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Gesundheit Grippewelle erreicht den Harz

Im ersten Jahresviertel feiern Grippe- und Erkältungsviren Hochkonjunktur. Davon ist auch der Harz betroffen.

Von Greta Sophie Matthias 21.02.2018, 10:39

Halberstadt l Es schnupft, schnieft, hustet, prustet und röchelt fröhlich vor sich hin. In den Büros sitzen die Mitarbeiter mit hängenden Köpfen und triefenden Augen, in Kitas und Schulen leeren sich die Bankreihen, in den Arztpraxen dagegen ist der Ansturm groß: Es ist Grippe-Saison, die eine, ungeliebte Saison, die nicht mit großem „Hurra“ begrüßt wird.

Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) hat die Grippewelle die Bundesrepublik erreicht – nicht ungewöhnlich in der kalten Jahreszeit. Insgesamt ist die Anzahl der akuten Atemwegserkrankungen seit Jahresbeginn 2018 bundesweit auf knapp 18 000 Fälle gestiegen. In Sachsen-Anhalt wurden in der vergangenen Woche 1556 Grippe-Diagnosen gestellt, etwa ein Drittel mehr als in der Vorwoche.

Auch vor den Bergen und Hügeln des Harzkreises macht die Krankheitswelle keinen Halt. Bereits jetzt sind nach Angaben des kreiseigenen Gesundheitsamtes 211 Menschen an Influenza erkrankt. 2017 waren es im gesamten Jahr 403, während 2016 lediglich 226 Fälle von Grippe in der Harzregion vermerkt wurden.

Die Statistik deckt dabei allerdings nicht alle Fälle von Grippe ab: Darin aufgenommen werden nur Patienten, deren Grippe-Infekt entweder durch einen Labornachweis bestätigt wurde, sowie die Betroffenen, die einen epidemiologischen Nachweis erbringen, heißt: die sich über den Kontakt mit einer anderen Person infiziert haben. Die Zahl der tatsächlich an Influenza Erkrankten dürfte somit noch deutlich höher liegen.

Besonders zwei Risikogruppen sind laut Gesundheitsamt betroffen. Da wären einmal die Heranwachsenden, im Alter von 0 bis 15 Jahren. Ein Grund: Bei Kindern befindet sich das Immunsystem noch in der Entwicklungsphase, Babys bekommen deshalb wesentlich schneller Fieber als Erwachsene. Andererseits erkranken viele Menschen im Alter von 50 bis 70 Jahren an Influenza, da ihr Immunsystem aufgrund des zunehmenden Alters langsam wieder an Funktionalität einbüßt. Generell gilt: Ältere Menschen und Kranke, deren Immunsystem ohnehin geschwächt ist, sollten über eine Grippeschutzimpfung nachdenken, bevor der Tanz der Viren in den kalten Wintermonaten beginnt.

In den Schulen der Region macht sich die Erkältungswelle ebenfalls bemerkbar. Am Käthe-Kollwitz-Gymnasium sind laut Schulleiterin Regina Zimmermann viele Schüler erkrankt. Auch im Kollegium fehle es derzeit an Lehrkräften. „Im Januar und Februar ist es erfahrungsgemäß am schlimmsten mit den Krankheitsfällen“, sagt Regina Zimmermann. Durch Vertretungen gelte es, die Ausfälle so gut es ginge zu ersetzen. Eine ähnliche Bilanz wird auch an der Spiegel-Sekundarschule gezogen, ebenso wie an der Grundschule „Miriam Lundner“.

