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Breiter Weg Ein Lichtstreif für die Einöde

Halberstadt hat ein Konzept für den Breiten Weg, aber kein Geld, um es umzusetzen.

Von Jörg Endries 13.02.2020, 03:00

Halberstadt l Grau, trist, teils verwaiste Geschäfte, Leben auf der Fußgängerzone Breiter Weg sucht man meist vergebens. Ausgenommen an den ­Wochenmarkttagen. Konkrete Versuche, das zu ändern, gibt es bereits seit Jahren. Jetzt liegt der Stadt Halberstadt zum ersten Mal ein Entwicklungskonzept auf dem Tisch, das Handlungsgrundlage für eine attraktive Neugestaltung des Areals im Herzen der Stadt sein soll.

Das Entwicklungskonzept zur Neugestaltung des Breiten Weges soll ein neues Kapitel für einen der geschichtsträchtigsten Stadträume in Halberstadt aufschlagen, heißt es im von der CIMA Beratung und Management GmbH Lübeck erarbeiteten Papier. Die Stadt Halberstadt beauftragte das Unternehmen Anfang 2018 mit der Erarbeitung des 48 Seiten umfassenden Konzeptes. Darin werden alle relevanten Aspekte, wie zum Beispiel der Einzelhandel, Tourismus, Wirtschaft, Nutzungsstrukturen der Bebauung und die Meinung der Bürger untersucht und mit eingebunden.

Bereits im November 2019 wurde unter den verschiedenen Varianten eine favorisiert. Die lag dem Stadtentwicklungsausschuss in der ­vergangenen Woche zur Empfehlung an den Stadtrat vor und wird letztendlich am 20. Februar im Stadtrat beraten. Können sich die Abgeordneten in der Mehrheit damit anfreunden, soll sie beschlossen werden. Wobei dann immer noch nicht klar ist, wie die Kommune das millionenschwere Projekt finanzieren will. Bis 2028 befindet sich die Stadt in der Haushaltskonsolidierung. Große Investitionen sind damit so gut wie ausgeschlossen.

Nach dem vorliegenden Konzept soll die jetzige Betonplattenoberfläche des Breiten Weges mit grünen Aktiv- und Erholungsräumen aufgebrochen werden, die sich bis zum Schützenpark erstrecken. Neue Bänke und Liegen, Spielgeräte und die Neupflanzung von Bäumen sind vorgesehen. Die Gestaltungselemente sollen den neuen Breiten Weg prägen und für eine hohe Aufenthalts- und Verweilqualität sorgen, heißt es im Konzept.

Ziel sei ein grünerer Breiter Weg, der eine Abwechslung zu den anderen Plätzen der Stadt bietet und zeitgemäß auf aktuelle Trends reagiert, so die Planer. Im Konzept findet sich auch ein Bürgervorschlag wieder, den Schützenpark zur Freizeitgestaltung mit zu nutzen sowie die ­Bebauung des Eckbereiches Breiter Weg/Schützenstraße zu ermöglichen. Dort befindet sich ein vor Jahren außer Betrieb gesetzter Springbrunnen. Die ­Konzept-Umsetzung ist in vier Schritten vorgesehen. Beginnend mit der Detailplanung 2021 bis zur endgültigen Umsetzung 2028/2029.

Dass der Breite Weg aufgewertet werden soll, stieß bei den Mitgliedern des Stadtentwicklungsausschusses auf Zustimmung. Yvonne von Löbbecke (FDP) stellte allerdings fest, „dass es noch nicht das Nonplusultra ist“, weil die Zukunft des Wochenmarktes auf dem Breiten Weg mit der Neugestaltung nicht sicher sei. Ausschussvorsitzender ­Michael Herrmann (CDU): „Wir haben über zwei Jahre daran gearbeitet, die Bürger mit eingebunden. Ich sehe keinen weiteren Klärungsbedarf. Thomas Rimpler, Fachbereichsleiter Stadtplanung: „Das Konzept ist eine Handlungsgrundlage. Grundsätzliche Beschlüsse und Details können im Rahmen der weiteren Bearbeitung erfolgen.“

Schwierig wird es allerdings bei der Umsetzung. Dafür ist eine volle Stadtkasse erforderlich, zumindest sollte sie besser gefüllt sein als sie es derzeit ist. Davon ist Halberstadt meilenweit entfernt. Die Stadt muss derzeit kräftig die kommunalen Steuern erhöhen (Hunde-, Gewerbesteuer- sowie Grundsteuer A und B), um das Defizit in den kommenden Jahren ausgleichen zu können.

Laut Angaben der CIMA ist bei der Umgestaltung des Breiten Weges mit Kosten in Höhe von etwa 5,22 Millionen Euro zu rechnen. Laut Unternehmen seien davon etwa vier Millionen Euro als förderfähige Kosten verankert, die von Bund und Land bezuschusst werden könnten. Die Betontung liegt allerdings auf könnten. Sicher ist das bislang nicht.

Oberbürgermeister ­Andreas Henke (Die Linke) meinte, die zündende Idee zu haben, um das Finanzierungsproblem schnell zu lösen. Er vermengt einfach das Bürgerbegehren „Verbesserung der Geh- und Radwege in Halberstadt“ mit dem Breiten Weg, um so möglichst schnell an Geld für die Neugestaltung der Fußgängerzone zu kommen. Damit sorgte Henke bereits für ein Eklat. Während einer Dienstberatung setzte der OB kurzerhand den Breiten Weg auf die Prioritätenliste des Umsetzungsbeschlusses ­„Verbesserung des Geh- und Radwegenetzes“ auf Platz 1, obwohl die Fußgängerzone dort überhaupt keine Rolle spielt.

Daraufhin fühlten sich die Mitglieder der Bürgerini­tiative vorgeführt und reagierten stocksauer. Sie reichten eine Petition ein, in der sie alle Abgeordneten des Stadtrates ­auffordern, dem Plan des OB eine Abfuhr zu erteilen. Der Stadtentwicklungsausschuss folgte dem bereits einstimmig. Mittlerweile folgt Andreas Henke noch nicht einmal mehr seine eigene Frak­tion Die Linke. Von der liegt ein Änderungsantrag auf dem Tisch, den Breiten Weg von der ­Prioritätenliste zu streichen und dafür den Bau eines kombinierten Geh- und Radweges auf der östlichen Seite des Sargstedter Weges auf Platz 1 der Liste zu setzen, die übrigens die Halberstädter im Rahmen einer Online-Befragung erstellt hatten.

Im Linke-Änderungsantrag heißt es zur Begründung: „Der Breite Weg in seiner Gänze ist kein Geh-und Radweg, der in der Bürgerbefragung eine primäre Rolle gespielt hat. Für die Umgestaltung des Breiten Weges müssen/sollen Fördermittel/Fördermöglichkeiten aus anderen ... -programmen erschlossen werden.“