Naturschutz Kampf um alte Bäume

Im Gutspark von Emersleben sind alte Bäume gefällt worden. Bürger fühlen sich übergangen.

Von Gerald Eggert 22.03.2017, 05:00

Emersleben l Zur Wahrung der Verkehrssicherheit und der Vermeidung von Gefahren wird der Baumbestand in der Stadt Halberstadt und ihren Ortsteilen regelmäßig von Mitarbeitern der Abteilung Stadtgrün kontrolliert. In einer zusätzlichen Baumschau widmen sich die Experten jenen Bäumen, bei denen eine Gefährdung vermutet wird, zusätzlich in kürzeren Abständen und entscheiden über notwendige Schritte. Auf dieser Grundlage wurden im Plan für die Saison Oktober bis Februar 102 Baumfällungen ausgewiesen, darunter befand sich eine 150-jährige Linde in der Straße Bauernreihe in Emersleben.

Als jedoch weitere Bäume im Ort der Säge zum Opfer fielen und fallen sollten, regte sich Protest. „Wir zweifelten an, dass die Fällung mehrerer Bäume unbedingt notwendig ist“, sagt Wolfgang Pardeike, „zumal wir an bereits abgesägten Stämmen keine oder nur geringe Schäden entdecken konnten.“ Daraufhin sei er vom 18. bis 21. Februar von Tür zu Tür gegangen, habe mit den Einwohnern Emerslebens gesprochen und 319 Unterschriften für den Erhalt der Bäume gesammelt, berichtet er.

Mit dieser Liste und einer Reihe von Argumenten begab sich Wolfgang Pardeike gemeinsam mit Rudolf Gonnermann und Henning Könnecke zur Februarsitzung des Ortschaftsrates, auf deren Tagesordnung unter anderem eine Abstimmung über die Fällung des Ahorns am Friedhof stand.

Die Möglichkeit der Bürgerfragestunde nutzend, habe sich zunächst Pardeike zu Wort gemeldet und nach den Gründen für die Fällungen gefragt. Zudem habe er, berichtete er jetzt, angemerkt, dass man schon seit Jahren mehr Wert auf Pflege hätte legen müssen, um den Bestand zu sichern. Er habe seine Befürchtung geäußert, dass künftig weitere Bäume, die dem Dorf zu jeder Jahreszeit einen gewissen Charakter geben, weichen müssten.

Nachdem Ortsbürgermeister Guido Spillecke (Freie Wählergemeinschaft) dem Redner das Wort entzogen hatte – laut Kommunalverfassung darf in der Einwohnerfragestunde nicht zu Themen der Tagesordnung gefragt werden –, meldeten sich Rudolf Gonnermann und Henning Könnecke zu Wort. Doch auch deren Einwände zu Fällungen fanden wenig Gehör, berichtet Pardeike. Ihnen sei entgegnet worden, dass es einen Baumbeauftragten im Ort gebe, der wisse, ob ein Baum gefällt werden muss oder nicht. Außerdem seien Neupflanzungen vorgesehen. „Die lange Unterschriftenliste fand keinerlei Beachtung“, sagt Pardeike. Nach einer heftigen Diskussion sei dann die Abstimmung über die Fällung an der Ratsstraße mit vier Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen erfolgt.

„Wir haben unsere Meinung als Bürger eingebracht, uns um einen Kompromiss bemüht, doch leider nichts erreicht“, so Pardeike. „Wir haben weder Gutachten noch ein Protokoll gesehen“, ergänzt Rudolf Gonnermann.

Nicht nur bei ihm sei der Eindruck entstanden, dass die Meinung herrsche, alte Bäume sähen nicht schön aus und müssten deshalb durch neue ersetzt werden. „Diese Bäume haben Generationen überlebt, sie gehören zum Ortsbild. Die verschwundene Linde war einer der schönsten Bäume im Dorf. Sie war eine wahre Pracht, hat sehr schön geblüht und viele Bienen angelockt.“ Man hätte sie zurückschneiden können, sagt Gonnermann und unterstützt die von Wolfgang Pardeike geäußerte Kritik der vernachlässigten Baumpflege.

„Wir möchten ein Umdenken bewirken im Ortschaftsrat. Wertvolles, das unser Dorf prägt, gilt es zu erhalten. Dazu gehören auch Bäume, insbesonders alte Bäume“, bekräftigt Henning Könnecke, „es wäre sinnvoll, das Geld für Pflege und Erhalt der Bäume auszugeben, anstatt die Säge anzusetzen.“ Die Drei wollen noch in diesem Jahr ein „grünes Zeichen“ setzen. Sie planen eine Spendensammlung für ein grünes Emersleben. Bei einer Ortsbegehung wurden bereits Plätze für Neuanpflanzungen ausgemacht, darunter zwei Linden. Gern akzeptiert das Trio auch Vorschläge von anderen Bürgern.

„Wir werden Bürger und Firmen ansprechen und Feste nutzen, um auf unser Vorhaben aufmerksam zu machen“, so Könnecke. Mit dem gesammelten Geld sollen Bäume gekauft und im Herbst gepflanzt werden. Von Jacqueline Dankwardt vom Stadt- und Landschaftspflegebetrieb Halberstadt (Stala), die bei der Ortsschaftsratssitzung anwesend war, habe er die Zusage, dass, wenn die vorgeschlagenen Plätze für Pflanzungen geeignet seien, eine Schachtgenehmigung ausgestellt werde.