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Haftbefehl erlassen Notorischer Dieb sitzt nun im Gefängnis

Nach unter anderem drei Ladendiebstählen im Halberstädter Umkreis ist gegen einen Asylbewerber ein Haftbefehl erlassen worden.

Von Dennis Lotzmann 10.11.2017, 14:06

Halberstadt/Wernigerode l Ist es Naivität gewesen? War es grenzenlose Ignoranz der hiesigen Spielregeln? Oder hat Jacine M. einfach nur geglaubt, er kommt mit seiner dreisten Art auf lange Sicht durch? Fragen, die offen bleiben. Klar aber ist: Der junge Asylbewerber aus Marokko, der in Deutschland Schutz sucht, hat den Bogen mit sehr wahrscheinlich fünf Ladendiebstählen binnen weniger Wochen – für drei ist er bereits rechtskräftig verurteilt worden – überspannt. Am Donnerstagvormittag setzte ein Richter am Amtsgericht Halberstadt dem Treiben ein Ende: Er erließ auf Antrag der Staatsanwaltschaft Halberstadt Haftbefehl.

Damit muss sich der junge Mann nun auf 13 Monate hinter Gittern einstellen. Die Haftstrafe ist die Quittung für zwei rechtskräftige Verurteilungen zu fünf und acht Monaten Haft wegen Diebstählen.

Und dabei, signalisiert Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck, werde es wohl nicht bleiben, denn: „Der Mann soll nur wenige Tage nach der zweiten Verurteilung erneut gestohlen haben, diesmal in Wernigerode“, erklärt der Chef der Staatsanwaltschaft in Halberstadt. Und damit setze der 21-Jährige in negativer Hinsicht Maßstäbe. „So einen Fall haben wir noch nicht gehabt, das ist schon einmalig.“ Einmalig aufgrund des Fakts, dass selbst eine Verurteilung zu einer Haftstrafe auf Bewährung den Betroffenen nicht habe innehalten lassen.

Auffällig wurde Jacine M. nach Roggenbucks Worten erstmals im Juli in Halberstadt. Am 4. Juli, so der Oberstaatsanwalt, stahl er in einem Sportgeschäft zwei Schuhe im Wert von 340 Euro. Elf Tage später schlug er nach Recherchen der Volksstimme bei Kaufland zu und wurde beim Diebstahl von Elektrogeräten im Wert von 342 Euro erwischt.

Dafür musste sich der 21-Jährige am 28. September vor dem Amtsgericht Halberstadt verantworten. Der Richter verurteilte ihn auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen der beiden Taten zu fünf Monaten Haft auf Bewährung. Das Urteil wurde am 6. Oktober rechtskräftig.

Ein klares Signal, das durchaus als Schuss vor den Bug zu verstehen sei, wie Oberstaatsanwalt Roggenbuck betont. M. nahm dies so aber nicht wahr. Im Gegenteil: Am Dienstag, 24. Oktober, schlug er im Media-Markt Halberstadt erneut zu, hatte dabei aber die Rechnung ohne den Hausdetektiv gemacht. Der zog den Täter mit einem Tablet und einem Bluetooth-Kopfhörer im Gesamtwert von 229 Euro im Gepäck aus dem Verkehr und übergab ihn der Polizei.

Die Staatsanwaltschaft erhob einen Tag später Anklage, ein Halberstädter Richter verurteilte den Täter antragsgemäß zu acht Monaten Haft. Weil auch dieses Urteil frühestens eine Woche später seine Rechtskraft erhalten konnte und der Verurteilte eine feste Wohnanschrift hatte, verließ er den Gerichtssaal zunächst als freier Mann.

„Da diese Tat im Bewährungszeitraum begangen wurde, ist damit gewissermaßen automatisch der Widerruf der Bewährung vom ersten Urteil verbunden“, erklärt Oberstaatsanwalt Roggenbuck.

All das schreckte den 21-Jährigen noch immer nicht ab. Während die Staatsanwaltschaft den Widerruf der ersten Bewährung beantragte, schlug M. nach Roggenbucks Worten nur drei Tage später wieder zu. Diesmal in einem Modegeschäft in der Breiten Straße in Wernigerode. „Es besteht dringender Tatverdacht, dass er dort zwei Hosen im Wert von 190 Euro gestohlen hat“, so der Chefermittler.

Was der Ladeninhaber gegenüber der Volksstimme bestätigt: „An jenem Sonnabendnachmittag waren zwei Männer bei uns im Laden. Unser Personal hat bemerkt, wie sie zwei Hosen und eine Jacke entwendet haben“, so der der Volksstimme namentlich bekannte Geschäftsmann. Nach seinen Worten versuchte eine Mitarbeiterin, die Männer am Verlassen des Ladens zu hindern, indem sie die Tür blockierte. Dabei sei die Situation kurzzeitig eskaliert, als die Frau zur Seite geschubst wurde.

„Zum Glück ist unserem Personal ein couragierter Kunde zur Seite gesprungen. Er hat geholfen, die Flucht zu verhindern.“ Die wenig später eintreffende Polizei habe dann in Taschen der Männer das Diebesgut sichergestellt – bei einem Mann zwei Hosen im Wert von 190 Euro und bei einem weiteren eine Jacke.

Beim Hosendieb, davon ist Chefermittler Roggenbuck überzeugt, handelte es sich um den bereits zweimal verurteilten Marokkaner. Und dem werde mittlerweile ein fünfter Diebstahl vorgeworfen. Am 16. September soll er Lebensmittel und Zigaretten im Wert von 22 Euro entwendet haben.

Der Diebstahl in Wernigerode war nun Anlass für den polizeilichen Zugriff. Nachdem der Asylbewerber am 22. November von Halberstadt in die zentrale Aufnahmeeinrichtung in Magdeburg verlegt worden ist, klickten dort am Mittwoch die Handschellen. Nach dem Verkünden des Haftbefehls wurde er am Donnerstag in eine Justizvollzuganstalt gebracht. Staatsanwalt Roggenbuck geht davon aus, dass sich daran die 13-monatige Haft anschließt.

Der 56-jährige Jurist betont gleichwohl, dass es keineswegs darum gehe, an einem Asylsuchenden ein Exempel zu statuieren. „Das Verfahren wäre ebenso abgelaufen, wenn es sich um einen Inländer gehandelt hätte.“ Dennoch sei der Fall ein besonderer: „In aller Regel reicht eine Bewährungsstrafe aus, um abschreckend zu wirken. Warum das hier immer so weitergegangen ist, weiß ich nicht.“

Unklar ist auch die Perspektive von Jacine M. in Deutschland. Sein Asylantrag sei rechtskräftig abgelehnt worden und er damit formell ausreisepflichtig, so Manuel Slawig von der Kreisverwaltung. Die Abschiebung sei bislang am fehlenden Reisepass gescheitert.