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Hortbetreuung Der Kampf ums richtige Konzept

Mittwoch treffen sich Eltern der Anne-Frank-Schule Halberstadt mit Stadt-Vertretern. Die Eltern sehen das pädagogische Konzept in Gefahr.

Von Theo Weisenburger 18.11.2017, 00:01

Halberstadt l In der Anne-Frank-Schule brodelt es. Eltern sind empört, weil die Stadt als Träger des Hortes vor einigen Wochen das bewährte Betreuungskonzept geändert hat. Ohne Einbeziehung von Schule und Eltern, sagen sie. Damit sei die ganze Zusammenarbeit zwischen Schule und Hort gefährdet, von der Betreuung der Kinder ganz zu schweigen. Auf einem Elternabend am Mittwoch will die Stadt die Wogen glätten. Doch Eltern, darunter Thomas Kowalski vom Schulförderverein und weitere Vertreter des Elternrats, sind skeptisch.

Die Anne-Frank-Grundschule samt Hort ist ein Erfolgsmodell. Das ist aber auch ihr Problem. Eigentlich ist die Schule nur für 180 Kinder konzipiert. Derzeit wird sie jedoch von 250 Jungen und Mädchen besucht, von denen 225 - auch das ist eine sehr hohe Zahl - das Angebot des Hortes in Anspruch nehmen. Und der ist mit ein Grund für den Erfolg, sagt Kowalski.

Seit 2004 ist die Einrichtung in der Halberstädter Hans-Neupert-Straße eine Schule mit kooperativem Ganztagsangebot. Zwischen Schule, die dem Landesschulamt untersteht und dem Hort in Trägerschaft der Stadt, gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit. Die Kinder bleiben nach Schulschluss weitgehend im Klassenverband in ihren Gruppenräumen, haben eine feste Horterzieherin, die sogar im Unterricht hospitiert und mit ihnen die Hausaufgaben macht. Auch Eltern und Vereine engagieren sich in Arbeitsgruppen.

Dieses Modell sehen nun Kowalski und andere Elternvertreter gefährdet. Der Grund: Die Stadt hat sich nach den Herbstferien zumindest in Teilen von diesem Konzept verabschiedet. Einseitig, wie die Elternvertreter sagen. „Es fanden im Vorfeld keine Gespräche statt. Weder die Schule noch die Eltern wurden einbezogen“, sagt Kowalski und vermutet, dass Schule und Eltern bewusst übergangen worden seien.

Was ist passiert? Weil deutlich mehr Kinder Schule und Hort besuchen, als ursprünglich geplant, habe der Kreis die Betriebserlaubnis für die Einrichtung bis zum Januar befristet und mit Auflagen versehen, sagt Thomas Fahldieck, der zuständige Amtsleiter in der Stadtverwaltung. Der Hort selbst hat nur vier eigene Räume, sechs weitere werden gemeinsam mit der Schule genutzt. Um die Kinder besser und gleichmäßiger auf diese Räume verteilen zu können, sei das kooperative Modell mit seiner festen Raumzuteilung geändert worden.

„Offene Gruppenarbeit“ heißt das neue Konzept und sei eine „gute Sache“, sagt Fahldiecks Mitarbeiterin Uta Felis. Für zunächst eine Stunde am Nachmittag konnten die Kinder ihre feste Hortgruppe verlassen und in der Schule ein anderes Angebot wählen. Zudem werden Räume nun gleichzeitig von mehreren Gruppen genutzt – all das erlaube eine bessere Auslastung.

Das zumindest zweifelt Anja Keidel vom Schulförderverein an. In der Schule fehlten sechs Hort- oder Klassenräume. Damit sei die Öffnung des Hortes nicht umsetzbar, das Raumproblem habe bisher nur durch die gute Abstimmung zwischen Schule und Hort abgefangen werden können.

An dieser scheint die Stadt nun zu rütteln. Schulleiter Tobias Marx befürchtet, dass das, „was jahrelang mühsam aufgebaut wurde, jetzt kaputtgemacht wird“. Denn am Ende könnte es nicht bei dieser einen Stunde bleiben, in der die Kinder ihre Betreuungsgruppe frei wählen können. Die Eltern befürchten, dass das Konzept der offenen Gruppen nach und nach das bisherige Modell komplett ablöst, Eltern und Vereine weniger eingebunden werden und auch die Kinder es häufiger mit wechselnden Horterzieherinnen zu tun bekommen.

Soweit will Fahldieck nicht gehen, an der Kooperation zwischen Schule und Hort soll grundsätzlich festgehalten werden. Wie diese Zusammenarbeit aussehen könnte, darüber will er am kommenden Mittwoch mit den Eltern reden. Fahldieck räumt durchaus ein, dass die Kommunikation im Vorfeld hätte besser laufen können. Die geplanten Änderungen seien zwar mit den Hort­erziehern besprochen und per Aushang verkündet, auch der Hort­elternrat sei informiert worden. Doch die Reaktionen nach der Einführung der offenen Gruppenarbeit haben gezeigt, dass die Eltern wohl nicht ausreichend einbezogen worden seien.

Obwohl – Gespräche gab es schon. Allerdings mit einem Ausgang, über den sich Kowalski und seine Mitstreiter bis heute ärgern. Bei einem Treffen hatte Fahldieck zugesagt, die Änderungen vorerst auszusetzen. Diese Zusage hielt nicht lange, alles blieb beim alten. Auch das räumt Fahldieck ein. Die Änderungen wurden zum damaligen Zeitpunkt doch nicht zurückgenommen, weil Erzieher und Kinder mit der einen Stunde offenen Gruppenarbeit gut klargekommen seien. Alles wieder zurückzudrehen, hätte die Kinder nur verunsichert, sagt Fahldieck.

Geändert wurde es dann doch, auch, weil die Elternvertreter nicht lockergelassen haben. Nun steht alles auf Null, erst am Mittwoch soll über das weitere Vorgehen entschieden werden. „Wir wollen alle mitnehmen“, sagt Fahldieck. Hortleiterin Sybille Strehlow hofft, dass das auch gelingt: „Wir werden einen Kompromiss finden“, sagt sie. Das hoffen die Eltern ebenfalls, bleiben aber skeptisch, wie viel vom bisherigen Hortkonzept Bestand haben wird. Versprechen mag Fahldieck nichts, die Raumprobleme bestehen schließlich weiterhin.