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Finanzen Soll Schwanebeck den Vorharz verlassen?

Soll Schwanebeck die Verbandsgemeinde Vorharz verlassen? Diese Frage wird vor Ort kontrovers diskutiert.

Von Christian Besecke 18.03.2017, 17:51

Schwanebeck l Das Tauziehen um die erhöhte Investitionspauschale bewegt in Schwanebeck weiter die Gemüter. Nachdem der Stadtrat die Verdoppelung der bisher üblichen Quote auf 80 Prozent abgelehnt hatte, wird von Stadträten und Bürgern nun offen über die Zukunft der Stadt in der Verbandsgemeinde Vorharz debattiert.

Betroffen von der höheren Umlage sind alle Mitgliedsgemeinden. Auf die Weise soll der Eigenanteil für die Schulsanierung in Hedersleben und Wegeleben gestemmt werden. Die Aufnahme eines Kredites war der Verbandsgemeinde von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt worden, dagegen wurde dieser Weg als einzig gangbare Variante aufgezeigt.

Verbandsgemeinde-Bürgermeisterin Ute Pesselt (Buko) hat in den Gemeinde- und Stadträten für die Umsetzung der Vorgaben geworben. Dabei verwies sie auf die notwendige Solidarität der Mitgliedsgemeinden, um die Probleme an den drei vom Verbandsgemeinderat festgelegten Schulstandorten langfristig zu lösen. Der Schwanebecker Stadtrat verweigerte jedoch die Zustimmung. Auf einer eilig einberufenen Sitzung des Verbandsgemeinderates wurde der Schwanebecker Beschluss quasi vom nächst höheren Gremium klar überstimmt.

Diese Verfahrensweise hat die Schwanebecker auf die Palme gebracht. Das gilt für die Stadträte, deren Entscheidung somit ad absurdum geführt wurde, wie auch für etliche Bürger – die von der Verfahrensweise wenig begeistert sind. Bei einer Volksstimme-Umfrage auf den Straßen von Schwanebeck zeigte die Mehrzahl der Einwohner großes Verständnis für das deutliche „Nein“ der Stadtparlamentarier.

Bürgermeister Benno Liebner (CDU) hat gegenüber der Volksstimme eine klare Begründung geliefert. „Bei aller Solidarität mit den Mitgliedsgemeinden – ich kann keinem Bürger gegenüber vertreten, dass unser Geld woanders verbaut wird, während hier alles liegenbleibt“, formuliert er. Unter den Stadträten ist inzwischen die Forderung laut geworden, alle Optionen für die Zukunft der Stadt abzuwägen. Sogar ein Austritt aus der Verbandsgemeinde wird von einigen ins Gespräch gebracht. Doch welche Optionen hätte Schwanebeck? Da wären die Gemeinde Huy oder die Stadt Halberstadt als Partner. Beides sind Einheitsgemeinden, in denen die Ortschaftsräte noch weniger zu sagen haben.

Angelika Arnoldt sagt dazu: „Der Bürgermeister hat völlig recht. Wir haben wahrhaftig genug Baustellen in der Stadt.“ Sie sei enttäuscht von den handelnden Personen in der Verwaltung. „Man hätte im Vorfeld über die Situation sprechen müssen“, erläutert sie. „Dann wäre es bestimmt nicht zu dieser Situation gekommen.“ Sie persönlich versteht die Entscheidung der Schwanebecker Volksvertreter und unterstützt sie. „Ein Ausscheiden aus der Verbandsgemeinde halte ich aber trotzdem nicht für klug“, sagt sie weiter.

Martina Kosinski sagt: „Meine Familie und ich, wir sind Schwanebecker, das wollen wir auch bleiben. Die Option eines Wechsels, egal wohin, halte ich nicht für klug. Ich wäre sogar absolut dagegen.“ Die Stadt sei in die Verbandsgemeinde gegangen, um eigenständig zu bleiben. „Das schließt nicht aus, sich für unseren Ort stark zu machen.“ Auch Sylvia Klietz ist der Ansicht, dass Probleme aus der Welt geschafft werden können. „Wir sind Schwanebecker, ich bin hier geboren, daher halte ich nicht viel von einem Wechsel“, sagt sie. „Wir haben lange für den Schulstandort gekämpft. Wir brauchen hier aber auch mehr Investitionen.“

Ingo Kunze fordert Investitionen in die Stadt. „Wir Schwanebecker wissen, was hier alles im Argen liegt“, erinnert er. „Es gab schon große Pläne, so sollte eine Ortsumgehung gebaut werden, um den Schwerlastverkehr aus dem Ort heraus zu bekommen.“ Geschehen sei aber nichts. Allerdings liegt ein solches Projekt in der Verantwortung des Bundes. Ob Schwanebeck künftig in der Verbandsgemeinde bleibe oder nicht, sei gleich. „Viel zu sagen hat unser Stadtrat wohl nirgendwo“, habe er nach den bisherigen Ereignissen den Eindruck. Seine Frau Annette findet, dass Entscheidungen von oben herab nicht gut seien. „Der Bürgermeister und die Ratsmitglieder wissen, wo es klemmt“, sagt sie. „Während woanders ein Schulstandort mitfinanziert wird, vernachlässigen wir unseren eigenen.“ Als Mutter seien ihr die Probleme mit der Halle und dem Altgebäude der Grundschule bekannt.

Stadtrat Uwe Hoffmann (Die Linke): „Die künftige Richtung ist noch unklar. Wir werden uns dazu am Dienstag austauschen“, sagt er. „Dabei gehören alle Optionen auf den Tisch. Wichtig ist für mich, dass wir die Bürger mit einbinden.“ Dieser Meinung ist auch Bürgermeister Benno Liebner. Stellvertreter Lutz Gnade (CDU) sagt: „Wir müssen in die Zukunft schauen und prüfen, was das Beste für Schwanebeck ist.“

Die Verbandsgemeinde Vorharz investiert 2017 – wie schon in den Vorjahren – Geld in die Grundschule Schwanebeck. Im aktuellen Haushalt sind laut Kämmerer Tino Schmidt Mittel dafür vorgesehen. Im letzten Jahr ist die Sanierung der Heizung bei der Ortswehr erfolgt. Ein Blick in die Risikoanalyse sieht für dieses Jahr einen neuen Mannschafts-Transportwagen vor, 2023 soll ein neues Löschfahrzeug kommen. Der Neubau zweier Fahrzeughallen steht schon Jahre im Plan. Eine große Lobby hat Schwanebeck im Verbandsgemeinderat nicht. Zwei der drei Vertreter der Stadt im Gemeinderat sind Mitglied in der Fraktion Bode-Selke-Aue.