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Familienarchiv Kiloweise Glück in Papierform

Wibke Bruhns hat drei Jahrzehnte Mediengeschichte mit geprägt. Nun hat sie ihr Familienarchiv dem Stadtarchiv Halberstadt übergeben.

Von Gerald Eggert 15.10.2017, 23:01

Halberstadt l Von Glück ist an diesem sommerlich anmutenden Herbst-Sonnabend mehrfach die Rede gewesen. „Wir hatten Glück, dass in unserer Familie seit dem 18. Jahrhundert alles aufgeschrieben und gesammelt wurde“, sagte Wibke Bruhns und erinnerte an unzählige Fotos, Urkunden, Briefe und Tagebücher, welche die seitdem zu großem Umfang angewachsene einzigartige Familienchronik samt Firmengeschichte ausmachen. Sie erwähnte Friedrich Karl Kurt Klamroth (1872 - 1947), der maßgeblich für das Familienarchiv verantwortlich zeichnete und mehrere Schriften zur Familien- und Firmengeschichte verfasste. Der Kommerzienrat, ergänzte Ratsvorsitzender Volker Bürger (CDU) übernahm 1925 den Vorsitz des zur Unterstützung und Förderung des Halberstädter Museums gegründeten Vereins.

„Es ist ein großes Glück, dass dieses wertvolle Material im Krieg nicht verbrannt oder verschollen ist, so wie es bei anderen Familien oft geschehen ist“, bemerkte die aus Bremen mit angereiste Sibylle Görg, Tochter von Barbara Klamroth, Wibke Bruhns‘ ältester Schwester. „Und wir haben das Glück, eine solch wichtige Sache von einer für Halberstadt wichtigen Familie zu bekommen“, betonte Museumsdirektor Armin Schulze.

Er verwies auf das historische Archiv der Stadt, welches heute fast 90.000 Dokumente und rund 1400 laufende Meter Geschichte umfasse. Darunter 1202 wertvolle Urkunden, eine eindrucksvolle Sammlung von Siegeln aus dem 13. bis 17. Jahrhundert, Kirchenbücher, Häuserlisten, Fotos, Karten-, Plakat-, Gesetzblatt- und eine stadtgeschichtliche Sammlung.

Besonders erfreut sei er, dass bekannte Halberstädter Familien die Sammlung mit Chroniken und Archivalien aus ihrem Besitz bereichern, ergänzte Volker Bürger, der auch Vorsitzender des Geschichtsvereins für Halberstadt und das nördliche Harzvorland ist. Dass Wibke Bruhns nun wichtige Dokumente über das Leben und Wirken der seit 1790 in Halberstadt ansässigen Kaufmannsfamilie Klamroth dem Stadtarchiv übergibt, das unter der Verantwortung des Museums geführt wird, sei „ein Vertrauensbeweis und eine Anerkennung der Arbeit beider Einrichtungen für unsere Stadt und die Verbundenheit zu ihrer Geburtsstadt“.

Erfolgreiche Kaufleute aus fünf Generationen bauten ein florierendes und immer weiter expandierendes Handelsunternehmen im Bereich Landwirtschaft auf, mit internationalen Beziehungen und Fabrikationsstätten. Noch heute könne man an Gebäuden in der Region – wenn auch verblichen – den Namenszug Klamroth entdecken, so Bürger.

Was sie aus Berlin mitgebracht habe, sei nur ein Bruchteil des Familienarchivs, sagte Wibke Bruhns, doch es sei alles, was sich in ihrem Besitz befand. Urkunden, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen aus rund zwei Jahrhunderten, die ihr unter anderem hilfreich waren, als sie die eigene Familiengeschichte in „Meines Vaters Land – Geschichte einer deutschen Familie“ schrieb. Auch einige Dokumente über ihre Familie, die sie nach dem Mauerfall in Halberstadt aufspürte, seien ihr dabei von Nutzen gewesen. Das Buch wurde zum Bestseller und in 19 Sprachen übersetzt.

„Wir werden jetzt den Inhalt des übergebenen Archivs sichten und erfassen. Danach werden die Dokumente digitalisiert“, skizzierte Museumsleiter Schulze die nächsten Aufgaben, die einige Zeit in Anspruch nehmen würden. „Dann werden wir die Familie zur Vertragsunterzeichnung zur offiziellen Übernahme der Unterlagen einladen“, blickte der Museumschef ein Stück voraus. Zunächst aber sprach er Wibke Bruhns und ihrer Nichte Sibylle Görg Dank aus für die wertvolle Fracht, die sie von Berlin nach Halberstadt geschafft hatten.