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Flüchtlinge Die Wissbegierige aus Afghanistan

Yasamin Heidari stammt aus Afghanistan. Ihre neue Heimat heißt Halberstadt. Hier hat sie sich, dank engagierter Helfer, gut integriert.

Von Gerald Eggert 04.06.2019, 02:00

Halberstadt l Yasamin Heidari ist mit ihren Eltern aus Afghanistan geflüchtet. In Deutschland angekommen, besuchte sie zunächst für zwei Monate die achte Klasse in Blankenburg. Alles war neu für sie, vieles ganz anders als dort, von wo aus sich die Familie auf den Weg gemacht hatte.

„In der neuen Schule fiel mir alles sehr schwer“, erinnert sie sich. Umso erfreuter war sie, als sie nach Halberstadt an die Europaschule „Am Gröpertor“ wechselte und hier erste Fortschritte spürte.

„Ich denke, dass nicht nur sie stolz darauf sein kann, inzwischen den erweiterten Realschulabschluss erreicht zu haben“, bemerkt Björn Ahlsleben, „auch wir als Schule sind es, dass eine Schülerin mit Migrationshintergrund dies geschafft hat.“ Allerdings, so gibt der Schulleiter zu verstehen, sei dieses Ergebnis nur erreicht worden, weil so viele Faktoren dazu positiv beigetragen hätten.

Vor allem habe das Mädchen einen großen Ehrgeiz entwickelt, um nicht nur in Deutschland angekommen zu sein, sondern um hier auch Fuß zu fassen und sich eine Zukunft aufzubauen. „Sie konnte anfangs kaum Deutsch. Doch sie hat alles dafür getan, dass sich das ändert und sie ihr selbst gestecktes Ziel erreicht.“ Ganz wichtig war für sie der Deutschkurs an der Sekundarschule „Walter Gemm“.

Dieser spezielle Kurs für Migranten hat sie beim Erlernen der Sprache sehr gut voran gebracht. „Wir haben das sehr gern unterstützt“, lobt Ahlsleben das besondere Angebot, „weil wir das als Schule selbst nicht leisten können. Dieser Deutschkurs an der Gemm-Schule hat sich bei Yasamin nicht nur auf den Deutschunterricht, sondern auch auf alle anderen Fächer positiv ausgewirkt.“ Bei dem Kurs allein wollte es die inzwischen 17-Jährige jedoch nicht belassen. Deshalb besuchte sie zweimal pro Woche zusätzlich das Lehrinstitut für Orthographie und Sprachkompetenz (LOS) und bekam dort von Yvonne Zilling eine ausgezeichnete Förderung, die ihr half, Deutsch besser zu sprechen und zu verstehen. Gelerntes hat das junge Mädchen gern weiter vermittelt. Da ihre Eltern auch Deutsch lernen, konnte und kann sie sie aufgrund der eigenen Fortschritte dabei sehr gut unterstützen.

„In Afghanistan habe ich bis zur siebenten Klasse die Schule besucht. Dort waren nur Englisch, Mathematik und Geografie so wie hier, alles andere war anders“, erinnert sie sich, „für mich brachte die Veränderung in Deutschland soviel Neues und zum Teil Unbekanntes in der Schule und im Alltag überhaupt.“ Geholfen habe ihr die Neugier auf alles, persönlicher Ehrgeiz und Fleiß sowie die Hilfe anderer Menschen.

Große Unterstützung gab Klassenlehrerin Sabine Schlüter. Sie und auch die anderen Lehrer bescheinigen der Schülerin neben dem großen Fleiß, Respekt, höfliches Auftreten und sehr gutes Benehmen. „Sie macht sehr viel, nimmt alle Angebote an, um voranzukommen. Man kann von ihr lernen“, lobt die Lehrerin und freut sich, dass das Mädchen in verhältnismäßig kurzer Zeit ein großes Pensum bewältigt und viel erreicht hat. Sie lässt nicht unerwähnt, dass ihr auch Mitschüler halfen, zum Beispiel bei der Vorbereitung auf die Prüfung, bei der sie gute Ergebnisse erreicht hat. „Ich freue mich darüber sehr“, so Sabine Schlüter, „auch darüber, dass die Elternvertreter gewünscht haben, Yasamin und ihre Eltern zur Abschlussfeier einzuladen.“ Obwohl Yasamin Heidari ein gutes Zeugnis vorweisen kann und viele Bewerbungen geschrieben hat, bekam sie bisher keine Zusage. Gern möchte sie einen Beruf im medizinischen Bereich erlernen, zum Beispiel Krankenschwester in einem Krankenhaus. Doch leider bekam sie von dort eine Absage. Das stimmt sie zwar traurig, lässt sie aber nicht aufgeben, so weiter zu machen wie bisher. „Sie bringt alles mit, was ein Bewerber mitbringen sollte“, bekräftigt ihre Klassenlehrerin.

Schulleiter Björn Ahlsleben fügt hinzu: „Wir haben es hier nicht nur mit einer beispielhaften Motivation zu tun, sondern mit einer ebenso beispielhaften Integration. Denn diese kann nur gelingen, wenn es die Betroffenen wirklich wollen.“ Es gebe nicht viele, die solchen Ehrgeiz entwickeln, weiß er aus Erfahrungen im Schulalltag. Sicher könne man es nicht allein schaffen, wie auch in diesem Fall zu erkennen war, doch der eigene Wille sei eine wichtige Basis dafür, selbst gesteckte Ziele zu erreichen. Und wenn man die Angebote annimmt und sich einbringt, dann könne sich ein solcher Erfolg eigentlich an jeder Schule einstellen.

„Ich bin stolz auf das, was ich in so kurzer Zeit so viel erreicht habe und möchte auch künftig alles tun, weiter voranzukommen und meine Wünsche und Träume realisieren“, schaut Yasamin Heidari zuversichtlich in die Zukunft.