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Entwicklungshilfe Eine Hilfe mit Blick in die Zukunft

In Halberstadt engagieren sich viele Menschen für Afrika. Dank ihrer Geld- und Sachspenden kann Hartmut Barsnick vor Ort einiges bewegen.

Von Sabine Scholz 02.11.2016, 08:11

Halberstadt l „Wir leben alle auf einer Welt, und die ist sehr vielfältig. Wir wollen Brücken bauen, nicht nur mit materieller Hilfe in Tansania aktiv sein, es geht um mehr“, sagt Hartmut Barsnick. Und fügt an: „Aus Afrika kommen nicht nur die billigen Blumen an der Supermarktkasse.“

Den Pfarrer im Ruhestand treibt es um, wie einseitig das Afrikabild vieler Deutscher ist. „In die Nachrichten schaffen es immer nur Katastrophenmeldungen“, sagt er, „wenn es Bürgerkrieg gibt oder Hungersnöte. Dass in Tansania ein neuer Präsident gewählt wurde, weiß hierzulande kaum jemand. Weil es alles friedlich verlief.“

Vielen sei ebenso nicht bekannt, dass in Tansania unterschiedliche Glaubensgemeinschaften friedlich miteinander leben. Zu Islam oder Christentum bekennen sich je rund 40 Prozent der Bevölkerung, 20 Prozent sind Hinduisten, berichtet Barsnick, der in rund drei Wochen wieder einen mehrmonatigen Aufenthalt in Tansania beenden wird.

Er ist gemeinsam mit seiner Frau Marlies seit vielen Jahren schon immer wieder für rund sechs Monate im Jahr in dem ostafrikanischen Land unterwegs. Er berichtet von einer Muslima als Schulleiterin, die sonntags die Schule für den christlichen Gottesdienst öffnet. Vieles funktioniere vor Ort sehr unkompliziert, so seine Erfahrung. Froh ist er, dass die Unterstützung, die „viele Menschen guten Willens“ für Tansania leisten, Früchte trägt. Das Ehepaar wird finanziell und materiell von mehreren Kirchengemeinden, Schulen und vielen Privatpersonen unterstützt, um in der Region rund um Mang‘oto Schulen und Kindergärten aufzubauen, den Aidswaisen zu helfen, Projekte zur Wasserversorgung auf die Beine zu stellen.

Wenn dazu finanzielle Hilfe notwendig ist, übergibt der Athenstedter das Geld immer in Gegenwart vieler Dorfbewohner. „Damit alle Bescheid wissen und das Geld nicht für private Zwecke missbraucht werden kann“, erklärt der Pfarrer, der fasziniert davon ist, mit welcher Lebensfreude ihm die Menschen begegnen – trotz aller Schwierigkeiten in den entlegenen Bergdörfern.

Viele dieser Probleme seien den weiten Wegen geschuldet. So sei das nächste Krankenhaus sehr weit weg, „da werden aus kleinen Problemen schnell große, weil die benötigte Hilfe zu spät kommt“, sagt Barsnick und berichtet von einem Jungen, der beim Schlafen nachts in die Glut der Feuerstelle gerutscht sei und sich den Kopf sowie die rechte Hand schwer verbrannt habe. Oder von einem Jungen, der wegen seiner verkrüppelten Füße nur dann am Unterricht teilhaben konnte, wenn ihn jemand hingetragen hat. „Als wir ihm nun einen gebrauchten Rollstuhl übergaben, waren alle in der Familie wirklich glücklich.“

Barsnick kann viele solcher Einzelschicksale schildern, hat aber immer auch im Blick, wie die Hilfe so geleistet werden kann, dass sie nachhaltig ist. 700 Waisenkinder in Kindertagesstätten und Grundschulen, 150 Sekundarschüler profitieren von der Unterstützung aus Deutschland. Denn auch, wenn die Regierung das Schulgeld abgeschafft hat, müssen Schuluniform, Hefte, Examensgebühren und Schuhe bezahlt werden.

Stolz ist Barsnick darauf, dass immer mehr Mädchen es schaffen, nicht nur einen Schulabschluss in der Tasche zu haben, sondern auch eine Ausbildung zu absolvieren. „Sie sind dann nicht mehr darauf angewiesen, zu heiraten, viele Kinder zu bekommen und mit der Hacke aufs Feld zu gehen.“ Dafür sei auch die Hauswirtschaftsschule hilfreich, an der 30 Mädchen in zwei Jahren das Nähen und Stricken auf Maschinen lernen, ebenso das Batiken. Auch Englisch oder Gesundheitspflege stehen auf dem Lehrplan. Jedes Mädchen bekommt zum Abschluss eine Nähmaschine geschenkt, dann kann es in seinem Dorf selbstständig wirtschaften.