Jubiläum Lebensort Tiergarten

Michael Bussenius feiert ein besonderes Jubiläum. Der Zooinspektor hat vor 40 Jahren als Tierpfleger im Tiergarten Halberstadt angefangen.

Von Jörg Endries 08.07.2018, 06:00

Halberstadt l Vier Jahrzehnte sind ins Land gezogen, seit ­Michael Bussenius seinen ersten Arbeitstag im Tiergarten Halberstadt antrat. Eine lange Zeit, und trotzdem kann sich der Zooinspektor noch ganz genau an diesen 1. Juli 1978 erinnern. "Und ich habe bis ­heute keinen einzigen Tag bereut. Der Tiergarten ist mein Leben."
"Es war ein herrlicher Sonntag. Ich war voller ­Enthusiasmus und voller Energie", erinnert sich der heute fast 60-Jährige. Präsent sind auch noch die ersten Tiere, um die er sich damals kümmerte. Es waren die Rhesus-Affen Axel und Moni. Zu dieser Zeit und für eine Stadt dieser ­Größe sei die Affenhaltung etwas ganz Besonderes gewesen.
Der Berufsstart von Michael Bussenius verlief alles ­andere als schmerzlos. Gleich am ersten Tag biss ihn ein Esel. "Ich wollte das Tier einfach nur streicheln, und zack biss es zu." Dieses Risiko gehört einfach zum ­Beruf. Und es sei in den 40 Jahren nicht der einzige Vorfall geblieben. Die Kameldame Sulaika trat vor einigen Jahren während eines Spazierganges unvermittelt aus und zerschmetterte ­Michael Bussenius ein Knie. 12 Wochen musste er das Kranken­bett ­hüten. Seiner Liebe zu dem Kamel trat das Erlebnis trotzdem keinen Abbruch. "Sulaika war ein liebes Tier, nicht böse, an diesem Tag halt nur übermütig."
"Die Arbeit mit Tieren ist kein Job, der morgens um 8 Uhr beginnt und abends Punkt 17 Uhr endet."
Tiere hätten bereits früh sein Leben geprägt, berichtet ­Michael Bussenius. In der Schulzeit war es die Liebe zu Pferden. Zehn Jahre hat er als Schüler die bis heute einzigartige ­Pferdezucht an der heutigen Europaschule Am Gröpertor mit betreut. "Eine Zeit, die mich geprägt hat", stellt er fest. Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit habe er dort gelernt. Zwei wichtige Voraussetzungen, um mit Tieren überhaupt arbeiten zu können, betont der Halberstädter. Und eines habe er bereits damals gelernt: "Die Arbeit mit Tieren ist kein Job, der morgens um 8 Uhr beginnt und abends Punkt 17 Uhr endet." Zweifel an seinem Berufswunsch habe es trotzdem nie gegeben. In den Zoos Magdeburg und Berlin absolvierte Michael Bussenius die Ausbildung zum Zoo-Tierpfleger. Nach einem kurzen Abstecher von einem halben Jahr bei der Reit- und Fahrtouristik in Wernigerode, fand er seinen Traumjob im Tiergarten Halberstadt.
Natürlich habe in den 40 Jahren nicht nur immer eitel Sonnenschein geherrscht. Es gab viele ­Höhen und Tiefen, wie es in jedem ­anderen Beruf auch der Fall ist. Zu den Tiefpunkten, die unvergessen bleiben, gehört der dreiste und nie aufgeklärte Diebstahl von kostbaren ­Papageien vor einigen Jahren. Doch wie viele Male in seinem Berufsleben, bescherte dieser traurige Rückschlag dem großen Tierfreund ein schönes Erlebnis. "Viele Halberstädter und Freunde des Tiergartens haben uns daraufhin ihre Lieblinge, darunter viele Sittiche, gespendet und somit die Vogelvolieren wieder mit Leben gefüllt. Eine tolle Erfahrung, die ich nie vergessen werde."
Zu den absoluten Höhepunkten gehören für Michael Bussenius die vielen erfolgreichen Handaufzuchten von Tierbabys, die von ihren Müttern verstoßen wurden oder wo es Probleme gab. "Jedes Einzelne war ein besonderes Erlebnis, die man nicht vergisst." Obwohl es mehr als 150 in den zurückliegenden Jahren gewesen sind. Das Lama Söckchen sei so ein Fall, für den der Zooinspektor die zeitaufwendige Mutter-Rolle übernahm. Mit der Flasche hat er das Tier erfolgreich aufgezogen. Eine Geschichte, die damals in Sachsen-Anhalt Schlagzeilen machte. Die Verbindung zu ­Söckchen ist bis heute sehr eng.
Allerdings bereiten diese engen Kontakte Michael Bussenius auch die traurigsten Stunden in seinem Berufsleben. Dann, wenn die Tiere sterben. "Hat man mit den Tieren viele Jahre gearbeitet, praktisch mit ihnen gelebt, wachsen sie einem ans Herz. Die einen mehr, die anderen etwas weniger. Emotional ist es auf jeden Fall immer", betont der Halberstädter. So war es bei Kamel Sulaika, trotz des zerschmetterten Knies. Oder als Esel Pinocchio nach über 30 Jahren starb. Oder Tiergarten­maskottchen Tienchen. Die Hündin hat 13 Jahre im Tiergarten gelebt und ist kürzlich eingeschlafen. Um nur einige zu nennen.
"Für mich waren diese 40 Jahre eine ­fantastische Zeit, die mein Leben bereichert hat."
Dieser enge Kontakt von Mensch und Tier stand und steht für Michael Bussenius immer im Mittelpunkt. Mädchen und Jungen aus Schulen und Kindertagesstätten sowie Senioren sind nicht nur im Tiergarten gern gesehene Gäste. Bussenius war und ist mit den Tieren in diesen Einrichtungen ein gern und oft gesehener Gast, ebenso wie in Senioren­heimen, Kranken­häusern, auf Festen, Kultur- und Begegnungsveranstaltungen wie zum Beispiel lange Zeit bei "all together now" in der Liebfrauenkirche. Legendär waren seine Tiershows, in denen Hühner, Mäuse, Enten und Papageien die Stars waren. Mit ihnen sind Michael und sein Bruder Matthias Bussenius landesweit unterwegs gewesen, sogar Fernsehauftritte gehörten dazu.
Michael Bussenius freut sich rückblickend vor allem über die Entwicklung des Tiergartens. "Als ich anfing, waren Tierbestand und Tiergarten viel kleiner." Stolz erfüllt ihn, dass die Einrichtung im Landschaftspark Spiegelsberge bei so ­vielen so beliebt ist. Alt und Jung ­halten ihr die Treue. Nicht nur Halberstädter, sondern Gäste aus nah und fern. Etwa 80 000 zieht es jedes Jahr in den Tiergarten. Über 200 Menschen engagieren sich finanziell als Tierpaten, der jüngste ist zwei, die ­älteste über 80. "Ein sehr wichtiges Rückgrat für uns." Für Michael Bussenius spiegelt das die große Verbundenheit der Menschen mit ihrem Tiergarten wider.
"Für mich waren diese 40 Jahre eine fantastische Zeit, die mein Leben bereichert hat."