungen.

Von Sandra Reulecke 29.01.2019, 00:01

Halberstadt l Heinrich Heine ist nie in Halberstadt gewesen. Dass es dennoch Orte und Plätze in der Kreisstadt gibt, die mit dem berühmten Dichter in Verbindung stehen, wird im April und September unter Beweis gestellt. Dann laden die Mitarbeiter der Stadtbibliothek unter der Überschrift „Abendgruß bei Heines“ ein. „Halberstadt hat ja seine eigenen Heines, die bekannt sind. Die werden dabei nicht zu kurz kommen“, versichert Birgit Sommer, die Chefin der Bibliothek, die – welch Zufall – den Namen „Heinrich Heine“ trägt.

Die literarischen Spaziergänge sind nur ein neues Angebot im bereits prall gefüllten Veranstaltungskalender der Bücherei. Mehr als 200 Termine stehen schon fest. Darunter die zweite Manga-Convention, HaMaCo, ein Konzert mit den Spinnesängern und eine Lesung mit Bernd Kaufholz. Im November wird erstmals ein Medientag veranstaltet. Eine Art Messe für Schüler, Eltern, und Lehrer, bei der es um Themen wie Datenschutz und Cyber-Mobbing geht. In den Sommerferien sind Mädchen und Jungen eingeladen, selbst einen Film zu drehen.

Zudem sind eine Reihe von Aktionen für Kinder und Kreatives geplant. Zu lernen, wie man einen Schal selbst strickt oder wie Dekorationen gebastelt werden, steht bei den Besuchern nach wie vor hoch im Kurs, berichtet Birgit Sommer. Gerade für solche Aktionen könne sie auf das Engagement der Mitglieder des Bibliothekfördervereins sowie von Halberstädter Bürgern zählen. Und es darf gern mehr werden. „Jeder, der ein besonderes Hobby oder Talent hat, ist uns willkommen, es anderen vorzustellen und Anregungen zu geben.“

234 Veranstaltungen unterschiedlicher Größen fanden 2018 in der Bibliothek statt. Für die Mitarbeiter eine Herausforderung, schließlich muss jede vorbereitet, organisiert und begleitet werden. Aber, so betont Birgit Sommer, Bibliotheken sind nicht mehr nur Orte, an denen Bücher geliehen werden können, sondern „Orte der Freizeitgestaltung“.

Seit fast jeder Haushalt über einen Internetzugang verfügt, haben es Bibliotheken schwer, sich gegen die Online-Konkurrenz durchzusetzen. Wer keine attraktiven Angebote hat, um Leser vom heimischen Rechner wegzulocken, muss um seine Existenz bangen. Laut Landesverband des Deutschen Bibliotheksverbandes mussten in nur neun Jahren, zwischen 2006 und 2015, mehr als 20 öffentliche Büchereien schließen.

Dagegen ist es der Halberstädter Bibliothek gelungen, dass die Anzahl von Besuchern, Nutzern und Entleihungen für 2018 gestiegen ist. Insgesamt wurden mehr als 220.000 Medien ausgeliehen. Damit dieser Erfolg von Dauer ist, ist es notwendig, die Bestände aktuell zu halten. Denn, so sagt Sommer, auch wenn die Klassiker nach wie vor gefragt sind, wollen die Nutzer Neuerscheinungen so schnell wie möglich lesen. Gerade Kinder und Jugendliche seien ungeduldig. „Sie fragen schon nach der DVD, wenn der Film noch im Kino läuft“, ergänzt Bibliotheksmitarbeiterin Stephanie Franz. Umso wichtiger sei es, auch bei Spielen aktuell zu sein. Nicht nur bei denen, die auf dem Computer gespielt werden. „Lego liegt gerade voll im Trend“, so Franz.

Für Neukäufe stehen der Bibliothek pro Jahr 20.000 Euro zur Verfügung. „Wenn man überlegt, dass empfohlen wird, acht bis zehn Prozent des Bestandes zu erneuern und ein Buch im Schnitt um die 20 Euro kostest, klingt das nicht mehr nach viel Geld“, gibt Birgit Sommer zu bedenken. Nur dank Spenden von Privatleuten und dank des Engagements des Fördervereins sind Neuheiten auch außerhalb des Budgets möglich, betont die Bibliotheks-Chefin. Auffällig sei, dass immer mehr Nutzer die Bücher und Co. nicht mit nach Hause nehmen, sondern vor Ort in der Bibliothek damit arbeiten. „Dieser Trend ist bundesweit zu beobachten.“