Grabung Schatzgrube Sonntagsfeld

Bis zu 7500 Jahre alt sind die Spuren menschlichen Lebens im Sonntagsfeld in Halberstadt. Für Archäologen ist das Areal eine Schatzgrube.

Von Jörg Endries 28.07.2016, 09:00

Halberstadt l Eine sichere Bank für Archäologen ist das Sonntagsfeld zu Füßen der Spiegelsberge im Süden Halberstadts. Ein Areal, von dem sich Menschen bereits vor mehr als 5000 Jahren angezogen fühlten, dort siedelten, Ackerbau und Viehhaltung betrieben sowie reichlich Spuren für die Wissenschaftler von heute im Boden zurückgelassen haben. Seit einigen Wochen graben Archäologen im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt erneut auf vier Flächen.

Die Arbeit wird belohnt. „Wir haben bereits 210 Befunde sichern können“, sagt Anke Herrmann. Darunter sind zwei Gräber. Die Skelette eines etwa zehn Jahre alten Kindes und einer Frau. Bislang können die Archäologen jedoch das Alter der Knochen nicht datieren. „Es gibt keine nennenswerten Grabbeigaben, das macht die zeitliche Einordnung schwer“, so Anke Herrmann. Außerdem seien mehrere Abfall-, Vorrats- und Materialgruben sowie Pfosten, also Reste von Häusern, gefunden worden. Im provisorischen Lager türmen sich Kisten mit gesicherten Spuren des Lebens zur Stein-, Bronze- und Eisenzeit – Scherben und Tierknochen. Aber auch eindrucksvolle Werkzeuge wie Steinbeile, Werkzeuge aus Tierknochen, deren Verwendung den Archäologen Rätsel aufgibt. Ein Beispiel dafür ist eine sogenannte Flachshechel. „Bislang ging man davon aus, dass sie zur Flachsbearbeitung Verwendung fand. Heute wissen wir, dass es nicht so war. Wir wissen aber nicht, wozu sie diente“, berichtet Olaf Kürbis.

„Die Funddichte auf dem Sonntagsfeld ist schon etwas ganz Besonderes“, schwärmt Olaf Kürbis. Die Spuren menschlichen Lebens lassen sich über mehrere Kulturen von der Jungsteinzeit, der Bronze- und der Eisenzeit über bis zu 7500 Jahren zurückverfolgen. „Sechs Kulturen wie beispielsweise die Linienband-, Stich- und Schnurkeramiker, Rössner- und Bernburger Kultur lassen sich nachweisen, um nur einige zu nennen“, berichtet Olaf Kürbis.

Die sehr guten Lebensbedingungen am heutigen Sonntagsfeld hätten die Menschen magisch angezogen – der Goldbach lieferte das wichtige ­Wasser, trotzdem war die Gegend hochwasserfrei, der Boden war fruchtbar, erklärt der Archäologe. Irgendwann nach vielen Tausenden von Jahren der ununterbrochenen Besiedlung des Sontagsfeldes war jedoch Schluss, informiert Olaf Kürbis. Die Gründe dafür seien ein Rätsel. „Wahrscheinlich hat sich das Siedlungsgebiet später in Richtung der heutigen Stadt Halberstadt verlagert, vermutet der Gebietsreferent.

Erst seit etwa 16 Jahren entdecken die Halberstädter das Sonntagsfeld wieder als attraktiven Wohnstandort. Genauer gesagt, seit dem Jahr 2000. Die Stadtverwaltung Halberstadt hatte damals das Areal als ­Eigenheimbaugebiet ­ausgewiesen. Und genau der Fakt erlaubt, ein Fenster bis in die Jungsteinzeit zu öffnen.

Ein Gesetz regelt in Sachsen-Anhalt, dass auf archäologischen Verdachtsflächen Grabungen zwingend notwendig sind und dies der Bauherr bezahlen muss. Im Fall des Sonntagsfeldes legt die Stadtverwaltung die Kosten auf die Käufer des Baulandes um.

„Überall dort, wo in den Boden eingegriffen wird – also auf dem Grundriss der künftigen Häuser sowie in Gräben für Ver- und Entsorgungsleitungen – werden wir tätig“, erklärt Olaf Kürbis.

„Wir haben bislang an den erschlosssenen Flächen von 51 Grundstücken 40 verkauft. Insgesamt sind es 66 Parzellen auf dem gesamten Sonntagsfeld“. informiert Martin Brünig von der Stadtverwaltung Halberstadt. Auf die Archäologen vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie wartet also in den kommenden Jahren noch viel Arbeit.