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Dorfjubiläum Ortsgeschichte wird lebendig

Wetter gut, Stimmung gut, Publikumsresonanz gut. Wülperöder und Gäste waren sehr zufrieden mit dem Festumzug zur 700-Jahr-Feier.

Von Mario Heinicke 23.08.2016, 16:43

Wülperode l „Alle waren begeistert, es gab viel Lob“, freute sich Ines Rumlich unmittelbar nach dem Festumzug, den sie zusammen mit dem Osterwiecker Herold Ulrich Katzorke angeführt hatte. Letztendlich 22 Bilder wies der lange Umzug in dem 195-Seelen-Dorf auf. 22 Bilder aus 700 Jahren Ortsgeschichte. Wenngleich es an der Spitze nicht ganz chronologisch zuging, denn da wurde die versehentliche 1000-Jahr-Feier im Jahr 1995 aufs Korn genommen. Aber auch das gehört zur Ortsgeschichte.

Doch dann ging’s richtig los – mit dem Grafen von Minsleben, dem die Wülpe- röder nun ihre 700-Jahr-Feier zu verdanken haben, und dessen Gemahlin. Dargestellt von der Spitze des Ortschaftsrates, Vizeortsbürgermeister Clemens Düfert und Ortschefin Bettina Grünewald (beide Verein Naturdörfer).

Schon folgten die Honorationen in einer Pferdekutsche mit Osterwiecks Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) und Wülperodes ältester Einwohnerin, Elfriede Franz.

Nicht vergessen wurde die Sage vom Hackelberg: Das ist kein Berg in der Landschaft, sondern es handelt sich um einen wilden Jägermeister, der von einem mächtigen Eber letztendlich tödlich verletzt wurde. So trugen zwei kräftige Gesellen auf ihren Schultern ein riesiges (ausgestopftes) Wildschwein durch den Ort, begleitet von Eberhard Reckleben als Jägermeister. Tatsächlich war es Recklebens Urgroßvater, der 1904 dieses Wildschwein erlegte. Was damals eine kleine Sensation in Wülperode war. Das Tier wurde ausgestopft. Nach dem Krieg, als Recklebens als Gutsherren enteignet wurden, kam das Schwein ins Wernigeröder Schloss, woher Recklebens den Familienbesitz nach einem halben Jahrhundert zurückerhielten.

Manfred Riecher zog sich für den Umzug die Uniform des Grafen Kleist von Nollendorf an. Dieser hatte 1814 das Gut Wülperode geschenkt bekommen und die Gelder dafür bewilligt, dass ein neues Schulgebäude gebaut wird. Heute ist es das Dorfgemeinschaftshaus.

Natürlich wurde altes Handwerk dargestellt, das es in Wülperode gab. Leineweber zum Beispiel, Bäcker und Korbflechter. Und das kleine Dorf hatte von 1950 bis 1989 ein überörtliches Landambulatorium. Anfangs mit mehreren Ärzten und sogar Röntgenabteilung. Was aber, nachdem Wülperode ins Sperrgebiet kam, an Bedeutung verlor.

Viele Polizei- und Armee-Uniformen waren im Umzug zu sehen, die Dirk Heinemann extra besorgt hatte. Das Dorf war in der DDR immerhin zur Hälfte eingezäunt von der Grenze.

Grenzer, die sich einst an dem Eisernen Vorhang gegenüberstanden, gestalteten extra einen Festwagen, verkleidet auch mit originalen Grenzschildern aus jener Zeit.

Viel Unterstützung erfuhren die Wülperöder aus der Umgebung für den Umzug. So stellten die Hessener die Erntekrone aus ihrem Ortsjubiläumsumzug vom Juni zur Verfügung.

Ines Rumlich als Organisatorin des Umzuges konnte sich darüber freuen, wie sich die Teilnehmer selbst um die Ausgestaltung ihrer Bilder kümmerten, Kostüme ausliehen, Wagen gestalteten, Tiere vom Pferd bis zum Lamm mitbrachten. Alles binnen weniger Wochen auf die Beine gestellt. Auch die Gestaltung der künstlerischen Umzugsschilder. Uschi Retzlaff und Gerhard Seidel übernahmen diese Aufgabe.

Und weil sich so viele Menschen einbrachten, waren aus ursprünglich zehn letztendlich sogar 22 lebendige Bilder aus der Ortsgeschichte geworden.