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Während Gemeinderäte Bürgernähe fordern, beharrt Bürgermeister Wille auf Ämterzentralisierung Nach hitziger Debatte ist keine Lösung für die Außenstelle Calvörde in Sicht

Von Anett Roisch 24.04.2013, 03:13

Trotz Vereinbarung zur Kommunalreform steht die Außenstelle der Verwaltung in Calvörde fast leer. Mit dieser Situation wollen sich die Gemeinderäte nicht zufrieden geben. Während die Räte Bürgernähe fordern, setzt Verbandsgemeindebürgermeister Jürgen Wille weiter auf eine Zentralisierung der Fachämter.

Calvörde l "Das Thema Außenstelle und im Besonderen die Organisation der Verwaltung bewegt uns Calvörder seit längerem außerordentlich", sagte Calvördes Bürgermeister Volkmar Schliephake (CDU) am Montagabend in der Sitzung des Calvörder Gemeinderates. Schliephake blickte zurück: "Für zehn Jahre wurden die Verwaltungsleistungen der Außenstellen im Gebietsänderungsvertrag schwarz auf weiß festgeschrieben. In der Realität wurden aber Mitarbeiter abgezogen. Nur ein Bürgerbüro ist übriggeblieben. Eine Mitarbeiterin soll alle Bürgerwünsche entgegegen nehmen, beantworten oder weiterleiten." Das habe mit Qualität nichts zu tun.

Jürgen Wille (parteilos), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Flechtingen, nahm Stellung. "Die Gebietsänderungsvereinbarung sollte eine gewisse Eigenständigkeit der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaften zum Ausdruck bringen. Aber der landespolitische Wille war ein anderer, nämlich leistungsfähige, effektive Kommunalstrukturen zu schaffen. Das Ministerium sagt eindeutig, dass die Organisation der Verwaltung eine Aufgabe des Bürgermeisters als Leiter der Verwaltung ist", betonte Wille. Seine Aufgabe sei es, dass die Verwaltung effektiv arbeitet und den Ansprüchen der Bürger gerecht wird.

"Diese Verwaltung muss einfach kostensparender arbeiten, um den Gemeinden auch einen finanziellen Spielraum zu geben. Wir wissen alle, dass die Umlagen an den Landkreis und an die Verbandsgemeinde einen nicht unerheblichen Teil des Haushaltsvolumens einer Gemeinde kostet. Wir sind angetreten, um die Strukturen effektiv zu gestalten und um möglichst mit weniger oder gleichem Personal die Aufgaben zu lösen", sagte Wille.

Die Mitarbeiter der Bürgerbüros in Flechtingen, Erxleben und Calvörde sollen die direkten Ansprechpartner für die Bürger sein. Den fachlichen Hintergrund würden die Mitarbeiter der Fachämter geben. Und diese müssten an einem Ort sitzen, um die Probleme lösen zu können. "In den alten Strukturen ist den Mitarbeitern die Arbeit über den Kopf gewachsen. Unsere neuen Aufgaben können nur im Team bewältigt werden. Das ist der einzig richtige Weg", ist sich Wille sicher.

Das bestätigte auch Ursula Genz, Leiterin des Bauamtes: "Ich kann kein Amt mit so einem Arbeitspensum leiten, wenn ich noch Leute in Erxleben und Calvörde zu sitzen habe. Das funktioniert nicht." Das gesamte Bauamt nach Calvörde zu verlegen, wäre ihrer Ansicht nach eine Möglichkeit gewesen. "Aber wenn ich dann die Gemeinde Ostingersleben, Morsleben und Beendorf sehe, dann sind das auch große Entfernungen." Sie habe auch kein Problem damit, bei vorherigen Terminabsprachen Mitarbeiter zu Bürgern, die bestimmte Fragen haben, in die Außenstellen zu schicken. "Wir befinden uns noch in der Umstrukturierung. Das muss noch wachsen", sagte sie.

"Wenn Fachwissen gebündelt vor Ort vorhanden ist, lassen sich Fragen der Bürger umfassender beantworten", ergänzte Michael Schneidewind, Leiter der Kämmerei.

"Auch eine dezentrale Verwaltung kann effizient arbeiten", entgegnete Schliephake und meinte, das sei eine Frage der Organisation. Bürger in den Ortsteilen Dorst, Klüden und Mannhausen würden seiner Ansicht nach wegen der langen Entfernungen nach Flechtingen und Erxleben schlechter gestellt als alle anderen Bürger der Verbandsgemeinde. "Calvörde zahlt mit über 20 Prozent der Gesamtumlage aller Gemeinden die höchste Umlage für die Verwaltung - das ist über eine Million Euro", so Schliephake. "Auch der Bürger in Ostingersleben ist an der Finanzierung der Verwaltung beteiligt. Es ist nicht die Verwaltung der Gemeinde Calvörde", betonte Wille.

Gemeinderat Wolfgang Lindner (CDU) erinnerte sich: "Jürgen Willes Wahlversprechen lautete, dass der Standort zehn Jahre erhalten bleibt. Jetzt haben wir mit dem Bürgerbüro nur noch einen Einpersonenhaushalt." Schliephake ergänzte: "In Calvörde stehen die Räume der Verwaltung leer, während in Flechtingen neue Büros ausgebaut wurden. Wie sollen wir das dem Steuerzahler erklären?"

Gemeinderat Gerhard Reinecke (CDU) meldete sich zu Wort: "Wir haben vor ein paar Jahren ein nagelneues behindertengerechtes Verwaltungsgebäude in Calvörde gebaut. Dieses Gebäude funktioniert und steht leer. Aber wie sieht das Haus in Flechtingen aus? Müssen wir in den nächsten Jahren Aufwand betreiben, um das Gebäude verwaltungstechnisch herzurichten?" Darauf bekam er keine Antwort. "Wir haben aus der Zeitung erfahren, dass zum 1. Mai wieder eine Mitarbeiterin den Standort Calvörde verlässt. Das ist doch keine Art und Weise, wie wir miteinander umgehen", so Reinecke.

Gemeinderat Hartmut Sonnenschein (FWG) befürchtet zunehmende Politikverdrossenheit: "Wie soll man den Bürgern vermitteln, dass die Vereinbarung zur Außenstelle zwar beschlossen wurde, aber doch nicht zählt."

Gemeinderat Hubertus Nitzschke (FWG) stellte fest: "Im Moment ist das Verhältnis zwischen Flechtingen und Calvörde so schlecht wie die Straße zwischen den Orten." Einmal in der Woche müsste der Bürger in Calvörde alle Ämter erreichen können. Gemeinderat Volker Preetz (FWG) dazu: "Wir fühlen uns getäuscht. Es ist nicht fair gegenüber den Bürgern, jetzt zu sagen, dass das sanierte Gebäude in Calvörde radikal herunter gefahren wird."

Wille schlug vor, mit Hilfe eines Gebäudemanagements die Räume zu vermieten. "Es geht nicht darum, irgendwelche Räumlichkeiten mit Mitarbeitern zu belegen. Das hilft uns nicht."

Schliephake resümierte: "Wir haben offensichtlich unterschiedliche Auffassungen vom Verwaltungsangebot. Wir erkennen noch keine Kompromissbereitschaft. Unsere Forderungen laufen ins Leere. Aber wir müssen uns an einen Tisch setzen und versuchen, ein Stück weiter zu kommen."