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Gedenkstätte Geschichtsträchtige Kreuzung

In neuem Outfit zeigt sich der Zugang zur KZ-Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge im Landkreis Harz.

Von Sabine Scholz 15.10.2016, 17:01

Langenstein l Nach langen Jahren Buckelplatz, Staub- und Schlammwüste ist der Zugang zur Gedenkstätte in den Zwiebergen jetzt ansehnlich geworden. Grünflächen, befestigte Wege, ein gepflasterter Bereich mit Sitzbänken und ordentliche Fahrradständer fallen als erstes auf. „Jetzt ist auch endlich das Wegekreuz erkennbar, dass für die Häftlinge eine zentrale Rolle spielte“, sagt Nicolas Bertrand, Leiter der Gedenkstätte.

Er bedankte sich unter dem Beifall der Gäste ausdrücklich bei der anwesenden Dr. Ute Hoffmann, die in den Jahren 2013 bis 2015 maßgeblich in der Arbeitsgruppe mitgewirkt hatte, die sich mit der notwendigen Umgestaltung des Außengeländes der Gedenkstätte befasst hatte. 14 Empfehlungen waren das Ergebnis der Arbeitsgruppe. Eine lautete: das Wegekreuz kennzeichnen.

Dieses Wegekreuz passierten die Häftlinge in dem einstigen Konzentrationslager (KZ) Langenstein-Zwieberge täglich. Zunächst ist da der Weg vom Ort zum Lagergelände, der gequert wird vom Weg ins Lager selbst und zum Stollen. Die Häftlingen mussten ab März 1944 bis April 1945 in den Thekenbergen ein Stollensystem in den Sandstein graben, damit die Junkerswerke unterirdisch weiter Kampfflugzeuge produzieren konnten. So jedenfalls der Plan der Nationalsozialisten. Produziert wurde im Stollen nie, Tausende aber verloren unter den unmenschlichen Haft- und Arbeitsbedingungen ihr Leben. Und wer nicht im Berg umkam oder vor Hunger starb, wurde am 9. April, zwei Tage vor Befreiung des Lagers auf den Todesmarsch geschickt. Auch diese Marschkolonnen völlig ausgemergelter Männer passierten das Wegekreuz.

Der umgestaltete Platz ist ein schöner Ort mit schrecklicher Geschichte, so wie das Lagergelände. Diesen Widerspruch hat Ettore Borinato in poetische Worte gefasst und mit Noten versehen. Sein Lied trug der Italiener am Sonnabend zur offiziellen Übergabe des Platzes vor. Seit vielen Jahren begleitet er seinen Freund Claudio Burelli zu den Treffen der Gruppe der 2. Generation. Claudio ist der Sohn von Dino Burelli, einem Überlebenden von Langenstein-Zwieberge.

Gemeinsam mit anderen Kindern und Enkeln der Überlebenden diskutierte Burelli über die weitere Arbeit an den Video-Interviews, die mit den Überlebenden geführt worden waren und sprach darüber, mit welcher Aktion Jugendliche im April 2017 an die Lagerbefreiung erinnern könnten.

„Das Thema schlägt die Gruppe vor, die Umsetzung erarbeiten wir dann mit Jugendlichen aus unterschiedlichen Schulen“, sagte Gesine Daifi, die die pädagogische Arbeit an der Gedenkstätte organisiert. „Wobei wir auch mehr und mehr auf die Nutzung der Onlinemedien setzen“, ergänzt Nicolas Bertrand. Das Geocaching-Projekt soll um eine Applikation für Smartphones erweitert werden, die beim Besuch des Geländes das einstige Lager vorstellbarer macht. Denn auch eine virtuelle Lagerdarstellung ist zurzeit in Arbeit.

Entwicklungen, die die Nachkommen der einstigen Lagerhäftlinge freut. Denn ihr Ansinnen ist es, die Erinnerung an das, was war, wach zu halten. Und dafür müssen neue Wege beschritten werden. Der Facebook-Auftritt der Gedenkstätte zum Beispiel laufe ganz gut, sagte Nicolas Bertrand. „So erreichen wir andere Zielgruppen.“

Vor allem junge Leute und Familien hat Bertrand dabei im Blick. Deshalb war es ihm und dem Gedenkstättenteam wichtig, neben dem Planer auch die Bauleute mit ihren Familien zur Übergabe einzuladen, die im Sommer bei brütender Hitze die eigentliche Umgestaltung vorgenommen hatten. Ihnen dankte Bertrand in seiner kurzen Rede ebenso wie der Gedenkstättenstiftung des Landes Sachsen-Anhalt. Die hatte als Bauherrin 167 000 Euro Landesgeld für das Projekt eingesetzt. Mit dem Umbau wurde auch die Entwässerung des Platzes verbessert.