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Dreharbeiten Pilgerweg wird internationaler

Osterwieck liegt am Pilgerweg Via Romea, der bis nach Rom führt. Im italienischen TV werden bald Bilder der Harzer Fachwerkstadt gezeigt.

Von Mario Heinicke 26.10.2017, 11:23

Osterwieck l Linda Tugnoli und Sandro Capponi waren schon auf vielen Wanderpfaden unterwegs. Sie arbeiten für ein Reisemagazin des italienischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens, das jeden Sonntag drei Stunden lang weltweite Touristikziele vorstellt. Die Via Romea Germanica, wie die Italiener sagen, ist ein sehr alter Pilgerweg, aber nach Initiativen in Wernigerode, Hornburg und Ochsenfurt (Bayern) erst in den letzten Jahren wieder in den Fokus gerückt. Linda Tugnoli hatte davon gehört und will nun den Weg im Abschnitt von Stade bis zum Brennerpass ihren Landsleuten vorstellen.

Zum Pilgern kommen die Fernsehmacher dabei nicht, eine Woche haben sie nur Zeit, die Aufnahmen für den Zwölf-Minuten-Beitrag zu drehen. Von Stade aus ging es daher  per Mietwagen gleich direkt nach Osterwieck, wo den Italienern auf dem Schäfers Hof ein herzlicher Empfang bereitet wurde. Martin Kruschel und weitere Mitstreiter vom Verein Kultur im Schäfers Hof kümmerten sich um Quartier und Verpflegung auf dem alten, malerischen Ackerbürgerhof, dessen Ambiente die Journalistin beeindruckt hat.

Pilgernde Übernachtungsgäste auf dem Schäfers Hof, das ist auch ein Blick in die Zukunft. „Als Verein haben wir uns mit dem Thema beschäftigt“, sagte Martin Kruschel. Hinter den Kulissen wird nach Möglichkeiten und Wegen gesucht, das noch brach liegende einstige Hauptgebäude zu sanieren und damit auch dieser Nutzung zuzuführen. Wobei es hier um einfachste Quartiere geht, wie Dr. Thomas Dahms erklärte. Ein Pilger könne es sich in der Regel nicht leisten, in jedem Ort ein Hotel aufzusuchen.

Betreut wird die Via Romea in Deutschland von einem 2009 gegründeten Verein. Der Historiker Thomas Dahms ist darin der Streckenbeauftragte. Als Inhaber des Osterwiecker Ostfalia-Verlages gab er 2015 in Buchform eine genaue Streckenbeschreibung der Route von Stade bis Mittenwald heraus. Jeden Meter ist er dafür selbst gelaufen. An seinem Buch orientiert haben sich auch zwei Pilgerinnen aus Norwegen, die im September zum Reformationsfest in Osterwieck ankamen. Auch Linda Tugnoli steht mit einer der Norwegerinnen im Kontakt und hofft, sie in wenigen Tagen am Brenner interviewen zu können.

Belastbare Zahlen, wie viele Pilger die Via Romea nutzen, gibt es nicht. Vor allem an den Buchverkäufen und Internet-Blogs spürt Dahms aber, wie es mehr werden. „Pilger sind sehr selbstbestimmt, die wenigsten gehen organisiert.“

Etliche Skandinavier nutzen die Via Romea. Mehrere historische Pilgerpfade aus dem hohen Norden führen durch Stade. Linda Tugnoli berichtete, dass sie am Vortag in Stade die originalen Reiseaufzeichnungen von Abt Albert von Stade gesehen habe. Dieser war 1236 zum Papst nach Rom und zurückgegangen.

Bis zum 26. Oktober 2018 werden sich die italienischen Fernsehleute noch im Harz aufhalten. Stationen werden danach u. a. Gotha, Rothenburg ob der Tauber, Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck sein.

Auf dem Schäfers Hof unterdessen will der dort ansässige Verein demnächst in einer Vortragsveranstaltung den Pilgerweg der Einwohnerschaft noch näher bringen.