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Naturschutz Der Huywald ist in Gefahr

Klare Worte haben besorgte Bürger mit Blick auf die aktuellen Zustände im Huywald gefunden. Sie sehen den Wald - ihren Wald - in Gefahr.

Von Ramona Adelsberger 10.03.2018, 00:01

Eilenstedt l Benno Alexander Flume hat in der jüngsten Sitzung des Fördervereins „Zwischen Huy und Bruch“ Alarm geschlagen und die anwesenden Mitglieder mit aktuellen Fotos geschockt: „Die Wege sind kaum noch begehbar“, berichtete er und belegte das mit Bildern der völlig zerfahrenen Wege. Etliche Wegweiser, die der Verein zur Orientierung der Wanderer angebracht hat, seien kaputt oder verbogen. Die Bilder zeigten auch die hoch aufgeschichteten Stämme entlang der Wege – das Ergebnis der eingefahrenen Holzernte des Forstes.

Dieser Anblick und die kaum noch nutzbaren Wanderwege sind für die Vereinsmitglieder nur schwer zu ertragen. Daher avancierte der aktuelle Zustand des Waldes zum Hauptthema dieser Sitzung, in der die Emotionen sprichwörtlich hoch kochten. Immerhin gehe es hier – nach Meinung der Anwesenden – um eine systematische Zerstörung des bislang gesunden Waldbestandes.

Mit ihrer zuweilen heftig formulierten Kritik standen die Vereinsmitglieder an diesem Abend allerdings zunächst allein. Der zuständige Revierförster Alexander Schulze, der zu dieser Sitzung eingeladen worden war, hatte sich aus persönlichen Gründen kurzfristig entschuldigt. So blieb es bei einer – zunächst – einseitigen Bestandsaufnahme.

Und die hatte es in sich. Wilfried Helmecke sprach sogar von einem „wahren Desaster“, das der Landesforst im Wald hinterlassen habe. Er habe die Arbeiten des Forstes beobachtet und sei entsetzt, berichtete der Huy-Neinstedter.

„Alle 20 Meter hat der Forst Schneisen von wenigstens vier Metern Breite hinterlassen, in denen sogar alle Jungbäume verschwunden sind.“ Nun liege das gefällte Holz fein säuberlich aufgestapelt am Wegesrand und locke viele Leute an, die sich an Ort und Stelle ihr Brennholz mit der Kettensäge vom Stapel runterschneiden. Diese Leute, so Helmecke, hätten zwar meist einen Entnahmeschein für Holzbruch, bedienten sich jedoch am Holz, das für den Verkauf bestimmt sei, habe er mehrfach beobachtet.

„Wer nun denkt, dass sich der Wald wieder erholen wird, der irrt“, betonte Wilfried Helmecke. Er wartete mit einigen Fakten auf, die sehr nachdenklich machten. „Eine Buche muss wenigstens 60 Jahre alt sein, damit sie Samen produziert.“ Bei einer Eiche sei das ab dem 40. Jahr der Fall. Laut Richtlinie sollten 50 bis 80 dieser Erntebäume auf einem Hektar Wald stehen. „Wir haben im Huy mittlerweile viele Flächen, wo nur noch bis zu 15 reife Erntebäume stehen“, schimpfte Helmecke. Das sei viel zu wenig, damit sich der Wald gesund regenerieren könne.

Er habe bereits Verantwortliche aus der Politik angesprochen und auf das Thema Huywald aufmerksam gemacht. „Wir müssen uns mit allen Kommunen und Vereinen rund um den Huy zusammentun, um mit einer Stimme zu sprechen, forderte er. Dazu sollten unbedingt auch die Athenstedter, Aspenstedter, Sargstedter und Ströbecker gehören. „Der Huy geht uns alle an.“

Ingund und Olaf Wegewitz aus Huy-Neinstedt sind Gründungsmitglieder der Harzgruppe des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND). „Wir beobachten das schon lange“, bestätigte Olaf Wegewitz. So schlimm wie jetzt sei es allerdings bisher noch nie gewesen. „Unser Wald verschwindet.“ Seit 1985 habe der BUND insgesamt einen kontinuierlichen Rückgang des Bestandes an Altbäumen beobachtet.

„Wir wissen, dass der Forst eigenwirtschaftlich arbeiten muss und das Recht hat, das Holz zu ernten.“ Anderseits habe er auch die Pflicht, den Wald gesund zu halten und den Bestand langfristig zu sichern. „Und das scheint es nicht mehr gegeben“, so Wegewitz.

„Der BUND hat festgestellt, dass der Baumbestand mittlerweile um rund 60 Prozent reduziert wurde“, so Wegewitz. Dieses Ergebnis gelte neben dem Huy auch für den Fallstein und den Hakel, die ebenfalls auf der Liste der schützenswerten FFH-Gebiete lägen, wo Populationen von Rotmilan und Schwarzspecht leben. Diese seien mittlerweile gefährdet, weil der Bestand an Altbäumen zu stark zurückgehe. „Dabei gibt es verbindliche Regeln in Europa“, betonte Olaf Wegewitz. Doch diese würden in Deutschland unterlaufen.

„Wir müssen unbedingt etwas unternehmen, sonst geht uns der Huywald flöten“, fasste René Grimm vom Förderverein das Gehörte zusammen. „Was nützen uns gut ausgeschilderten Wanderwege, wenn wir uns um den Wald sorgen müssen?“ Am Ende avancierte diese Vereinssitzung zu einem dringenden Appell an alle Anrainer des Huywaldes und die für den Wald Verantwortlichen. „Wir müssen unbedingt alle an einen Tisch bekommen“, betonte Wilfried Helmecke und fand damit die Zustimmung aller Beteiligen.

Der Forst sollte Gelegenheit bekommen, sich zu diesen Vorwürfen äußern zu können. Auch die Politiker von Land und Bund müssten mit einbezogen werden, hieß es. Möglicher Termin für diese Zusammenkunft könnte die turnusmäßige Mitgliederversammlung des Fördervereins im Mai sein. Wegen der Brisanz dieses Themas sei jedoch auch ein anderer, möglicherweise früherer Termin denkbar. Auch die Volksstimme wird am Thema dranbleiben – am Freitag waren die Verantwortlichen für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.

Neben dieser Willensbekundung für ein dringendes gemeinsames Gespräch mit Huy-Anrainern und Verantwortlichen vom Forst gab es in der Sitzung noch einige Mitteilungen.

Das alljährliche Aufräumen des Huywaldes durch den Förderverein soll am Sonnabend, 21. April stattfinden. „Mit diesem Termin liegen wir erstmals vor dem Huy-Burgen-Lauf, der am 5. und 6. Mai auch durch den Huywald führen wird“, betonte Bernd Fuhrmeister. Ein genauer Treffpunkt und die Uhrzeit fürs große Aufräumen, zu dem auch alle freiwilligen Bürger, die mithelfen wollen, herzlich eingeladen sind, werde noch bekanntgegeben.

In der nächsten Sitzung des Vereins „Zwischen Huy und Bruch“ am Donnerstag, 12. April, soll es ab 19 Uhr vor allem um die geplante Starkstromtrasse, die Avacon von Wasserleben in Richtung Dingelstedt führen will, gehen. Zwei verschiedene Varianten sind dafür zur Zeit im Gespräch, viele Bürger befürchten, dass aus Kostengründen eine Freileitung gebaut werden könnte, durch die die Landschaft negativ verändert würde.

Daher rechnen die Vereinsmitglieder mit einer sehr großen Runde zu dieser Sitzung und weichen ins größere Dorfgemeinschaftshaus Eilsdorf aus.