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Fachwerk Rettung für einen Altstadt-Schatz

Zimmerleute haben die Baustelle Grudenberg 8 in Halberstadt bezogen. Das über 300 Jahre alte Haus wird saniert.

Von Jörg Endries 11.08.2016, 10:00

Halberstadt l 30 Jahre Leerstand, die nicht spurlos am unter Denkmalschutz stehenden Fachwerkhaus Grudenberg 8 vorübergegangen sind. Das ­Gebäude gehört zu einem wichtigen Ensemble in der Altstadt Halberstadts, zu dem auch die benachbarte Hühnerbrücke 4 zählt. Ein Verlust wäre katastrophal. Die zweigeschossigen Gebäude mit Krüppelwalm­dächern entstanden zeitgleich 1697 im typischen Barockstil. Bis 1820 beherbergten sie mit der Städtischen Lateinschule den ältesten erhaltenen Schulkomplex in Halberstadt. Anschließend wurden sie zu Wohnzwecken genutzt. Die Hühnerbrücke 4 ist bereits aufwendig saniert worden, mit dem Grudenberg 8 konnte 2015 begonnen werden.

In beiden Fällen hat das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg die Regie über die Rettung der kostbaren, im städtischen Besitz befindlichen Bauwerke, übernommen. Der Startschuss zur umfangreichen Sanierung des über 300 Jahre alten Gebäudes ist gefallen. In einem ersten Schritt musste dem Hausschwamm der Garaus gemacht werden. 110 Grad heiße Luft, die ins Innere geleitet wurde, tötete den zerstörerischen Pilz. Nach Sicherungs-, Entrümpelungs- und Aufräumarbeiten beginnen in und an der zum Teil maroden Bausubstanz derzeit Zimmermänner der Handwerker-Union Halberstadt zu arbeiten. „In den kommenden sechs Wochen werden die Fachleute das Fachwerk instandsetzen“, informiert auf Volksstimme-Anfrage Claudia Hennrich, Geschäftsführerin des Deutschen Fachwerkzentrums Quedlinburg. Im Haus gebe es, bedingt durch den langen Leerstand, „heftige Schäden“. Fakt sei, wenn 1990 im Rahmen einer Sicherungsaktion nicht das Notdach auf das verwaiste Gebäude gesetzt worden wäre, der Zahn der Zeit viel schlimmere Schäden angerichtet hätte. Dann wäre auch ein Totalverlust möglich gewesen. „Obwohl es in den Jahrhunderten immer wieder Eingriffe in die Bausubstanz gegeben hat und die Schäden groß sind, gibt es immer noch Original­gefache aus dem Baujahr 1690“, ist die Fachfrau begeistert.

Ab September sollen Jugendliche – Auszubildende der Jugendbauhütte und Praktikanten von Universitäten – mit Hand anlegen und das Haus ökologisch und mit alten Handwerkstechniken sanieren. Ein Konzept des Deutschen Fachwerkszentrums, das sich bereits bei der 1,2 Millionen Euro teuren Sanierung der Hühnerbrücke 4 bewährt hat. Ausgewählte Abschnitte sollen im Rahmen des Bildungsauftrages des Fachwerkzentrums als Jugendprojekte umgesetzt werden. So können Kenntnisse und Fähigkeiten zur substanzschonenden und denkmalgerechten Sanierung vermittelt und erworben werden.

Zurückhaltend zeigt sich Claudia Hennrich bei der Frage, wann der Grudenberg 8 an mögliche Mieter übergeben werden kann. „Das Haus war Jahrzehnte verwaist. Da sollten wir uns jetzt keinen Stress mit einem Fertigstellungstermin machen. Die anstehenden Arbeiten sind sehr umfangreich.“

Bislang ist der Kostenrahmen mit etwa 888 000 Euro angegeben. Das Land Sachsen-Anhalt und der Bund haben Fördermittel für das Vorhaben bewilligt. Insgesamt sind das nach Information der Stadtverwaltung Halberstadt 584 800 Euro. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die bereits das Projekt Hühnerbrücke 4 finanziell unterstützt hat, hat 40 000 Euro für 2017 und 26 027 Euro für 2018 bewilligt. Der Eigenanteil der Stadt liegt bei Null Euro.