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Landtagswahlen Wie viel Harz ist im Wahlprogramm?

Die Volksstimme hat in den Wahlprogrammen der Parteien geblättert und nach Hinweisen auf den Harz gesucht.

Von Dennis Lotzmann 05.02.2016, 00:01

Halberstadt l Die Parteien und Wählergruppen haben sich angestrengt, nun sind die Wähler gefragt. Wollen sie sich mit den Programmen der zur Landtagswahl zugelassenen Parteien und Wählergruppen tiefgründig beschäftigen, haben sie für die verbleibenden fünf Wochen ausreichend Lektüre. Vor allem die Bündnisgrünen haben Fleiß bewiesen. Mit 31 354 Worten, die sie in 1713 Sätze auf 76 Seiten gegossen haben, toppen sie die Mitbewerber. Ob es am Ende auch zur Top-Platzierung beim Urnengang am 13. März reichen wird, bleibt abzuwarten.

Jene statistischen Fakten sind nicht Resultat einer aufwändigen Zählung, sondern finden sich auf der Webseite des halleschen Vereins „wahlinfo+“. Das Team von sachsen-anhalt-waehlt.de hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Landtagswahl samt Kandidaten und Parteien so transparent wie möglich zu machen. Dazu gehöre auch der Blick in die Wahlprogramme, erklärt Initiator und Vereinsvorstand Stefan Weißwange.

Zurück zu den eigentlichen Wahlprogrammen. Dass die Bündnisgrünen bei ihren 76 Seiten mit den Kapiteln „Umwelt und Tiere schützen – Erneuerbare nützen“ und „Klasse statt Masse in der Landwirtschaft“ einsteigen, dürfte kaum überraschen. Die Grünen verstehen sich als „frischer Wind im Land“. Die bislang mitregierende SPD sieht mehr Potenzial: „Es ist Zeit für einen neuen Aufbruch: Sachsen-Anhalt kann mehr“, ist ihr Programm überschrieben. Der Koalitionspartner CDU setzt auf Kontinuität: „Klare Verhältnisse – keine Experimente“. Die AfD, die sich als „die Stimme der Bürger“ sieht, titelt „Wir für unsere Heimat“. Die Linke sieht in Sachsen-Anhalt „Ein Land zum Leben. Ein Land zum Bleiben“. Und die Liberalen bringen es so auf den Punkt: „Sachsen-Inhalt. Machen wir was draus!“

Doch was bewegt die Wähler und ist maßgeblich bei ihrer Wahlentscheidung? Wirtschaft und Arbeitsplätze? Die touristische Entwicklung, gerade im Harz? Umweltschutz und Energiepolitik? Hochwasserschutz? Oder vielleicht die gerade vielerorts diskutierte Frage von Kinderbetreuungsgebühren?

Die Liberalen beklagen hier, dass das Land bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf an Boden verloren habe. Das neue Kinderförderungsgesetz (Kifög) habe die Elternbeiträge explodieren lassen. „Diese Entwicklung werden wir rückgängig machen“, heißt es. Obendrein will die FDP flexiblere Öffnungszeiten.

Die SPD will alle Tagesstätten zu Kinder- und Elternzentren entwickeln. Die Öffnungszeiten sollen erweitert und den Eltern ermöglicht werden, die garantierte Betreuungszeit von bis zu zehn Stunden flexibel zu nutzen. Außerdem wollen die Sozialdemokraten Schließzeiten in Schulferien abschaffen. Und: „Wir werden verhindern, dass die Eltern unangemessen hoch an den Kosten beteiligt werden und kommunale Haushaltsengpässe die Kommunen dazu zwingen.“

Für die Grünen soll sich jede Familie einen Kitaplatz leisten können – die Gebühren sollen nach Einkommen gestaffelt und gedeckelt werden. Bei den Öffnungszeiten soll mehr Flexibilität her.

Die CDU will Vorgaben des Landesverfassungsgerichts bis Ende 2017 umsetzen. Bundesmittel sollen die Eltern entlasten helfen. Und die CDU verspricht: Ohne Mehrbelastungen für Landesetat und Kommunen soll das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt werden.

Die AfD plädiert für eine Wahlfreiheit zwischen Kita und häuslicher Betreuung. Geht es nach ihr, soll der Besuch von Kindereinrichtungen ab viertem Lebensjahr kostenlos sein.

Die Linken gehen nicht weiter ins Detail. Sie fordern Betreungssicherheit für junge Familien und nach dem Motto „Kurze Beine – Kurze Wege“ die wohnortnahe Betreuung.

Wenn die Harzer die Wahlprogramme durchforsten, dürfte automatisch die Frage nach Aussagen über die Region in den Mittelpunkt rücken. Wer auf viele konkrete Aussagen hofft, dürfte enttäuscht werden. Vor allem die Bündnisgrünen gehen etwas ins Detail.

Sie wollen das Biosphärenreservat Karstlandschaft-Südharz unter einen höheren Schutz als Unesco-Biosphärenreservat stellen. Dass sie die Rückkehr von Wolf und Luchs im Land und im Harz begrüßen, wird kaum überraschen. Sie wollen von Wildschäden betroffene Tierhalter unbürokratisch und ausreichend entschädigen.

Und die Grünen werden auch grundsätzlich. Im Nationalpark Harz sehen sie eine Erfolgsgeschichte. Dies dürfe nicht mit Infrastrukturprojekten aufs Spiel gesetzt werden. Und: Tourismusregionen wie der Harz müssten stärker länderübergreifend kooperieren.

In punkto Südharz-Karstlandschaft sind sich die Grünen übrigens mit den Linken und der SPD einig. Ansonsten treten die Linken für sanften, naturnahen Tourismus ein und verweisen auf den Harz.

Die CDU verweist auf die erfolgreiche touristische Entwicklung des Landes, sieht hier den Harz als wichtige Komponente und will dies fortsetzen. Die SPD will das Heineanum in Halberstadt zum international anerkannten Kompetenzzentrum für Greifvögel entwickeln.

Wer freilich konkrete Fakten zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen im niedersächsischen Westharz sucht, wird – abgesehen von den Grünen – eher enttäuscht.

Die Kinderbetreuung und das Schwerpunktthema Harz – zwei aus den Wahlprogrammen herausgepickte Facetten. Es gibt weit mehr Themen, die im Land aktuell diskutiert werden oder in der Zukunft mehr und mehr in den Fokus rücken: Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, moderne Datennetze samt Breitbandversorgung sowie der öffentliche Nahverkehr sind nur einige Beispiele.

Wer es genau wissen möchte, sollte die Programme der Parteien unter die Lupe nehmen. Hilfreich ist dabei die Plattform sachsen-anhalt-waehlt.de. Dort finden sich nicht nur die Programme, sie können auch nach Stichworten durchforstet werden. Obendrein will das Team um Stefan Weißwange bis Anfang März die Programme nach Schwerpunkten miteinander vergleichen.