Hof-Blicke Verborgene Schönheit

Hof-Blicke heißt eine Serie der Volksstimme, in der wir grüne Innenhöfe in der Stadt und den Ortsteilen vorstellen.

Von Jörg Endries 28.08.2016, 01:01

Halberstadt l Englischen Rasen, saftig grün, kurz geschnitten auf vier bis fünf Zentimeter, eingefasst mit Beeten und einer üppigen Blütenpracht – das alles sucht man im Hof vom Grudenberg 15 in der Altstadt Halberstadts vergebens. Christian Voigt, seit 2006 Eigentümer des über 200 Jahre alten Fachwerkhauses, will sich diesem Anspruch auch gar nicht stellen. Der Hof des unter Denkmalschutz stehenden Ensembles hat seinen ganz eigenen Charme, der sich nicht an Vorbildern aus Hochglanzbroschüren orientiert.

Die Sanierung des Haupthauses und der Nebengebäude, die den Hof vor Blicken verbergen, hat in den zurückliegenden Jahren und auch in Zukunft für Christian Voigt absolute Priorität. Großen Wert legt der Hausherr dabei da­rauf, selbst Hand anzulegen.

„Es dauert zwar alles sehr lange, weil er fast alles selbst macht. Die Arbeiten werden dafür mit viel Sach- und Fachwissen erledigt“, bestätigt Stefanie Rudel vom Fachbereich Stadtentwicklung der Stadtverwaltung. Das bescheinigte bereits die Jury des Fassadenwettbewerbs der Stadt mit einer Auszeichnung.

Der Hof, zum großen Teil mit altem Kopfsteinpflaster bedeckt, an den Seiten setzen gelb blühende Stauden, Geranien, ein Feigenbaum, Hopfen und Dahlien farblich besondere Akzente, ist ein Treffpunkt für die Hausbewohner, darunter vier Kinder. Eine Sitzgruppe lädt zum Verweilen und zu Gesprächen unter einem Pfirsichbaum ein. Hier lebt man und genießt dabei das einmalige Ambiente des meist schattigen Hofes, der erst ab den Nachmittagsstunden von der Sonne verwöhnt wird. Einen Pflege- oder Pflanzplan für die Idylle gibt es nicht. „Die Mieter kümmern sich um den Hof“, so Christian Voigt. Zu ihnen gehört Alteigentümerin Inge Rebettge, deren Familie einst eine Fleischerei und sie selbst später einen Blumenladen im Grudenberg 15 betrieben hat. „Inge zupft auch Unkraut, dass zwischen den Pflastersteinen wächst“, bescheinigt der Hausherr. Inge Rebettge macht auf eine Besonderheit aufmerksam, die sie selbst gepflanzt hat. Unter einer Gartenbank wächst zierlich zwischen den Steinen eine indische Erdbeere, die derzeit kleine, knallrote Früchte trägt.

Den alten Hofbrunnen hat Christian Voigt natürlich eigenhändig freigelegt. „Der war völlig mit Müll aus verschiedenen Jahrhunderten gefüllt, darunter mittelalterliche Töpferwaren“, berichtet er. Sieben Meter ist der Brunnen tief, auf 11 Meter muss er noch ausgeschachtet werden. Christian Voigt entschuldigt sich für die Rasenfläche. „Die Erde ist schlecht, darum wächst er nur lückenhaft.“

Thomas Wald, Chef des Stadt- und Landschaftspflegebetriebes, ist trotzdem begeistert vom Hof Grudenberg 15. „Englischer Rasen würde hier nicht passen. Ich bin erstaunt über diesen schönen Hof. Mit geschickter Hand hat man mit Stauden, Obstbäumen und Haselnuss ambitioniert sowie kreativ tolle Blickfänge gesetzt. Topf- und Kübelpflanzen ergänzen das Bild. Den Hopfen, der einen Schuppen ziert, findet man heute sehr selten in Gärten und auf Höfen.“ Tipps, um hier etwas besser zu machen, kann der Grünchef der Stadt in diesem Fall nicht geben.

Stefanie Rudel rundet ab: „Man hat das Gefühl, die Natur hat hier das Sagen und die Bewohner haben sich angepasst.“