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Engagement Angehende Polizistin mit Ingenieurstalent

Patrizia Luther will Polizistin werden. Die Halberstädter Schülerin engagiert sich in mehreren Vereinen und tüftelt für Wettbewerbe.

Von Gerald Eggert 24.05.2017, 03:12

Halberstadt l Wenn Patrizia Luther über die vielfältigen Aktivitäten in ihrer Freizeit berichtet, könnte man meinen, dass nach dem Unterricht, den Hausaufgaben und ihrem sportlichen Engagement kaum Zeit für anderes bleibt. Doch die Schülerin winkt ab. „Ich habe alles gut im Griff und empfinde keinen Stress“, sagt sie.

Im Sport findet sie nicht nur einen Ausgleich zum Lernen, sondern immer wieder neue Herausforderungen und auch Anerkennung. Seit 12 Jahren ist sie aktive Schwimmerin, besitzt längst den Rettungsschwimmerschein und gehört der Halberstädter Wasserwacht an. Das Kickboxen hat sie erst vor vier Jahren für sich entdeckt und hat inzwischen die Leitung des Kinderkurses übernommen.

Trotzdem bleibt immer noch Zeit für die Teilnahme an schulischen und außerschulischen Wettbewerben. „Ab und zu hat mich meine Mutti dazu angeregt“, sagt sie, „manchmal habe ich eine Ausschreibung selbst entdeckt und bin neugierig geworden.“ Die Teilnahme an einem Wettbewerb sieht Patrizia Luther als eine Herausforderung und als Möglichkeit, das eigene Wissen und Können zu testen und außerdem etwas dazuzulernen.

„Sicher ist es toll, wenn man zu den Preisträgern gehört“, räumt die Schülerin ein, „doch wie im Sport gilt auch hier für mich zunächst ,Dabeisein ist alles‘.“ Sie hat unter anderem am Englisch-Wettbewerb „Big Challenge“, am Känguru-Wettbewerb der Mathematik und am Gleimhaus-Literaturpreis für Schüler teilgenommen.

Zuletzt war es der Schülerwettbewerb der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt zum Thema „IDEENsprINGen“. Dabei ging es um den Planungsentwurf und den Modellbau einer Sprungschanze. Das war eine anspruchsvolle Aufgabe. Immerhin ging es nicht um die schönste „Bastelarbeit“, sondern um echte Lösungen mit technisch-ingenieurwissenschaftlichem Anspruch. Die Einhaltung von Maßen und Material sowie das Bestehen der Belastungs- und Funktionstests vorausgesetzt, waren Originalität und Gestaltung des Tragwerks die Kriterien, nach denen die Jury wertete.

Patrizia Luther, die sich bereits ein Jahr zuvor dem Thema „überDACHt“ gewidmet und ihr Modell einer Dachkonstruktion über eine Zuschauertribüne eines Fußballstadions präsentiert hatte, bekam diesmal erneut Unterstützung von ihren Großeltern. Außerdem half ihr Bruder, der die 5. Klasse des Gymnasiums Martineum besucht. „Ich hatte bisher nur eine echte Sprungschanze in Tschechien gesehen“, gesteht sie. Doch es sei nicht schwer gewesen, sich über Schanzen schlau zu machen.

„Ehe mein Opa das Holz für das Bauwerk besorgt hat, habe ich eine Idee zu Papier gebracht, über die wir diskutiert haben. Kleine Verbesserungen wurden danach in die maßstabgetreue Bauzeichnung eingearbeitet.“ Dann wurde in der Garage des Großvaters gesägt, gebohrt, gefeilt und geklebt.

Und immer wieder Winkel gemessen, denn diese und die Gesamtlänge galt es unbedingt einzuhalten. Außerdem musste die Konstruktion einer Last von 300 Gramm an der horizontalen Startfläche der Anlaufbahn standhalten.

Ein weiteres Kriterium war, dass eine die Bahn herunterrollende Glaskugel nur einen Meter weit fliegen durfte. Auf eine Farbgebung und irgendwelchen Schnickschnack hat die Modellbauerin verzichtet. Ihre „Harzschanze“ sollte funktional sei. Als einzige „Zugaben“ wurde eine seitliche Beleuchtung und die Figur eines Skispringers auf dem Schanzentisch installiert.

Nach dem Einreichen der Wettbewerbsarbeiten bewertete eine Jury der Ingenieurkammer die von 191 Schülern landesweit gebauten 116 Modelle.

Das war Teilnehmerrekord. Als einzige Teilnehmerin der Europaschule „Am Gröpertor“ reiste Patrizia Luther mit anderen Halberstädtern zur Preisverleihung nach Magdeburg. Dort wurden sehr unterschiedliche Modelle präsentiert.

„Die haben die Aufgabe sehr ernst genommen und sich etwas einfallen lassen. Nur wenige Arbeiten wurden nicht zugelassen.“ Patrizia Luther hat zwar keinen Preis bekommen, aber wieder einmal wichtige Erfahrungen gesammelt. „Ich denke, dass ich von all dem, was ich bisher in der Schule und in meiner Freizeit gemacht habe, profitieren werde“, ist sie überzeugt.

Den Eignungstest an der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt hat sie bestanden. Nun liegen zweieinhalb Jahre Ausbildung vor ihr. „Ich war schon als kleines Kind von allem fasziniert, was mit Polizei zu tun hat. Bei der Berufswahl gab es deshalb keine Alternative“, sagte die vielseitige Schülerin, die später eine Laufbahn bei der Kripo einschlagen möchte.

Schulleiter Björn Ahlsleben möchte gern, dass sich mehr Schüler der Europaschule „Am Gröpertor“ an Wettbewerben beteiligen. Von ihm ausgehängte Ausschreibungen haben bereits erstes Interesse gefunden.