Finanznot Freibäder auf der Kippe

Heiße Diskussion im Osterwiecker SozialausschussEs ging um die Zukunft von zwei Bädern, Bibliothek und Museum.

Von Mario Heinicke 11.09.2015, 01:01

Stadt Osterwieck l Die Stadt Osterwieck ist in der Bredouille. Die Stadtkasse steht mit über zwei Millionen Euro in den Miesen. Um wieder auf die Füße zu kommen, könnte die Stadt Landesgelder in Form von Liquiditätshilfen erhalten. Doch sie erfüllt bisher zwei Voraussetzungen nicht. Zum einen hat sie zu geringe Steuerhebesätze, zum anderen darf sie nur Geld für freiwillige Leistungen in Höhe von zwei Prozent „der Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit“, wie es in der Fachsprache heißt, ausgeben. Letzteres fällt in das Aufgabengebiet des Sozialausschusses.

Zu den freiwilligen Leistungen gehören Dorfgemeinschaftshäuser, Freibäder, Bibliotheken, Museen, Sportlerheime, Jugendclubs, Heimatpflege, Spielplätze und öffentliche Toiletten. Auf 2015 bezogen dürfte die Stadt dafür knapp 255 000 Euro ausgeben. Doch die tatsächlichen Ausgaben sind doppelt so hoch – im Vorjahr 496 500 Euro. Dieses Ergebnis legte die Stadtverwaltung den Mitgliedern des Sozialausschusses zur Sitzung vor.

Im Frühjahr hatten sich die Abgeordneten schon intensiv mit den Sportlerheimen beschäftigt. Dabei wurde Einsparpotenzial für gut ein Viertel der dafür 2014 aufgewendeten 54 000 Euro erkannt. Nun geht es an die Dorfgemeinschaftshäuser. Sie hatten 2014 einen Kostenaufwand von 102 000 Euro. Zahlen wurden den Abgeordneten für Häuser in Dardesheim, Rhoden, Hessen und Veltheim vorgestellt.

Doch ein Durchbruch war das nicht. In Dardesheim könnten die Telefonkosten eingespart werden, auch Hessen könnte auf ein Telefon verzichten, zum großen Kulturhaus Rhoden wurde festgestellt, dass es doch gar nicht so teuer sei wie gedacht. „Es geht nicht darum, etwas wegzunehmen, sondern dass es erhalten bleibt“, sagte Ausschussvorsitzender Rüdiger Seetge (Aktive Bürger) zum Abschluss zu diesem Tagesordnungspunkt.

Danach ging es mit Blick auf das Haushaltsjahr 2016 um die gesamten freiwilligen Leistungen der Kommune. Fachbereichsleiter Manfred Riecher machte auf die eingangs erwähnte Bredouille, in der sich die Stadt befindet, aufmerksam. Die Kommunalaufsicht dränge darauf, diese Leistungen auf besagte zwei Prozent zurückzufahren. „Wir sind auf das Abnicken des Haushalts durch die Kommunalaufsicht angewiesen“, sagte Riecher.

Er führte nochmals auf, dass Sportlerheime und Dorfgemeinschaftshäuser nach Einsparungen durchforstet werden, dass Bibliothek und Museum in Osterwieck ab 2018 auf jeweils halbe Personalstellen reduziert werden sollen. Und er nannte die Freibäder in Osterwieck und Hessen, die Bestand haben sollen, „so lange wir dort Schulen haben“. Dabei geht es um den Schwimm­unterricht als Bestandteil des Lehrplans. Die Freibäder Rohrsheim und Zilly hat die Stadt dagegen bereits 2014 abgestoßen und an Vereine übertragen. „Aber ein Bad kostet halt“, stellte auch Riecher fest. 2014 waren es 150 000 Euro Ausgaben für alle Bäder und damit das Gros aller freiwilligen Leistungen.

Die Diskussion nahm Fahrt auf. Steffen Grundmann (Buko) regte eine Art „Kulturabgabe“ an, um Einnahmen zu erwirtschaften. Sowohl, wenn Vereine Dorfgemeinschaftshäuser nutzen, als auch, wenn Kinder zum Beispiel über den Hort baden gehen. „Die Idee ist super“, sagte Florian Weinert, der als sachkundiger Einwohner im Ausschuss mitarbeitet. Angesichts der gewaltigen Summe von 250 000 Euro stellte er aber fest: „Sie bringt uns nicht voran.“

Klartext wurde im Ausschuss von der Zuschauerbank gesprochen. Zillys Ortsbürgermeisterin Sandra König (Bürgerinitiative Zilly) erklärte: „Hier wird drumherum geredet. Der Punkt sind die Bäder.“ Aus ihrer Sicht vor allem in Osterwieck, dessen Bad als einziges noch einen Schwimmmeister mit entsprechenden Personalkosten hat. Für sie stehe die Wahl zwischen dieser Personalstelle oder der Hälfte der Einwohner, die sonst ohne Dorfgemeinschaftshaus wäre. „Die Diskussion muss mutiger geführt werden, da kann man sich nicht in Ausreden verlieren.“ Sie verwies dabei auf Zilly, wo das Bad nun in Eigenregie geführt wird.

Dafür bekam sie grundsätzlich Zustimmung. Trotzdem entgegnete Riecher, es sei etwas ganz anderes, wenn man in Osterwieck kein professionell geführtes Bad mehr hätte. Die technische Ausstattung und Wartung in Osterwieck sei nicht mit den Bädern auf den Dörfern zu vergleichen. Und auch eine alternative Aufsicht über die DLRG würde Geld kosten.

„Wenn man über Einsparungen spricht, spricht man auch über Personal. Das ist schmerzlich, aber es ist so“, sagte Alexander Kottwitz, sachkundiger Einwohner im Ausschuss.

Dass indes das Betreiben über einen Förderverein auch in größeren Orten als Zilly und Rohrsheim funktioniert, sieht selbst Rüdiger Seetge nicht. Er habe vergeblich versucht, in seinem Ort etwas anzuschieben. Aber die Forderung nach Entscheidungen zu den Bädern in Osterwieck und Hessen sehe auch er aus den Orten kommen.

„Die Frage ist, will der Stadtrat für die Bürger Bäder, Museum und Bibliothek vorhalten oder nicht?“, erklärte zum Abschluss Riecher. „Was zeichnet uns als Stadt denn aus, wenn wir nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen?“ Zur nächsten Ausschusssitzung soll der Osterwiecker Schwimmmeister eingeladen werden.