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Domsanierung Kupfer leuchtet vom Nordturm

Zurzeit bekommt das Dach des Halberstädter Doms eine neue Eindeckung. Bis November werden die Arbeiten noch dauern.

Von Sabine Scholz 23.09.2017, 01:01

Halberstadt l „Das hier sind nicht einfach nur Spenglerarbeiten, da braucht man schon Kunstfertigkeit“, sagt Carsten Gülle. Weshalb er nur noch zwei seiner Männer von den Nordhäuser Dachdeckern auf dem Nordturm des Doms im Einsatz hat. „Das ist eine ganz besondere Baustelle“, fügt der Geschäftsführer an und sein Vorarbeiter Mirko Reinländer nickt zustimmend. „Das ist schon was Besonderes. Einen Dom deckt man nicht alle Tage“, sagt der eher wortkarge Handwerker. „Und der Blick ist atemberaubend. Halberstadt ist eine schöne Stadt.“

Gemeinsam mit Danny Lübeck bringt der Thüringer die maximal zwei Meter langen und 60 Zentimeter breiten Schare an, wie man die einzelnen Kupferbleche nennt. Sie werden mit Krallen aus Edelstahl, den Haften, an der Dachhaube befestigt. Oft müssen kleinere Stück aus den Blechen geschnitten werden, um die schmalen Grate und Wölbungen mit einzudecken. Um die Dachkanten optisch zu betonen, wurden dicke Holzleisten aufgebracht. „Damit die Ansicht von unten nicht verschwimmt. Das war eine Anforderung der Denkmalschützer“, berichtet Dombaumeister Volker Lind, der die Arbeiten am Turmdach im Auftrag der Kulturstiftung des Landes begleitet. Die bezahlt das Ganze auch. Rund 450 000 Euro sind pro Turm eingeplant.

Auf dem hölzernen Dach liegt eine Gewebevordeckung als Zwischenschicht. Die Kupferbleche reflektieren das Sonnenlicht, tauchen in ihrer Umgebung alles in einen rötlich-goldenen Schimmer. „Das wird nicht lange anhalten“, sagt Carsten Gülle und zeigt auf die bereits auf dem Dach befestigten Schare. Der Regen hat dunkle Spuren hinterlassen. „Das helle Leuchten des Kupfers wird kein Jahr zu sehen sein, dann ist die Turmhaube wieder dunkel“, sagt der Nordhäuser.

520 Quadratmeter Kupferblech bringen die Dachdecker auf den Südturm, das wird voraussichtlich bis Anfang November dauern. Die einzelnen Teile überlappen sich, werden doppelt gefalzt, drei und viereinhalb Zentimeter greifen die Bleche ineinander. „Durch die doppelte Falzung wird das alles wasserdicht“, sagt Gülle. Und relativ sturmsicher, hier oben, in 60 bis 90 Metern Höhe pfeift der Wind ohnehin schon ganz schön kräftig. Bei stürmischem Wetter wird es noch schlimmer. Und halten soll die neue Dachhaut auch mehr als 100 Jahre. Länger als der Schiefer, der in den 1960er Jahren auf die Turmhauben kam. Ein Blick auf den Nordturm offenbart, das bereits zahlreiche Schieferschindeln fehlen.

„Das war auch hier am Südturm so, deshalb sind die Dacharbeiten notwendig“, erklärt Dombaumeister Volker Lind. Dass die Neueindeckung aus Kupfer ist, erkläre sich aus der Baugeschichte des Doms. „Wie die Türme des mittelalterlichen Doms gedeckt waren, ist nicht überliefert“, sagt Lind. Damals besaß der Dom Türme ähnlich wie die von Notre Dame in Paris, also nicht spitz zulaufend, sondern flach endend.

Ihre heutige Form haben die Domtürme erst um 1890 erhalten. Damals waren die Türme bereits zum zweiten Mal wegen Baufälligkeit saniert und in heutiger Gestalt aufgebaut worden. „Und 1892 hatten sie nachweislich eine Kupferdeckung. Die hatte die Firma Hirsch mitfinanziert“. Bald darauf wurde Kupfer als kriegswichtig eingestuft und 1917 von den Turmdächern wieder heruntergeholt.

Das Langhaus des Doms trägt traditionell eine Schieferdeckung, die sei auch für frühere Jahrhunderte belegt, so Lind. Die Seitendächer des Doms und der Dachreiter besaßen und besitzen eine Bleideckung.

Doch die Bauarbeiten am Domturm gelten nicht nur der äußeren Hülle. Wenngleich sie hier dringend erforderlich waren. So mussten die alten, in hellem Grün schimmernden Kupferbleche an den Mauerkronen weggenommen werden, weil das Blech extrem dünn geworden war, „dass es die nächsten 100 Jahre nicht mehr überstanden hätte“, so Lind. Die Gesimse mussten Steinmetze ebenfalls teilweise reparieren und ein Teil der Holzschalung war auszutauschen. „Allerdings hielten sich hier die Schäden in Grenzen, wir mussten nicht einmal 30 Prozent der Hölzer tauschen“, berichtet Lind.

Das Skelett der Turmhauben besteht aus Stahl, der noch gut in Schuss ist und nur neu gestrichen werden musste. Doch um an die Stahlstreben heranzukommen, musste zunächst eine alte, mehr als zehn Meter lange Metalleiter durch eine den heutigen Anforderungen entsprechende ersetzt werden. Die alten, bis zu acht Meter langen Holzleitern sind noch stabil, allerdings wurden hölzerne Zwischenpodeste eingezogen. Durch die so entstehenden kürzeren Abschnitte schwingen die Leitern nicht mehr so stark wie früher. Außerdem wurden Stromleitungen verlegt, um bei künftigen Inspektionen ausreichend Licht im Inneren der Turmhauben zu haben.