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Ehrenamtliche Hilfe Erste Flüchtlinge im Harz angekommen

Die ersten gut 30 Flüchtlinge, die dauerhaft im Harz leben sollen, sind angekommen. Für die Helfer bedeutet das einen Paradigmenwechsel.

Von Burkhard Falkner 15.02.2016, 00:01

Halberstadt/Elbingerode l Spätestens seit Herbst vorigen Jahres hat es festgestanden: Das Land richtet neben der bislang einzigen Erstaufnahmestelle in Halberstadt (Zast) weitere Anlaufstellen im Land ein. Und: Sobald diese in Betrieb gegangen sind, wird der bisherige Sonderstatus des Harzkreises, aufgrund der Existenz der Zast keine Flüchtlinge auf Dauer aufgenommen werden müssen, entfallen.

Für die Kreisverwaltung und die Kommunen im Harz ist das eine neue Herausforderung. Aus Sicht der Helfer, die sich schon seit Monaten um die Flüchtlinge in der Zast und in deren Außenstellen im Harz kümmern, ist es vor allem eine neue Motivation. Denn mit der Ankunft der ersten gut 30 Männer, Frauen und Kinder am Freitag (die Volksstimme berichtete) verändert sich die Situation grundlegend.

„Endlich“, sagt eine Helferin, „können wir langfristig ansetzen, helfen und richtig integrieren“. Die Worte, welche die Ehrenamtlerin gewissermaßen stellvertretend für viele andere Helfer formuliert, werden nachvollziehbar, betrachtet man die Abläufe im Detail.

Bislang war der Harzkreis mit der Zast in Halberstadt nur immer Durchlaufstation. Die Flüchtlinge wurden dort registriert und medizinisch untersucht. Parallel starteten freiwillige Helfer erste Schritte zur Integration. Sie boten Deutschkurse an, betreuten die Kinder und vermittelten den Neuankömmlingen wichtige Verhaltensregeln, um den Alltag in Deutschland gut zu bewältigen.

Das Problem dabei: Weil die Flüchtlinge nach wenigen Wochen auf die Landkreise Sachsen-Anhalts verteilt wurden, sahen die Helfer im Harz bislang selten wirkliche Erfolge ihrer Arbeit.

„Das ist manchmal schon etwas deprimierend: Wenn die ersten Sätze auf Deutsch klappen, ziehen die Leute schon wieder weiter und du fängst mit den nächsten Flüchtlingen wieder bei Null an“, bringt die Helferin das Grundproblem auf den Punkt. Während sich an diesen Umständen für die Helfer in der Zast auch künftig wenig ändern dürfte – die Zast ist und bleibt Durchlaufstation – sehen die Freiwilligen in den Harz-Orten für ihre Arbeit nun einen Paradigmenwechsel: Flüchtlinge, die auf Dauer in der Harzregion bleiben sollen, lassen darauf hoffen, dass Fortschritte bei der Integration auch sichtbar werden. Entsprechend engagiert ist in den vergangenen Wochen und Monaten die dauerhafte Aufnahme vorbereitet worden.

Auf der einen Seite zwischen der Kreisverwaltung und den Bürgermeistern der aufnehmenden Kommunen. Vom Ziel – klaren vertraglichen Regelungen rund um die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge in den Orten – ist man stellenweise allerdings noch weit entfernt. Bislang ist nur bekannt geworden, dass die Städte Thale und Osterwieck Vertragspapiere mit der Kreisverwaltung unterzeichnet haben. In vielen anderen Orten wird aktuell noch diskutiert, weil Bürgermeister sowie Stadt- und Gemeinderäte vertragliche Nachbesserungen fordern.

Derweil ist im Oberharz längst der praktische Part der Flüchtlingsaufnahme angelaufen. Der Harzbaude „Susanne“ in Rübeland kommt dabei als künftiger Harzer Erstaufnahmestelle eine besondere Rolle zu. Dort werden die dem Harzkreis zugewiesenen Flüchtlinge zunächst untergebracht. Erst später werden die Menschen auf die Städte aufgeteilt und dort in Wohnungen untergebracht.

Am Freitag war es nun soweit: Die ersten dem Harz zugewiesenen Flüchtlinge kamen in Rübeland an. „Sie haben eine lange Reise hinter sich. Ich freue mich, Sie im Landkreis Harz begrüßen zu können und hoffe, dass Sie sich bei uns wohlfühlen“, sagte Ordnungsdezernent Bernhard Petzold im Namen von Landrat Martin Skiebe (CDU) zur Begrüßung.

Die gut 30 Männer, Frauen und Kinder stammen aus Syrien, Mali, Benin, Iran und Irak. Sie wurden von Vertretern der Kreisverwaltung zur Harzbaude „Susanne“ begleitet, wo sie Geschäftsführerin Andrea Kühnold begrüßte. Erfreut und dankbar zogen die überwiegend in Familien angereisten Flüchtlinge ein.

In Kürze sollen sie Wohnungen in Quedlinburg, Benneckenstein, Osterwieck und Halberstadt beziehen. Und: Nach dieser ersten Zuweisung rechnen die Verantwortlichen im Harz schon mit der nächsten. In dieser Woche werden weitere 90 Flüchtlinge erwartet, hieß es.

In der Stadt Oberharz, zu der Rübeland gehört, gibt es bereits Erfahrungen mit Flüchtlingen. In der Vergangenheit waren beispielsweise Asylsuchende in einer Pension in Sorge untergebracht, zahlreiche ehrenamtliche Helfer kümmerten sich um die Menschen. Diese dortige Unterbringung ist mittlerweile beendet, in anderen Pensionen oder Hotels der Stadt Oberharz sind bislang keine Flüchtlinge eingezogen, wurde jüngst am Runden Tisch für Flüchtlingshilfe in der Stadtkirche Elbingerode betont.

In dieser Runde kommen hilfsbereite Harzer regelmäßig zusammen. Einwohner aus Elbingerode und anderen Orten unterstützen die Betreuung der Schutzsuchenden, die bislang in einer Zast-Außenstelle in Wendefurth, Stadt Thale, eine Bleibe fanden. Und das bereits seit Monaten mit Ideen sowie Hand und Herz. Von der sprachlichen Hilfe bis hin zum Vermitteln deutscher Bräuche und Kaffeerunden. Wobei süße Leckereien vor allem den Kindern ein fröhliches Lächeln ins Gesicht zaubern.

Wie die ehrenamtliche Unterstützung der Flüchtlingsbetreuung mit Blick auf die veränderten Rahmenbedingungen nun fortgesetzt werden soll, müssen die Teilnehmer der Gespräche am Runden Tisch noch genauer besprechen.

Ehrenamtlich gearbeitet wird derweil bereits. Etwa, um gespendete Möbel dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Oder um Weiterbildungsangebote für Ehrenamtliche zu nutzen, die beim Erlernen der deutschen Sprache fundiert helfen wollen.

Zugleich geht es den bereits engagierten Harzern aber auch um mehr Verständnis für die Ankömmlinge und um den Abbau von Berührungsängsten und Fehleinschätzungen bei den Einheimischen, wie Hans-Henning Lippe aus Elbingerode unterstreicht.

Deshalb werde für den nächsten Treff in Elbingerode eine Gesprächs- und Informationsrunde vorbereitet. Der frühere Pfarrer Peter Lehmann aus Wernigerode informiert dann zum Thema „Islam“, da viele im Harz erwartete Flüchtlinge muslimischen Glaubens sind. Interessierten sind dazu am 26. Februar um 19 Uhr im Haus Bodfeld in Elbingerode willkommen.