In den Apotheken sind Mittel gegen Erkältung derzeit der absolute Renner. „Bei uns ist ein deutlicher Anstieg an erkrankten Käufern zu verzeichnen“, erklärt Ulrich Grosch, Inhaber der Apotheke am Bahnhof in Halberstadt. „Das macht auch vor unseren eigenen Mitarbeitern nicht Halt.“

Wer im Gesundheitswesen arbeitet, sitzt zwar an der Quelle zu Medikamenten, ist gleichzeitig aber einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt – immer dann, wenn die Leute mit Infekten beginnen, in Scharen in die Apotheken zu pilgern. Ulrich Grosch rät vorzubeugen. „Hände desinfizieren, frische Luft, viel trinken, vitaminreiche Ernährung und häufiger lüften, da sich die Keime in geschlossenen Räumen mit Heizungsluft natürlich verstärkt vermehren.“

Hat es einen dann doch mal erwischt, sollte man nicht gleich in Panik geraten: „Eine erhöhte Temperatur ist oft halb so wild.“ Während früher direkt fiebersenkende Mittel gegeben wurden, werde leichtes Fieber heute als Herausforderung betrachtet, die das Immunsystem stärkt. Kommen die Symptome hingegen schlagartig und äußern sich heftig, kann das aber ein Hinweis auf eine richtige Grippe sein. In dem Fall heißt es sofort ab zum Arzt, denn auch der Zeitpunkt, an dem mit der Behandlung angesetzt wird, ist entscheidend.

„Bei schweren Fällen ist es hilfreich, die Grippepräparate im Zeitraum der ersten fünf Tage einzunehmen, damit sie effizient anschlagen“, erklärt Dr. Iris Buller, Allgemeinmedizinerin aus Halberstadt. „Eine Grippe gehört zu den Viruserkrankungen, man verabreicht sogenannte Virostatika.“ Die Medikamente verhindern, dass sich die lästigen Viren im Körper weiter vermehren. Die Ärztin selbst hat in ihrer Praxis mit einem verstärkten Aufkommen an Patienten zu tun, darunter aktuell auch Fälle akuter Influenza.

Nicht nur Medikamente helfen, die Erkrankten können auch selbst zur Genesung beitragen. „Ich rate dringend zu körperlicher Schonung, die Patienten sollten sich die nötige Ruhe antun“, mahnt Dr. Buller. „Ausreichend Flüssigkeit ist ebenfalls wichtig. Gegen Beschwerden wie Gliederschmerzen helfen Schmerztabletten.“

Auch in großen Unternehmen zeigt sich die Erkältungswelle derzeit am Fehlen vieler Mitarbeiter. Beispielsweise beim Kunststoffhersteller Novoplast. Personalreferentin Liane Severin spricht von einem deutlich erhöhten Krankenstand. „Es ist mehr als sonst. Ich habe den Eindruck, im Februar lebt das noch einmal so richtig auf.“ Was geschieht, wenn ein Mitarbeiter krank zur Arbeit erscheint? „Generell müssen die Arbeitnehmer das eigenverantwortlich entscheiden“, erklärt Liane Severin. „Bei uns ist es aber gerade tatsächlich so, dass einige einfach nicht mehr arbeiten können. Die melden sich dann natürlich ab.“

Dr. Iris Buller sieht das Erscheinen bei der Arbeit im Krankheitsfall kritisch: „Die Menschen schaden damit nicht nur sich selbst, sondern stecken auch die Leute in ihrem Umfeld an. Ich frage dann immer: Möchten Sie so jemandem gegenüber sitzen?“ Die mahnenden Worte der Ärztin zeigen Wirkung. „Einer uneinsichtigen Verkäuferin habe ich mal gesagt, aus ihrem Laden würde ich rückwärts wieder rausgehen. Daraufhin hat sie sich doch krankschreiben lassen.“

Wie lange fällt ein Arbeitnehmer etwa aus, wenn er an der Grippe erkrankt ist? „Ich schreibe die Patienten im Regelfall erst einmal für zehn Tage krank“, erklärt die Medizinerin. Viele könnten danach wieder problemlos bei der Arbeit erscheinen. „Einige brauchen aber noch eine Woche.“

Und aus Rücksicht auf die lieben Kollegen, sollten sie die auch dringend nutzen.