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Fußgängerzone Halberstadt investiert in Breiten Weg

Bleibt die Neugestaltung des Breiten Weges im Zentrum Halberstadts ein Traum? Zu erdrückend sind die Haushaltsprobleme der Harz-Kreisstadt.

Von Jörg Endries 23.10.2020, 01:01

Halberstadt l Trotz großer Geldprobleme verliert man in Halberstadt das ehrgeizige Bauvorhaben Neu- und Umgestaltung Breite Weg nicht aus den Augen. Das zeigte die jüngste Tagung des Stadtentwicklungsausschusses. Die Kommune will trotz großer Ebbe in der Stadtkasse und strenger Haushaltskonsolidierung Geld für die Planung für den neuen Breiten Weg ausgeben.

100.000 Euro stehen danach für die Planung der Um- und Neugestaltung zur Verfügung. Eine Summe, die den Haushalt der Kommune 2021 laut Finanzchefin Marion Kagelmann nicht belastet.

Die Rechnung würde die Stadt von einem Treuhandkonto bezahlen. Das richtete die Verwaltung bereits vor einigen Jahren für die sogenannten Ausgleichsbeiträge ein, die Grundstücks- und Immobilienbesitzer in städtischen Sanierungsgebieten für die Aufwertung ihres Eigentums zahlen müssen. Bis Ende Dezember 2019 wurden auf das Konto immerhin stolze 993.125 Euro (aktuelle Zahl liegt nicht vor) eingezahlt. Geld, das die Stadt nicht abführen muss, sondern für Sanierungsprojekte frei zur Verfügung hat.

„Wir können den Bürgern nicht verkaufen, dass 100.000 Euro für ein Konzept zur Neugestaltung des Breiten Weges ausgegeben wird. Immerhin haben viele Halberstädter sich aktiv an den von der Stadt initiierten Bürgerunden beteiligt und viele gute Ideen zur Neugestaltung des Breiten Weges beigesteuert. Die darf man jetzt nicht vergessen“, sagte Michael Herrmann (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. Er forderte, dass diese Bürgervorschläge in die Planungen mit einfließen müssen. Sonst sei das nur schwer zu vermitteln. Er sprach sich allerdings dafür aus, die Planungen zu vollenden, um die Förderung des Vorhabens auf den Weg zu bringen. Denn ohne finanzielle Unterstützung würde das Projekt ein Papiertiger bleiben.

Jens Klaus, Fachbereichsleiter Bauen und Ordnung, bestätigte: „Es bleibt für die kommenden Jahre ein Problem, die Finanzierung für den Breiten Weg darzustellen.“

Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) wollte das Geldproblem Anfang des Jahres mit einem Schachzug lösen, der bei vielen Halberstädtern und Stadträten bitter aufgestoßen ist. Ohne Rücksprache mit den Vertretern der Bürgerinitiative zum Ausbau des Radwegenetzes in der Kreisstadt oder den Abgeordneten des Stadtrates veränderte er während einer Dienstberatung der Stadtverwaltung die Prioritätenliste zum Ausbau der Radwege. Plötzlich stand der Breite Weg an erster Stelle, obwohl er in der Bürgerumfrage überhaupt keine Rolle gespielt hatte. Damit torpedierte der OB das Anliegen der Bürgerinitiative, um so schnell Geld für die längst überfällige Umgestaltung des Breiten Weges locker zu machen. Dagegen protestierte auch die Bürgerinitiative. Der Druck auf den OB war letztendlich so groß, dass er seinen ­Alleingang wieder revidierte.

Ausschlaggebend für den Rückzug Andreas Henkes war ein Änderungsantrag seiner Fraktions­kollegen von den Linken. Die versagten ihm beim Alleingang die Gefolgschaft. Die Linke-Fraktion forderte, den Breiten Weg wieder von der ­Prioritätenliste zu streichen und dafür den Bau eines kombinierten Geh- und Radweges auf der östlichen Seite des Sargstedter Weges auf Platz eins der Liste zu setzen. So wie es die Halberstädter in einer von der Stadt initiierten Online-Befragung wollten. Im Linke-Änderungsantrag hieß es: „Der Breite Weg in seiner Gänze ist kein Geh- und Radweg, der in der Bürgerbefragung eine primäre Rolle gespielt hat. Für die Umgestaltung des Breiten Weges müssen/sollen Fördermittel/Fördermöglichkeiten aus anderen ... -programmen erschlossen werden.“

Der etwa 700 Meter lange Breite Weg im Herzen Halberstadts ist seit Jahrzehnten ein Sorgenkind. Das Problem: Die Geschäfts- und Fußgängermeile präsentiert sich meist ausgestorben. Halberstädter und Gäste der Stadt nehmen diesen Teil des Stadtzentrums einfach nicht an beziehungsweise wahr. Trotz einiger Belebungsversuche, unter anderem mit der Pflanzaktion Kräuterbeete, und der Ansiedlung von Geschäften, ist der große Wurf noch nicht gelungen.

Um eine möglichst große Akzeptanz bei den Halberstädtern für einen Neugestaltungsplan zu bekommen, wurde im Rathaus die Idee geboren, die Bürger direkt bei den Planungen mit einzubinden. So wurde unter anderem zu einer Gläsernen Werkstatt eingeladen. Immerhin 120 Halberstädter besuchten den Workshop und brachten sich aktiv mit kreativen Ideen ein. Außerdem engagierte die Stadt Profis, um ein Entwicklungskonzept erstellen zu lassen, dass wiederum die Vorschläge der Gläsernen Werkstatt mit aufgriff. Im Februar 2020 wurde es vom Stadtrat einstimmig beschlossen.

Das Entwicklungskonzept zur Neugestaltung des Breiten Weges soll ein neues Kapitel für einen der geschichtsträchtigsten Stadträume in Halberstadt aufschlagen, heißt es im von der CIMA Beratung und Management GmbH Lübeck erarbeiteten Papier.

Nach dem vorliegenden Konzept soll die jetzige Betonplattenoberfläche des Breiten Weges mit grünen Aktiv- und Erholungsräumen aufgebrochen werden, die sich bis zum Schützenpark erstrecken. Neue Bänke und Liegen, Spielgeräte und die Neupflanzung von Bäumen sind vorgesehen. Die Gestaltungselemente sollen den neuen Breiten Weg prägen und für eine hohe Aufenthalts- und Verweilqualität sorgen, heißt es im Konzept. Ziel sei ein grünerer Breiter Weg, der eine Abwechslung zu den anderen Plätzen der Stadt bietet und zeitgemäß auf aktuelle Trends reagiert, so die Planer.

Im Konzept findet sich auch ein Bürgervorschlag wieder, den Schützenpark zur Freizeitgestaltung mit zu nutzen sowie die ­Bebauung des Eckbereiches Breiter Weg/Schützenstraße zu ermöglichen. Dort befindet sich ein vor Jahren außer Betrieb gesetzter Springbrunnen. Die ­Konzept-Umsetzung ist in vier Schritten vorgesehen. Beginnend mit der Detailplanung 2021 bis zur endgültigen Umsetzung 2028/2029.

Laut Angaben der CIMA ist bei der Umgestaltung des Breiten Weges mit Kosten in Höhe von etwa 5,22 Millionen Euro zu rechnen. Laut Unternehmen seien davon etwa vier Millionen Euro als förderfähige Kosten verankert, die von Bund und Land bezuschusst werden könnten. Die Betonung liegt allerdings auf könnten. Sicher ist das bislang nicht.