1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Ärger zum zehnjährigen Jubiläum

Nationalpark Harz Ärger zum zehnjährigen Jubiläum

Vor zehn Jahren wurde der Nationalpark Harz gegründet. Zum Jubiläum könnte die Festlaune wegen eines Seilbahnprojekts getrübt werden.

Von Dennis Lotzmann 07.01.2016, 00:01

Wernigerode/Goslar l Ein unfreundlicher Akt. Zu dieser Floskel würden wohl Diplomaten greifen, um auf die Pläne, die im Harzresort Torfhaus geschmiedet werden, zu reagieren. Es geht schließlich um nichts Geringeres als die Idee des Baus einer Seilbahn von Torfhaus rauf zur Brockenkuppe, die die Lüder-Investorengruppe aus Hildesheim seit Jahren verfolgt und die sie immer mal wieder in die Öffentlichkeit manövriert.

Erst vor wenigen Tagen wieder, als Harzresort-Geschäftsführer Frank Wodsack über Ausbaupläne für das Torfhaus-Resort plauderte und seinen Seilbahn-Traum ins Spiel brachte. Eine Bahn von Torfhaus hinauf zum mit 1141 Metern höchsten Gipfel im Norden wäre praktisch das Nonplusultra für den Tourismus im Harz, so der Unternehmer jüngst.

Was Wodsacks Geschäftsführer-Kollege Hannes Mairinger bestätigt: „Wir halten das für äußert verlockend, das wäre für die gesamte Harzregion ein unglaubliches Ding.“

Ein „unglaubliches Ding“, das freilich sensibelste Bereiche des Nationalparks Harz tangieren würde. Zwar gehören das Harzresort und die Wohnbebauung in Torfhaus nicht zum Terrain des Nationalparks, sie werden von dem Schutzgebiet jedoch umschlossen. „Eine Seilbahn von dort zum Brocken würde zu 99,9 Prozent durch den Nationalpark führen, zum allergrößten Teil sogar durch die Kernzone“, bestätigt Parksprecher Friedhart Knolle.

Soll heißen: Tangiert würde eben jene besonders schützenswerte Kernzone, in der der Grundgedanke des Nationalparks, die Natur uneingeschränkt sich selbst zu überlassen, umgesetzt wird. Deshalb sorgen die Seilbahnpläne der Lüder-Gruppe nicht nur allenthalben für Kopfschütteln, sondern stoßen auf breite Ablehnung. Wenige Tage vor dem Nationalpark-Jubiläum erneut öffentlich aufgewärmt, könne man darin gar einen Affront sehen, formuliert es ein Insider gänzlich undiplomatisch.

Schlichtweg „entsetzt“ über die Pläne zeigt sich auch Werner Grübmeyer. Der 89-Jährige ist seit Gründung des gemeinsamen Nationalparks Harz Vorsitzender des Beirates. Die Mitglieder des rund 40-köpfigen Gremiums begleiten die Arbeit der Nationalpark-Leitung. Grübmeyer, der beim heutigen Festakt in der Kaiserpfalz nach Nationalpark-Chef Andreas Pusch und Goslars Oberbürgermeister Oliver Junk (CDU) und noch vor den beiden Ministerpräsidenten ans Rednerpult treten wird, ist quasi einer der Väter des länderübergreifenden Nationalparks.

Schon vor der Fusion der Nationalparke „Harz“ in Niedersachsen und „Hochharz“ in Sachsen-Anhalt leitete Grübmeyer den Beirat im niedersächsischen Teil. Mittlerweile sieht der 89-Jährige den Nationalpark-Gedanken erreicht: „Wir haben damals für die Fusion und das Motto ,Natur Natur sein lassen‘ gekämpft“, erinnert sich der langjährige Beiratschef. „Nun eine Seilbahn mitten durch eben diese Kernzone zu schlagen, konterkariert den Nationalpark-Gedanken“, stellt Grübmeyer klar.

Deshalb werde er alles unternehmen, um dieses Projekt zu verhindern. Den Nationalpark-Beirat wisse er dabei hinter sich, sagt der 89-Jährige, der seine Verärgerung nicht zu kaschieren sucht. Bislang hätten die Investoren vom Torfhaus-Resort mit Blick auf ihre Seilbahn-Pläne noch nicht einmal das Gespräch mit dem Beirat gesucht. „Dabei wäre das ein Akt der Höflichkeit gewesen“, so Grübmeyer. Darüber öffentlich zu fabulieren und sogar schon Projekte zu entwickeln, spreche für sich. Und Grübmeyer zieht ein klares Fazit: „Ich bin sicher, dass das nichts wird. Alles, was dafür investiert wird, ist rausgeschmissenes Geld.

„Sehr kritisch“ wird das Projekt auch im sachsen-anhaltischen Umweltministerium gesehen. Planungen für eine Seilbahn zur Brockenkuppe widersprächen dem Kerngedanken des Nationalparks, betont Ministeriumssprecherin Jeanette Tandel. Im Harzer Nationalpark werde eine naturbelassene Entwicklung angestrebt – „die vorgestellten Pläne sind mit den Schutzzwecken nicht vereinbar“, heißt es.

Noch deutlicher wird Regierungssprecher Matthias Schuppe: „Sowohl die Landesregierung als auch Ministerpräsident Reiner Haseloff persönlich lehnen das Projekt ganz klar ab.“ Abgesehen von den Umwelt- und Naturschutzgesichtspunkten seien auch wirtschaftliche Probleme – beispielsweise für die Brockenbahn – denkbar, erinnert er. Ähnlich ablehnende Signale habe man aus Niedersachsen vernommen. Schuppe: „Von Torfhaus aus gelangt man wunderbar hinauf auf den Brocken – als Wanderer.“