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Hinter den Kulissen Von lähmender Routine keine Spur

Ein Blick hinter die Kulissen gewährt das Nordharzer Städtebundtheater. Die Mannschaft der Theaterwerkstatt ist klein, aber effektiv.

Von Renate Petrahn 15.08.2016, 09:00

Halberstadt/Quedlinburg l Es ist ein Statement: das rote Sofa, 6 Meter breit 2,5 Meter tief und 3 Meter hoch. Es dient als Bühne für die Komödie „Zwei Frauen und eine Leiche“, die derzeit im Nordharzer Städtebundtheater zu sehen ist. Und ist zugleich eine beeindruckende Visitenkarte für die Theaterwerkstatt mit Sitz in Quedlinburg, Ditfurter Weg. Die Mannschaft ist zahlenmäßig klein, aber effektiv.

Marco Rockmann: „Was uns allen hier Spaß macht, ist, dass kein Stück zweimal gefertigt wird. Und wir haben freie Hand bei der Auswahl des Materials. Mit jeder neuen Inszenierung beginnt das Tüfteln auf der Grundlage der Vorlagen, die jedes Gewerk erhält, von Neuem.“

Der Werkstattleiter begleitet den gesamten Entstehungsprozess der Bühnengestaltung, vom ersten Entwurf bis hin zum aufgebauten Bühnenbild, bei der Zeit- als auch bei der Finanzplanung. Als Beispiel nennt Marco Rockmann „Romeo und Julia“. Andrea Kaempf hat für das Schauspiel Bühnenbild und Kostüme entworfen. Noch vor Beginn der eigentlichen Arbeit in der Werkstatt hat die Ausstattungsleiterin den Mitarbeitern das Stück und ihre bühnenbildnerische Umsetzung vorgestellt. Ihre Ideen sind in einem zierlichen Holzmodell materialisiert. Auffallend die fein herausgearbeiteten spitzbogigen Fenster. Die Wände – auf der Bühne wirken sie, als ob sie aus Beton seien – sind zusammenfaltbar, sodass zwei Techniker sie von der Bühne tragen können, sagt Rockmann. Und macht damit auf eine grundsätzliche Frage bei der Anfertigung der Bauten aufmerksam. Handelt es sich um ein statisches Bühnenbild oder sind Umbauten erforderlich. Wie auch immer die Verwandlung erfolgt, unterstreicht der Werkstattleiter, sie hat Konsequenzen für den Bau des Bühnenbildes, das gleichzeitig transportabel und standfest sein soll.

Insgesamt hat das Team der Werkstätten elf Produktions­tage Zeit für ein gesamtes Bühnenbild. Bei 30 Stücken im Jahr, die Freilichtaufführungen eingeschlossen, ist der Terminplan „schon eng gestrickt“. Eine Herausforderung, wenn man weiß, dass in den Werkstätten parallel an mehreren Produktionen gearbeitet wird. Das geht, weil in der Werkstatt die Zusammenarbeit zwischen den Gewerken wie ein Räderwerk funktioniert. Die Theater-Handwerker verstehen sich als eines der vielen kleinen Puzzleteile, aus denen eine Inszenierung besteht. Premieren wird es im September und Oktober einige geben: „Romeo und Julia“, das Ballett „The Fall“, „Die Fledermaus“ und „Eugen Onegin“.

Und noch eines sollte das Bühnenbild können: auch trotz vieler Auf- und Abbauten auch noch bei letzten Vorstellung so aussehen, als sei es soeben fertiggestellt.

Ob das tatsächlich so ist, dass überprüfen die Werkstattleute so en passant, wenn sie sich die eine oder andere Vorstellung ansehen.

In der Theaterwerkstatt wird nicht nur Neues geschaffen. Ihr angeschlossen ist ein kleinerer Möbelfundus, wo Ausstattungsstücke der laufenden Produktionen gelagert werden, aber auch Ausstattungsgegenstände früherer Inszenierungen.

Doch für Nostalgie bleibt wenig Zeit. Denn, wenn der Lkw des Nordharzer Städtebundtheaters mit dem auffallenden Logo vorfährt, um die Ausstattungsgegenstände für die aktuellen Inszenierungen abzuholen, dann ist die Gegenwart sehr präsent.