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Landkreis Harz Inklusion konkret

Der ersten kommunale Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist Thema im Landkreis Harz.

Von Sabine Scholz 18.12.2019, 00:01

Halberstadt l Gestartet Ende 2014, sind inzwischen 154 Mitglieder im Aktionsbündnis „Landkreis Harz inklusiv“ tätig. Verwaltungen, Vereine, Verbände, Zivilpersonen, Selbsthilfegruppen, Unternehmen arbeiten gemeinsam ehrenamtlich daran, eine Richtlinie der Vereinten Nationen konkret werden zu lassen für die Menschen im Harz.

„Es ist normal, verschieden zu sein und jeder Mensch ist von Anfang an dabei. Aber diese Definition von Inklusion braucht einige Voraussetzungen“, sagt Detlef Eckert, Sprecher des Aktionsbündnisses. Barrierefreiheit gehört dazu, aber eben nicht nur.

Weshalb sich sechs Arbeitsgruppen gebildet haben, die sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Frage befassten, wie es gelingen kann, jeden Menschen teilhaben zu lassen am Arbeits- und gesellschaftlichen Leben, unabhängig von Geschlecht, Alter, Nationalität und möglicher Einschränkung.

Immerhin leben im Landkreis Harz rund 20 000 Menschen, die als schwerbehindert anerkannt sind. Fast 6000 von ihnen sind im erwerbsfähigen Alter, bei weitem nicht allen ist der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt möglich, wie Detlef Eckert während der jüngsten Vollversammlung des Aktionsbündnisses bemerkte.

Hier etwas zu ändern, ist eines der Ziele des kommunalen Aktionsplanes, den die Bündnismitglieder im vergangenen November der Landkreisverwaltung überreicht hatten.

In sechs Handlungsfeldern wurden erste Schritte festgelegt, wie Inklusion konkret werden kann. Benannt wurden einzelne Vorhaben, Terminsetzungen und Verantwortlichkeiten sowie Indikatoren, an denen erkennbar ist, wie gut man mit der Umsetzung der einzelnen Vorschläge vorankommt. Im Handlungsfeld Arbeit und Beschäftigung geht es zum Beispiel darum, den Arbeitgebern überhaupt erst einmal bewusst zu machen, welche Unterstützung es für Firmen gibt, wenn sie Menschen mit Handicap einstellen.

Verständliche Sprache in der Verwaltungsarbeit ist zum Beispiel ein Schritt, der Barrierefreiheit herstellt ebenso wie ein Einwirkungen auf die Städte und Dörfer, zum Beispiel Haltestellen so umzubauen, dass Menschen mit Mobilitätseinschränkungen den öffentlichen Nahverkehr besser nutzen können.

Oder die Kennzeichnung von barrierefreien Arzt- und Therapiepraxen sowie Gesundheitseinrichtungen im jährlich neu aufgelegten Gesundheitsführer des Landkreises. Es finden sich viele solcher konkreten Vorschläge, vom Erstellen von Informationsfaltblättern über bauliche Veränderungen in den Schulen bis hin zum Einsatz von Gebärdendolmetschern in der Erwachsenenbildung.

Für Irritationen sorgte, dass der Aktionsplan, nachdem er ein Jahr lang in der Fachabteilungen der Kreisverwaltung erörtert worden war, in sehr veränderter Form an den Kreistag ging.

So fehlten laut Eckert zum Beispiel die vom Aktionsbündnis vorgeschlagenen Terminsetzungen und festgelegten Verantwortlichkeiten. „Der Kreistag sollte unseren Aktionsplan zur Kenntnis nehmen, als Grundlage für weitere Diskussionen, nicht ihn beschließen“, sagte Eckert.

Schließlich müsse dieses Arbeitspapier kontinuierlich fortgeschrieben werden. „Wir werden nicht in drei, fünf oder sieben Jahren alles erreicht und tatsächlich einen inklusiven Kreis haben, aber wir müssen anfangen, uns auf den Weg zu machen“, so der Sprecher des Bündnisses.

Da sei man nicht weit auseinander, sagte Landrat Martin Skiebe (CDU), der Gast der Vollversammlung war. Aber er sehe das Papier als Arbeitsgrundlage für den Kreistag, weshalb die Verwaltung einige Änderungen vorgenommen habe. Skiebe sieht den Landkreis schon vergleichsweise weit in Sachen Inklusion, andere Kreisen hätten noch nicht einmal begonnen, sich des Themas anzunehmen.

Nun hat die Verwaltung ihre Fassung des kommunalen Aktionsplanes in der jüngsten Kreistagssitzung eingebracht. Die Abgeordneten überwiesen das Papier mehrheitlich an alle Kreistagsausschüsse zur Beratung, wobei der Sozialausschuss federführend tätig sein soll.

Die Bündnisarbeit sei damit aber keinesfalls beendet, betonte Detlef Eckert. Im Gegenteil, das Jahr „Wartezeit“ bestätige die Erfahrung vieler Bündnispartner, dass die Barrieren in den Köpfen außerordentlich hoch sind.

Man hoffe, gemeinsam mit den Mitgliedern des Kreistages, diese Barrieren beseitigen zu können. Auch angesichts des persönlichen Engagementes des Landrates sei man guter Hoffnung, so Detlef Eckert, einiges bewegen zu können, um die UN-Konvention im Landkreis Harz Schritt für Schritt umzusetzen.