Feuerwehr Frühstück mit Alarm

An Heiligabend spendiert der Oberbürgermeister der Halberstädter Feuerwehr Frühstück. 2016 rückte die Wehr zu über 900 Einsätzen aus.

Von Sabine Scholz 27.12.2016, 00:01

Halberstadt l Um 9.21 Uhr greifen alle Feuerwehrleute am liebevoll gedeckten Tisch zu ihren Piepern. Ein vermutlich herrenloser Hund in Langenstein. Für zwei in der Frühstücksrunde ist damit der gemütliche Start in den Tag beendet, sie rücken aus zum Einsatz.

Fundtiere sind häufiger Anlass für Einsätze der Halberstädter Berufsfeuerwehr. „Feuer zu löschen, das macht nur noch zwölf Prozent unserer Einsätze aus“, sagt Feuerwehrchef Jörg Kelle. Als zuständiger Abteilungsleiter der Stadtverwaltung kennt er die Zahlen. Über 900 Einsätze sind es, zu der die Wachbereitschaft seit dem 1. Januar 2016 gerufen wurde.

Es ist Heiligabend und an diesem Tag steht seit vielen vielen Jahren das Frühstück mit dem Oberbürgermeister der Stadt auf dem Plan. Andreas Henke (Die Linke) ist heftig erkältet, aber den Termin wollte er nicht sausen lassen, sagt er. Als Stadtchef weiß er, wie wichtig die Arbeit der hauptberuflichen Wachbereitschaft ist. Da ist so ein Dankeschön angebracht.

Nach dem Schichtwechsel decken die Männer der diensthabenden Schicht gemeinsam den Tisch, kommen mit dem Oberbürgermeister ins Gespräch. Über die Arbeit, über den Dienst an Feiertagen. Uwe Pötsch, Frank Poerschke, Thomas Käsebier, Candy Eitz kennen solche Dienste, für Alexander Müller ist es noch keine jahrelange Erfahrung. Er ist der jüngste in der Runde.

Dass junge Männer das Team verstärken, freut nicht nur Feuerwehrchef Jörg Kelle. Die Wache wird personell aufgestockt, berichtet er. „Das ist notwendig, weil die Personaldecke bei unseren freiwilligen Wehren immer dünner wird“, sagt Kelle.

In diesem Jahr hat die Wache schon einmal vier Planstellen dazubekommen, die sind noch nicht alle besetzt. Aber ab April nehmen drei Auszubildende ihren Dienst auf, drei junge Männer sind zurzeit in der Ausbildung, so wie Alexander Müller. Durch die Aufstockung könne die Wache im neuen Jahr erstmals wieder unter der Woche mit einer Sechs-Mann-Schicht arbeiten statt wie seit Jahren mit fünf Leuten.

Und ab Januar 2018, sagt Kelle, könne auch an den Wochenenden die Schicht von sechs Hauptberuflichen abgedeckt werden. „Üppig sind die 27 Planstellen nicht, aber vielleicht müssen wir dann nicht immerzu Leute aus ihrer Freiwoche holen“, sagt Kelle, der den Feuerwehralltag von Kindesbeinen an kennt und lebt.

Mit Blick auf das zu Ende gehende Jahr sagt er, dass bei den mehr als 900 Einsätzen „ein paar dicke Hunde“ dabei waren.

Der Waldbrand im September in den Thekenbergen zum Beispiel, der nicht nur immensen Schaden im Wald angerichtet hatte, sondern für den die Stadt auch kräftig zahlen muss. „Zum Beispiel für den Einsatz externern Helfer und des THW, für den Verdienstausfall der freiwilligen Kameraden, die Verpflegung und die Anschaffung neuen Materials“, erklärt Kelle. So um die 10 000 Euro, schätzt der Wehrchef ein, hat die Stadt dafür zu löhnen. „Wir haben fast zwei Wochen gebraucht, um danach alles aufzuräumen.“

Zunehmend sind die Wehrleute als Rettungssanitäter im Einsatz. Elf Kameraden haben die entsprechende Ausbildung absolviert, regelmäßig frischen sie ihre Kenntnisse auf. „Wir sind in der Leitstelle als Reserverettungswagen gelistet, fahren los, wenn die anderen RTW im Einsatz sind“, berichtet Jörg Kelle. Die Wehrleute werden außerdem oft dazugebeten, wenn sehr schwere Patienten in Not geraten sind, um den Sanitätern dann mit ihrer Technik zu helfen.

Alltag seien auch Fehlalarme, berichtet Kelle am Frühstückstisch. Rund 80 mal im Jahr lösen Brandmeldeanlagen Alarm aus, obwohl weder Rauch noch Feuer einen Grund dafür liefern würden. Und Weihnachten? Brennende Weihnachtsbäume? „Das kommt extrem selten vor“, sagt Kelle. „Da ist eher die Adventszeit der Klassiker mit in Brand geratenen Gestecken, auf die einfach niemand mehr geachtet hat.“

Wie am zweiten Weihnachtstag zu erfahren ist, mussten die Wehrleute kein Feuer löschen. Hilflosen Personen zu helfen und Fundtiere in Sicherheit zu bringen, bestimmte den Dienstalltag an den Feiertagen.