Jahresbericht Feuerwehren im Wandel

Die Feuerwehren rund um Thale sind gut aufgestellt, belegt der Brandschutzbericht 2017. Wunschlos glücklich sind die Kameraden aber nicht.

Von Ingmar Mehlhose 17.07.2018, 01:01

Thale l „Wir haben das erste Jahr seit 2007 eine positive Entwicklung bei den Mitgliederzahlen“, sagt Marcus Meier. Er ist Leiter der Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ) in Thale, Teamkoordinator, verantwortlich für die Brandschutzaufsicht und den „Jahresbericht des abwehrenden Brandschutzes und der technischen Hilfeleistung für den Landkreis Harz“.

Rund 2700 Kameradinnen und Kameraden gebe es demnach derzeit im Einzugsgebiet. Die Zahl der Aktiven sei im Vergleich zu 2016 leicht um 47 (+1,7 Prozent) gestiegen. Das entspreche für den Zeitraum 2007 bis 2017 jedoch immer noch einem Verlust an Einsatzstärke von 424 Frauen und Männern (-13,4). Mit Blick auf den Rückgang der Bevölkerung relativiere sich das Bild allerdings etwas.

Meyer: „Nach wie vor sind Frauen in der Feuerwehr noch immer unterpräsentiert.“ Allerdings nicht im Harzkreis. Hier liege der Anteil der Aktiven mit etwa 13,4 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt und habe sich gegenüber 2016 leicht verbessert (+17).

Positiv sei auch die Entwicklung bei den Mädchen (32,7). Hier habe zuletzt ein Plus von 38 verzeichnet werden können. Ebenso gebe es bei den Kinder- und Jugendabteilungen mit plus 73 einen deutlichen Anstieg zu verzeichnen.

Einen „relativ guten Stand“ bilanzierte der FTZ-Chef bei den Maschinisten mit Führerschein-Klasse C. Sieben Kameraden pro Wehr hätten diese Qualifikation im Schnitt. Der Anteil der Atemschutzträger sei hingegen mit rund 35,8 Prozent unverändert zu gering und leider sogar rückläufig (-4).

„Von 114 Ortsfeuerwehren des Landkreises Harz sind derzeit 71 von Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 6 und 18 Uhr nur bedingt einsatzbereit“, erläutert Marcus Meier weiter. Dies bedeute zwei mehr als 2016. Der Hauptgrund dafür sei die Berufstätigkeit der Kameraden. Sie hätten zum Teil erhebliche Anfahrtswege zur Arbeitsstelle, seien die Woche über auf Montage und trotz gesetzlicher Regelungen bei ihrer Tätigkeit nicht abkömmlich.

Dennoch könne die Situation als annehmbar bewertet werden. 2008 seien noch 89 Ortsfeuerwehren tagsüber nicht verfügbar gewesen. Wobei dies eher den neuen Regelungen zu geringeren Mindeststärken geschuldet sei, als einer positiven Personalentwicklung im Ehrenamt.

„Nicht zufriedenstellend“ nennt Meier trotz entsprechender Lehrgangsangebote den Ausbildungsstand der Führungskräfte. So hätten derzeit fünf der 95 Ortswehrleiter und elf ihrer Stellvertreter fachliche Defizite.

Sorgen bereite den Kameraden ebenso der Zustand der Gerätehäuser. Deren überwiegende Zahl sei zwar seit 1990 umgebaut und saniert worden. Bei 51 Prozent der Gebäude würden die Bedingungen der DIN-Vorschriften jedoch nicht und bei 53 Prozent nur teilweise erfüllt. Gleichwohl seien hier umsetzbare Lösungen gefunden worden. So zum Beispiel mit Neubauten in Dingelstedt und Elbingerode (beide 2016) sowie dem Start für Vorhaben in Schierke und Pabstorf (2017).

Einen breiten Raum im Brandschutzbericht nimmt naturgemäß das Einsatzgeschehen ein. Dessen Zahl sei 2017 um 10,2 Prozent auf 5139 gestiegen. Marcus Meier: „Das sind durchschnittlich 45 pro Ortswehr.“ Dabei gebe es Fälle mit nur einer einzigen Alarmierung im gesamten Jahr und andererseits Kameraden wie die Quedlinburger, die beinahe täglich angefordert wurden.

Gründe für diesen rasanten Anstieg seien unter anderem das Hochwasser und die Stürme, vor allem im Herbst (insgesamt +474). Eine Rolle spiele allerdings auch der Umstand, dass die Erfassung der Einsätze seit 2013 über ein neues Softwareprogramm der Integrierten Einsatzleitstelle erfolge und nicht wie bisher auf der Grundlage der Meldungen der Kommunen. Dadurch werde ein realistischeres Bild gezeichnet. Zudem habe es rund 600 Fehlalarme gegeben. Der FTZ-Leiter: „Unter anderem, weil die Technik schlecht gewartet wurde.“

Zusammenfassend festzustellen ist laut Marcus Meier, dass sich die kommunalen Feuerwehren im Harzkreis im Wandel befinden. Mit dem Rückgang der Bevölkerung und deren steigendem Durchschnittsalter würden die Brandschützer Potenzial für die Gewinnung ehrenamtlicher Mitstreiter verlieren.

Hinzu geselle sich ein Wertewandel in der Gesellschaft, der einer auf Dauer angelegten freiwilligen Betätigung wie in der Feuerwehr weniger Raum lässt. Es müsse daher die Aufgabe der Kreisverwaltung als Rechtsaufsichtsbehörde sein, die Städte und Gemeinden bei der Enwicklung zukunftsfähiger, aber auch rechtlich vertretbarer Strukturen anzuleiten und zu beraten.

Zumindest bei Katharina Wendland rennen Meier und Kameraden damit offene Türen ein. Die Kreis-Ordnungsdezernentin: „Die Feuerwehr ist ein sehr schönes Thema, und mir lieber als manches andere.“ Außerdem: „Das Ehrenamt sollte man immer wieder würdigen.“