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Modellflug Jungfernflug mit Hindernissen

Ein Modell des Doppeldeckers „Halberstadt" steigt in Blankenburg in die Lüfte. Der Jungfernflug glückt trotz wackeliger Landung.

Von Sandra Reulecke 19.07.2016, 01:01

Blankenburg/Halberstadt l Schrecksekunde in Blankenburg: Bei der Landung gerät das Modell des in Halberstadt gefertigten Doppeldeckers LC IV auf der weichen Grasnarbe ins Stolpern. Es kommt auf dem Rücken zum Liegen. Doch nach kurzer Begutachtung steht fest: Kein Schaden. Aufatmen. Die Maschine ist heil geblieben. Mit Beifall werden die erleichterten Helfer von den Zuschauern begrüßt.

Damit ist der Jungfernflug des Modells im Rahmen des Freundschaftstreffens des Modellflug-Clubs in Blankenburg endlich geglückt. Gespannt verfolgten einige Halberstädter Gäste unterhalb des Regensteins die Premiere. Bis in eine Höhe von rund 100 Metern schraubte sich die „Frie-Wi“ Maschine und zog über die rund einen halben Kilometer lange Bahn einige Runden.

Bereits zu Pfingsten sollte das Modell den Luftraum über Blankenburg erstmalig erkunden. Doch Sturm verhinderte den Aufstieg. Damals blieb es bei einem Probestart des Motors und der Flugzeugtaufe mit Sekt auf den Namen „Frie-Wi“. Dieser leitet sich übrigens von den Vornamen Friedrich-Wilhelm Schröters ab. Der Alt-Halberstädter beschäftigt sich seit Langem mit der Flugzeugwerk-Geschichte Halberstadts. Vielen Halberstädtern, vor allem den jüngeren, sei gar nicht mehr bewusst, dass die Stadt einst einen Namen im Flugzeugbau hatte, erläuterte Schröter bereits im Frühjahr seine Intention.

Die Halberstädter Flugzeugwerke sind einst aus einem Zusammenschluss von einer deutschen und einer britischen Firma hervorgegangen, ergänzte Werner Hartmann. Auch der Ortschronist ist von diesem Teil der Halberstädter Geschichte fasziniert. Das Werk habe sich auf dem heutigen Gelände der Zast an der Friedrich-List-Straße befunden. Zwischen 1912 und 1919 seien rund 1000 Doppeldecker-Flugzeuge gebaut worden. Heute sind noch drei Maschinen vom Typ Halberstadt im Original zu besichtigen: Im Berliner Museum für Verkehr und Technik sowie in den USA, in Washington und Dayton/Ohio.

Und nun – dank des Engagements von Schröter und Hartmann – auch wieder in Halberstadt, zumindest als Modell. Dafür benötigten sie jedoch die Hilfe von jemanden, der technisch versiert ist. Der Blankenburger Reiner Oelschläger erklärte sich letztlich bereit, ein flugfähiges Modell mit 1,3 Meter Spannweite, mit einem Vier-Takt-Motor und Funkfernsteuerung zu bauen. „Vor allem das Bekleben der Kunststoffverspannung war nicht einfach“, berichtete er. Etwa 60 Stunden lang arbeitete er insgesamt an dem Modell.

Alle Steuerungen funktionieren wie im Original – Querruder, Seiten- und Höhenruder. Der Sechs-Kubikzentimeter-Motor kommt auf 1,2 PS. Dabei muss vor allem bei Start und Landung eine exakte Steuerung der Drehzahl beachtet werden.

Beim Jungfernflug ist dies die Aufgabe Thomas Oelschläger gewesen. Sein Vater, Reiner Oelschläger, war zu sehr mit der Organisation des Freundschaftstreffen der Modellflieger beschäftigt und überließ deshalb seinem Sohn die Ehre. Unterstützt wurde dieser von Henrik Dombrowski vom Aero-Club Wolfsburg. Gemeinsam bereiteten sie den Start vor: Mit 250 Kubikzentimeter Spezial-Äthanol betankt, mussten der Motor und seine Steuerung überprüft sowie die dem Original nachgebaute Lenkung getestet werden.

Währenddessen blickten die Organisatoren des Blankenburger Freundschaftstreffens noch recht skeptisch auf den Windmesser. Doch nach und nach konnten die ersten Maschinen starten. Nachbauten von Passagiermaschinen und Düsenjäger mit einer Spannweite von teilweise über zwei Metern gingen in die Luft.

Nach dem geglückten Premierenflug darf Friedrich-Wilhelm Schröter das Modell nun für einige Wochen mit nach Hause nehmen. „Im September wird das Halberstadt-Flugzeug seinen Ehrenplatz im Städtischen Museum finden“, kündigte er an. Gemeinsam mit Werner Hartmann werde dazu ein Vortrag zur Geschichte des Flugzeugbaus in Halberstadt vorbereitet.

Den beiden Halberstädtern ist es auch zu verdanken, dass seit 2004 ein Lufthansa-Jet den Namen „Halberstadt“ trägt. Die zweistrahlige Maschine vom Typ Canadair Jet CRJ 700 wird in Europa im Kurzstreckennetz eingesetzt. Das damals für das Rathaus spendierte Modell soll neben der historischen „Halberstadt“ seinen Platz im Museum finden.