Katastrophenschutz Mit und ohne Sirene

Nach der Flutkatastrophe im Westen ist eine Debatte zur Warnung der Bevölkerung mittels Sirenen hochgekocht. Wie steht es um die Sirenen in der Stadt Osterwieck?

Von Mario Heinicke 30.07.2021, 15:08
Das ist die neue elektronische Sirene in Lüttgenrode.
Das ist die neue elektronische Sirene in Lüttgenrode. Foto: Heinicke

Stadt Osterwieck - Feuerwehr

Dass der Katastrophenschutz in den Hochwassergebieten ungenügend funktioniert habe, darüber wird auch mehr als zwei Wochen nach den Unwettern in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz noch debattiert. Überflutungen sind auch im Raum Osterwieck eine allgegenwärtige Gefahr. Vor allem durch die Ilse, die 1994 und 2002 enorme Schäden anrichtete. Manchmal sind es aber auch nur lokale Unwetterereignisse, wenn etwa das Wasser vom Fallstein herunterläuft und die Osterwiecker Gräben überflutet, wenn der Goldbach in Wülperode übers Ufer tritt oder Regen auf frostigen Boden trifft und Schlammlawinen auslöst, wie beispielsweise schon in Bühne und Osterode erlebt.

Aus 20 Ortschaften setzt sich die Stadt Osterwieck zusammen. Sie verfügen über insgesamt 19 Sirenen, wie aus einer Übersicht der Stadtverwaltung hervorgeht. Was zeigt, dass die Kommune nicht schlecht aufgestellt ist, es aber dennoch Lücken gibt. Zumal die Dörfer Rhoden und Schauen über jeweils zwei Sirenen verfügen.

Keine Sirenen sind unterdessen in Rimbeck, das aber unmittelbar an Bühne grenzt und eine gemeinsame Feuerwehr hat, im kleinen Sonnenburg sowie in der Kernstadt Osterwieck installiert.

Die Osterwiecker hören bei Feuerwehreinsätzen zwar regelmäßig Sirenen, es sind aber diejenigen der Nachbardörfer. Die Einsatzkräfte werden in Osterwieck nur über persönliche Funkmeldeempfänger alarmiert.

Der zuständige Fachbereichsleiter in der Stadtverwaltung, Detlef Schönfeld, berichtete, dass die Standorte der Sirenen schon in der 2015 erstmals aufgestellten Brandschutz-Risikoanalyse und -Bedarfsplanung in den Fokus gerückt worden seien. Bei 16 der 19 Sirenen handelt es sich um Motorsirenen vom Typ E57, teils aus DDR-Zeiten, teils nach der Wende beschafft. Hinzu kommen drei elektronische Sirenen. Die erste wurde 2012 in Schauen installiert, Osterode hat eine, und im vergangenen Jahr bekam Lüttgenrode solch eine modernes Teil. Es wurde samt Mast vor dem Kindergarten aufgebaut.

Der Vorteil: Diese Sirenen laufen dank Batterie auch bei Stromausfall, außerdem wären Durchsagen möglich, erklärte Detlef Schönfeld.

Planungen für Kernstadt

Dennoch: Fast ein Drittel der Einwohner aus der Einheitsgemeinde lebt in der Kernstadt Osterwieck selbst, kann bisher also nicht durch Sirenenalarm erreicht werden.

„Für Osterwieck laufen gegenwärtig Untersuchungen“, berichtete der Fachbereichsleiter. Begutachtet werden dabei drei Standorte: das Rathaus am Markt, das Bauhofgelände an der Hornburger Straße sowie die Bahnhofstraße. Wenn im September die Stadtratsgremien ihre Arbeit wieder aufnehmen, werde das darüber beraten.

Bei diesen drei Standorten handelt es sich um kommunales Eigentum. Das ist auf den Dörfern nicht überall der Fall. In Deersheim und Rhoden befinden sich die Sirenen noch auf privaten Wohnhäusern. „Wir wollen die Sirenen von Privathäusern runterholen“, nannte Schönfeld das Ziel.

Es werden also noch weitere Investitionen anstehen. Auch in Rohrsheim, wo mit dem bald fertig werdenden Feuerwehrhaus die Sirene dorthin umzieht. Ebenfalls für den kleinsten Ort Sonnenburg, der nur 50 Einwohner zählt und keine Feuerwehr hat, sei eine Sirene zum Bevölkerungsschutz ins Auge gefasst.

Kostenpunkt abhängig vom Installationsaufwand übrigens jeweils um die 15.000 bis 20.000 Euro.

Bisher, bestätigte Detlef Schönfeld, werden die Sirenen nur zum Alarmieren für die Feuerwehren ausgelöst. Was über die kreisliche Einsatzleitstelle entsprechend der Ausrückepläne erfolgt.

Die Bedeutung der Töne

Damit die Bevölkerung in Katastrophenfällen gewarnt werden kann, müsste sie allerdings auch wissen, was welche Sirenentöne bedeuten. Schon jetzt ist freitags um 18 Uhr regelmäßig ein einmaliges Aufheulen zu hören – das Zeichen für Probealarm. Schwillt der Ton dreimal auf und ab, ist Feueralarm. Ein dreiminütiger gleichbleibender Dauerton kennzeichnet eine nahende Gefahr, ein einminütiges Auf und Ab beschreibt akute Gefährdung, ein gleichbleibender Dauerton für eine Minute gibt Entwarnung.

Durchsagen aber sind eben nur mit den elektronischen Sirenen möglich. Ansonsten müssten im Fall der Fälle Lautsprecherwagen durch die Straßen fahren. Über ein derartiges Fahrzeug verfüge die Stadt nicht, informierte Detlef Schönfeld. Mobile Lautsprecherdurchsagen kurzfristig zu organisieren, wäre aber nach seiner Einschätzung kein Problem.

Mit dem für Osterwieck geplanten neuen Feuerwehrhaus wird auch für den Katastrophenschutz weiter vorgesorgt. Mit Büroflächen zum Beispiel für die Arbeit des Krisenstabes, außerdem Stellplätzen für Technik und Gefahrgut.

„Wir sind im Brandschutz gut aufgestellt“, sagte der Fachbereichsleiter auch vor dem Hintergrund, dass die Details für die Bestellungen eines Drehleiterfahrzeugs für Osterwieck sowie Löschfahrzeugen für Rohrsheim und Zilly Anfang Juli mit dem Land abgesprochen wurden. 2022 sollen sie ausgeliefert werden.

Rohrsheimer Feuerwehrleute sind mit ihrer Feldküche als Versorgungszug des Katastrophenschutzes übrigens seit Donnerstag selbst im westdeutschen Überflutungsgebiet im Einsatz. Darüber hinaus, so Schönfeld, seien bereits 25 Feuerwehrleute aus der Einheitsgemeinde dort zur Unterstützung der Aufräumarbeiten gewesen. Montag werde die nächste Feuerwehrtruppe gen Westen ausrücken.