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Große Kunst Versuchungen für Festspiele

Große Kunst steht wieder auf dem Programm der Halberstädter Domfestspiele. Das Thema: Versuchungen.

Von Sabine Scholz 29.05.2018, 06:00

Halberstadt l Moderne Kunst gehört zum Dom wie die Glocken. Seit dem 9. Jahrhundert gibt es Zeitgenössisches in der Kathedrale. Kunst, geschaffen zur Lobpreisung Gottes, aber auch den Benutzern und Betrachtern zum Wohlgefallen. Noch heute kündigen in dem einzigartigen Schatz wertvolle Reliquienbehälter, Skulpturen und Altarbildern vom Glaubens- und Kunstverständnis vergangener Jahrhunderte.

Zu den ältesten Stücken, die am Dom erhalten wurden, zählen die romanischen Wirkteppiche. Sie inspirieren bis heute Künstler zu eigenen Werken. Neben Malern und Komponisten auch Tänzer.

Can Arslan, Ballettmeister am Nordharzer Städtebundtheater, greift für die Domfestspiele unter anderem auf die Geschichte des Abraham-Engel-Teppichs zurück. Bereits zur Domschatznacht am 13. April erzählte Arslan tänzerisch die Geschichte von Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern soll und will. Der Teppich hatte bereits Arslans Vorvorgänger Tarek Assam zu Choreografien inspiriert.

Arslans Compagnie wird die Geschichte nun am kommenden Freitag so wie am 13. April erzählen – ergänzt um einen Teil von Choreografien, die ebenfalls schon im Dom getanzt wurden – die Vertreibung aus dem Paradies. Und weil Arslans großes Thema die Versuchungen der Menschen und ihr Umgang mit Sünde und Versuchung ist, gibt es einen dritten Teil, der auf eine bevorstehende Inszenierung in der neuen Theaterspielzeit verweisen wird. Versuchung und Sünde sind Begriffe, die nicht nur in Religionen eine große Rolle spielen, jede Gruppe hat ihre Spielregeln und Tabus.

Wer Regeln bricht, erhofft oft Vergebung von denen, die dadurch Schaden erlitten. Vergebung ist ein Thema, dass sich auch in Bachs Messe in h-Moll findet, die die Domkantoreien Halberstadt und Stendal gemeinsam mit Solisten und dem Sächsischen Barockorchester am Sonnabend aufführen. Am 2. Juni wird um 18 Uhr „Bachs wohl größtes Werk neben der Matthäus-Passion“ erklingen, wie Domkantor Claus-Erhard Heinrich sagt. „Die h-Moll-Messe ist von Umfang und Schwierigkeitsgrad eine besondere Herausforderung für die Sänger und Musiker. „Da­rüber hinaus ist sie das ,katholischste Werk‘ des urprotestantischen Musikers und kann so die ökumenische Dimension der Geschichte des Halberstädter Dom repräsentieren“, sagt Heinrich.

Der Kirchenmusikdirektor freut sich beim Pressetermin sichtlich auf das Stück, das der Kantorei neue Mitglieder beschert habe, wie er berichtet. Das Werk besteht aus vier Teilen, die Bach selbst nur einzeln aufgeführt hat. Instrumental schöpfe Bach alle Möglichkeiten seiner Zeit aus. Durch die Aufführung aller vier Teile, denen man in der Gesamtheit seit 1845 auch in Anlehnung an Beethovens „Missa Solemnis“ den Titel „Hohe Messe in h-Moll“ gab, erlebe man sozusagen eine Summe der bachschen vokalen Kirchenmusik, sagt Claus-Erhard Heinrich und fügt an, dass er sich auf Gotthold Scharz als Solisten freue. „Hier singt der aktuelle Thomaskantor ein Werk seines berühmten Vorgängers.“

Der Sonntag dann bietet zum Abschluss – und mit Blick auf die auswärtigen Besucher bereits um 17 Uhr, – zwei andere berühmte Werke. Unter Stabführung von Christian Fitzner spielen das Theaterorchester und das Kammerorchester Wernigerodes „Die unvollendete“ von Franz Schubert und die Sinfonie Nr. 9 d-Moll von Anton Bruckner, eine ebenso unvollendete Sinfonie, wie Musikdirektor und Theaterintendant Johannes Rieger sagte. „Während Bruckner sein Werk nicht vollenden konnte, wollte es Schubert nicht“, so Rieger. Vielleicht, weil es ihm wie vielen Musikfreunden heute erging – man frage sich, was nach solchen entrückten Klängen noch kommen könnte.

Mit diesem Konzert setze man eine kleine Bruckner-Reihe beider Orchester fort, sagte Musikdirektor Johannes Rieger abschließend.