Ehemalige Bewohner des Hillersleber Kasernenkomplexes treffen sich zur Gesprächsrunde Nach Einmarsch der US-Truppen waren die Wohnungen in 15 Minuten zu verlassen
Der Abriss der Gebäude auf dem ehemaligen Kasernenkomplex bei Hillersleben schreitet planmäßig voran. Jetzt trafen sich Menschen, die bis zum Einmarsch der Amerikaner im Jahr 1945 dort wohnten.
Hillersleben l Hobbyhistoriker Klaus-Peter Keweloh ist immer für eine Überraschung gut. "Es gibt immer weniger Menschen, die aus eigenem Erleben über die Geschichte der früheren Heeresversuchsanstalt berichten können", begründete Keweloh, warum er zu einer interessanten Gesprächsrunde eingeladen hatte.
In Kewelohs kleines heimatgeschichtliches Museum war auch Renate Henke gekommen. "Mein Vater ist 1937 aus Berlin nach Hillersleben versetzt worden", erzählte sie. Damals seien Waffenspezialisten aus ganz Deutschland in Hillersleben zusammengezogen worden. Renate Henke erinnert sich auch noch ganz genau an das abrupte Ende ihrer Hillersleber Zeit. "Als die Amerikaner die Überlebenden des KZ-Zuges, der bei Farsleben liegengeblieben war, nach Hillersleben brachten, mussten wir innerhalb von 15 Minuten unsere Wohnungen verlassen." Erst 1994, als die letzten Soldaten der Roten Armee den Kasernenkomplex geräumt hatten, bekam Renate Henke Gelegenheit, ihr früheres Zuhause noch einmal zu betreten. "Inzwischen ist das Haus aber abgerissen", sagte sie nicht ganz ohne Wehmut.
Ähnlich erging es Bernd Feuckert. "Mein Vater hat in der Artilleriewerkstatt gearbeitet. Zu dieser Zeit waren in der Heeresversuchsanstalt etwa 2000 Zivilangestellte beschäftigt", berichtete Feuckert. Als damals Sechsjähriger hat er miterlebt, wie auch seiner Familie nur eine Viertelstunde blieb, um Hillersleben zu verlassen. "Wir sind dann zunächst in Neuenhofe und später in Haldensleben untergekommen", so Bernd Feuckert.
"Mein Vater ist erst 1949 aus der Gefangenschaft zurückgekommen."
Wilfried Jaeck ist Jahrgang 1941. "Wir haben am Siegerplatz 1 gewohnt", weiß er noch ganz genau. Familie Jaeck fand nach der kurzfristigen Ausquartierung zunächst in Hillersleben-Siedlung Unterschlupf. "Mein Vater ist erst 1949 aus der Gefangenschaft zurückgekommen", erinnerte sich Wilfried Jaeck an eine schwere Zeit.
Viel gab es bei Kaffee und leckerem Kuchen von Monika Keweloh zu erzählen, aber auch viel zu sehen. Klaus-Peter Keweloh und sein Sohn Daniel haben ungezählte zeitgeschichtliche Dokumente über den einstigen Versuchsplatz und die spätere sowjetische Garnison zusammengetragen. So konnten die Besucher bei einer Multimediaschau die Geschichte des Areals, auf dem künftig umweltfreundlich Strom erzeugt werden soll, nachempfinden. Keweloh zeigte unter anderem Filme und Fotodokumente vom Versuchsbetrieb, bei dem in Hillersleben ausgefeilteste Vernichtungstechnik entwickelt wurde. Zu sehen waren auch Bilder vom Einmarsch der Amerikaner in Hillersleben, von einer Ju52, die in den letzten Kriegstagen abgeschossen wurde und auf dem Dahlenwarsleber Friedhof notgelandet war, oder von der Ankunft der ausgemergelten jüdischen Menschen in Hillersleben.
"Es ist uns auch gelungen, einen Zeitzeugen ausfindig zu machen, der das riesige Eisenbahngeschütz ,Dora\' mit bedient hat", informierte Keweloh. Er hat den ehemaligen deutschen Soldaten besucht. Der heute 93-Jährige schilderte eindrucksvoll den Einsatz des Ungetüms und das Grauen des Krieges. Diese authentischen Aussagen haben Daniel und Klaus-Peter Keweloh auf Video für die Nachwelt festgehalten.
Interessierte Gäste des Treffens bei Klaus-Peter Keweloh waren auch Hauptmann Thomas Herzog und Oberstabsfeldwebel Thomas Rückher vom Gefechtsübungszentrum der Bundeswehr. Beide pflegen schon seit Jahren eine gute Zusammenarbeit mit Hobbyhistoriker Klaus-Peter Keweloh. "Er hat uns sehr beim Aufbau unserer Ausstellung zur Geschichte des Platzes unterstützt", lobte der Oberstabsfeldwebel.