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Kommunalpolitik Interesse an Ortsteilen vermisst

Ströbecks Bürgermeister Jens Müller (SPD) machte es spannend. Erst nach viel Kritik Richtung Rathaus sagte er: Er bleibe dennoch im Amt.

Von Theo Weisenburger 14.02.2018, 00:01

Schachdorf Ströbeck l Die Ankündigung von Ströbecks Ortsbürgermeister Jens Müller (SPD), dass er möglicherweise sein Amt aufgeben wird, hat Wirkung gezeigt. Die Ortsschaftsratssitzung am Montagabend zog mehr Einwohner an als sonst. Und es waren mit dem Stadtratsvorsitzenden Volker Bürger (CDU) und dem Halberstädter SPD-Chef Michael Kröber Gäste angereist, die das Interesse an Müllers weiterem politischen Schicksal verdeutlichten.

Dieses Interesse an den Belangen Ströbecks vermisst Müller normalerweise. Das zumindest sagte er in seiner sieben Seiten umfassenden, am Ende der Sitzung verlesenen Erklärung. Er fühle sich von der Stadt, vor allem von der Verwaltungsspitze, nicht ernst genommen, machte der Ortsbürgermeister deutlich. Vor allem in Richtung Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) fand Müller harte Worte. Es sei wohl eine „Fehleinschätzung, dass der Oberbürgermeister zu schnellen und sicheren Entscheidungen, die Ortsteile betreffend, in der Lage ist“.

Das war ohnehin der Tenor seiner Ausführungen: Er als Ortsbürgermeister entwickele Ideen und unterbreite Vorschläge, die von der Stadtverwaltung entweder abgelehnt oder nur schleppend bearbeitet würden. Beispiel Hochwasserschutz am Fließ. Hier habe es auf seine Vorschläge „bis heute keine ernstzunehmenden Reaktionen“ gegeben, die Stadtverwaltung habe sich als nicht zuständig erklärt. Müller dazu und zu weiteren Beispielen: „Die Aufzählung ließe sich fortsetzen, insbesondere auch bei Kleinigkeiten, die natürlich dann in der Summe zu einem weiteren frustrierenden Ergebnis führen.“

Zwar kündigte Müller am Montagabend an, bis zur nächsten Kommunalwahl im Amt bleiben zu wollen, doch er wolle seine „Amtsausübung neu definieren“. Konkret bedeutet dies: „Ich werde mir mehr Auszeiten verordnen.“ In diesen Fällen werden seine Stellvertreter mehr gefordert sein und zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen.

Mit seiner Kritik steht Müller nicht alleine. Auch sein Aspenstedter Amtskollege Rüdiger Müller (CDU) äußerte tags darauf deutliche Kritik an der Arbeit der Verwaltung. „Wir müssen immer sofort springen. Aber wenn wir etwas wollen, dann bekommen wir keine Antwort“, sagte er. Das sei immer wieder Thema auf den gemeinsamen Dienstberatungen mit dem Oberbürgermeister gewesen, geändert habe sich nichts. Mit der Tatsache, dass zu wenig Geld vorhanden sei, könne er sich arrangieren, nicht aber mit der schleppenden Arbeit der Verwaltung. In diesem Punkt sei er ähnlich frustriert wie sein Ströbecker Amtskollege. Das könnte Folgen haben. Ob er kommendes Jahr bei den Kommunalwahlen nochmals antrete, „das steht in den Sternen“, so Müller.

Nicht wesentlich anders äußerte sich auch der Athenstedter Ortsbürgermeister Ralf Barthel (Buko). Müllers Kritik sei „leider grundlegend richtig“, sagte er. Große Teile der Verwaltung würden die Ortsteile als „lästiges Anhängsel“ betrachten.

Doch nicht alle sehen das Verhältnis zur Stadt derart kritisch. Laut Langensteins Dorfchef Jürgen Meenken (CDU) ist die Verwaltung „sehr bemüht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu helfen“. Als Beispiel führte er den Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ an. Oft genug sei es einfach nur fehlendes Geld, was am Ende zu Spannungen führt.

Auf der Arbeitsebene, also zum Büro für Gemeindeangelegenheiten, habe sich das Verhältnis gut eingespielt, sagte der Sargstedter CDU-Ortschaftsrat Bernhard Daldrup. „Über das Engagement dieser Mitarbeiter kann man nicht meckern.“ Das Agieren von Oberbürgermeister und Verwaltungsspitze hingegen müsse man „differenzierter sehen.“

Trotz aller Kritik, die ihn erreichte, begrüßte es Halberstadts Oberbürgermeister, dass Ströbecks Ortsbürgermeister weiter im Amt bleibt: „Wir arbeiten weiter mit Herrn Müller zusammen“, sagte Henke. Er selbst habe in der Verwaltung immer wieder um Verständnis für die Ortsteile geworben und die Mitarbeiter für deren Belange sensibilisiert. Er wisse zwar, dass die Ortsteile manche Vorhaben schneller zu Ende geführt haben möchten, sagte Henke. „Es ist uns bewusst, dass es schwer ist, alle Erwartungen zu erfüllen.“ Der OB warb um Verständnis dafür, wenn es nicht so läuft: „Oft gibt es zeitliche Verzögerungen, die aber begründbar sind.“ Unter anderem seien auch in der Verwaltung die personellen Ressourcen begrenzt, zumal es auch in der Kernstadt viel zu tun gebe.

Henke erinnerte daran, was Stadtverwaltung und Ströbecker in der Vergangenheit gemeinsam erreicht hätten. Ein Punkt, den am Abend zuvor im Übrigen auch Jens Müller eingeräumt hatte. Die Verwaltung verhindere nicht nur, sagte er. Es gebe „Abteilungen und Mitarbeiter in der Verwaltung, die zu offenen Gesprächen bereit sind und über Lösungen mit uns diskutieren“. Angesichts dessen, und mit Rücksicht auf laufende Projekte wie die Sanierung des Bürgerhauses und die Teilnahme am Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, wäre ein Rücktritt das falsche Signal, hatte Jens Müller zuvor sein Verbleiben im Amt begründet.