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Kriminalprävention Kriminalistin warnt vor Betrüger-Tricks

Wie schützt man sich vor Ganoven an Haustür, Telefon und auf der Straße? Zwei Polizeibeamte haben im Deersheimer Dorfladen Tipps gegeben.

Von Mario Heinicke 01.03.2018, 10:02

Deersheim l „Es soll niemand sagen, mir kann das nicht passieren“, sagte Kriminalistin Bärbel Voigt. „Ganoven lassen sich ständig neue Methoden einfallen.“ Beispiele führte sie während ihres Vortrags genügend auf. Über den Enkeltrick zum Beispiel oder vermeintliche Gewinnspiele. „Wir Polizisten verstehen es nicht, dass es immer noch Menschen gibt, die glauben, sie bekommen etwas umsonst.“

Zumindest die Teilnehmer in Deersheim werden nun wohl vorsichtiger agieren. Dass auch im Osterwiecker Raum Betrugsfälle vorkommen, bestätigte der Regionalbereichbeamte Dietmar Hartwig an aktuellen Beispielen der letzten zwei Wochen. In einem Fall ist eine Frau auf einen Enkeltrick zum Glück nicht hereingefallen. Im anderen Fall sind einem Mann fast 100.000 Euro Lottogewinn versprochen worden, wenn er einen Betrag von mehreren tausend Euro in bar an eine Adresse in der Türkei schickt. Er hat es getan. Dabei waren die Täter durchaus geschickt vorgegangen.

Von dubiosen Gewinnanrufen konnte auch eine Deersheimerin im Publikum berichten. Angeblich hatte sie einen BMW gewonnen. „Mein Mann hat dann zum Anrufer gesagt: Na dann stellen Sie ihn auf den Hof.“ Doch so schlagfertig sind nicht alle.

Oft, so stellte die Kriminaloberkommissarin aus dem Polizeirevier Harz fest, würden sich Täter alleinstehende Menschen aussuchen, die auch froh sind, mal jemanden zum Reden zu haben.

Das nutzen Ganoven auch an der Haustür als vermeintliche Polizeibeamte aus. Bärbel Voigt und Dietmar Hartwig stellten deshalb die Merkmale vor, woran ein echter Polizist überhaupt zu erkennen ist. Auf der Uniformjacke befindet sich am Ärmel das Landeswappen von Sachsen-Anhalt. Polizisten aus anderen Bundesländern müssten von mindestens einem Beamten aus Sachsen-Anhalt begleitet werden. Jeder Polizist besitzt einen grünen Dienstausweis mit Foto, den dürfen Bürger auch verlangen. „Sie müssen keinen Polizisten in die Wohnung lassen“, betonte Voigt. Sie riet, sicherheitshalber auch in der Dienststelle anzurufen, ob es den Beamten gibt. Vor dem Anruf müsse aber die Tür wieder geschlossen werden. „Wenn ich nicht echt bin, dann bin ich weg“, versetzte sie sich in die Lage eines Ganoven.

„Die Polizei ruft Sie nicht an, um eine Bankverbindung abzufragen, und kommt auch nicht vorbei, um Ihre Bargeldbestände zu kontrollieren“, stellte die Kriminalistin klar. „Hören Sie auf Ihren Bauch“, riet sie.

Beim Enkeltrick und anderen betrügerischen Anrufen sei es typisch, dass der Anrufer den Namen erfragen will. „Dann sollten die Alarmglocken schrillen.“ Denn wenn jemand irgendwo anruft, sollte er auch wissen bei wem. Die Täter seien in den Gesprächen äußerst wendig. Auch hier solle man auf das Bauchgefühl hören. Wenn ein Enkel wirklich eine große Geldsumme benötigt, würde er das Anliegen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht am Telefon und mit Hilfe Dritter vortragen.

Überwiegend Frauen saßen beim Vortrag im Dorfladen. Ein guter Rahmen für Bärbel Voigt, auch das Thema Handtasche anzusprechen. „Ein Täter kommt nicht mit einem Schild“, er sei äußerlich also nicht als Ganove zu erkennen. Grundsätzlich riet sie, Handtaschen mit langem Trageriemen zu verwenden und diesen um den Hals zu legen. Damit könnte die Tasche nicht mehr von der Schulter gerissen werden. Außerdem sollte die Handtasche nicht auf den Rücken genommen werden.

Für die Sicherheit vor Einbrechern zu Hause gab die Polizistin zwei Sätze mit auf den Weg: „Jede unverschlossene Haustür ist eine offene Haustür. Jedes angekippte Fenster ist ein offenes Fenster.“

Ein heikles Thema kam zum Abschluss durch eine Deersheimerin zur Sprache. Es ging um die mögliche Verteidigung mit Pfefferspray, noch dazu in Kinderhand. Bärbel Voigt riet aus mehreren Gründen dringend davon ab. Es vergehe Zeit, bis die Düse ausgerichtet ist. Derweil könnte der Täter das Pfefferspray schon an sich gerissen haben und das Opfer besprühen. Würde das Spray etwa im Auto gegen einen Täter eingesetzt werden, könnte es zum schweren Unfall kommen. Möglicherweise wollte ja der Mann, der aus dem Auto heraus ein Kind nach dem Weg fragt, auch wirklich nur nach dem Weg fragen.

„Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen“, appellierte Voigt. Bei einer Notwehr müsse immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. „Bringen Sie sich nicht in Gefahr.“

Sollte etwa ein Kind von einem Autofahrer angesprochen werden, sollte es die Regel „Licht, Leute, Lärm, laufen“ berücksichtigen. Laufen in entgegengesetzter Richtung vom Auto. Und Voigt fügte hinzu: „Wir sollten nicht unsere Ängste auf unsere Kinder übertragen. Pfefferspray einem Kind zu kaufen, ist unverantwortlich.“ Kein Hilfsmittel sei so wirkungsvoll wie einfache Verhaltensmaßnahmen.

Die Polizei empfehle indes nur ein Hilfsmittel, einen Schrillalarm. Das kleine Gerät könne man je nach Modell auch mit der Handtasche verknüpfen oder daheim mit Tür bzw. Fenster.

Bärbel Voigt verwies auf zwei Internetseiten. Auf www.polizei-beratung.de erhalten Bürger viele Tipps der Kriminalpolizei, für Kinder und Jugendliche gibt es die Adresse www.polizeifürdich.de.