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Naturschutz Magischer Ort an der Holtemme

Fast vergessen ist eine grüne Idylle vor den Toren Halberstadts. Vor 184 Jahren wurde in Mahndorf ein englischer Landschaftspark angelegt.

Von Jörg Endries 24.09.2017, 01:01

Mahndorf l Verschlungene Pfade, uralte Baumriesen, dazwischen Wildwuchs, Reste einer Familienbegräbnisstätte, Lichtungen, Wiesen, auf denen Baumgruppen stehen, bezaubernde Licht- und Sichtachsen öffnen sich dem Betrachter, die Holtemme schlängelt sich in der Sonne glitzernd durch dieses ­Ensemble. Die grüne Idylle vor den Toren Halberstadts ist fast in Vergessenheit geraten. Weitgehend verborgen – zumindest auf den ersten Blick – wartet ein englischer Landschaftspark am Gut Mahndorf darauf, aus einem über 70-jährigen Schlaf geweckt zu werden. Nicolaus von Löbbecke liebt diesen Park. Der Besitzer des Guts ist von ihm im positiven Sinn besessen und engagiert sich für dessen Erhalt. „Hier gibt es magische Orte, an denen man Energie auftanken kann“, schwärmt er.

„Um zum englischen Landschaftspark zu gelangen, müssen wir erst durch den französischen Garten“, macht Nicolaus von Löbbecke aufmerksam. Leichter gesagt als getan. Zu sehen ist nichts, zumindest nichts, was auch nur entfernt nach einem Garten aussieht. Der Hausherr bricht einen schmalen Pfad durch meterhohe Unkraut­hecken. „Hier hat sich einst der französische Garten befunden“, erklärt der Mahndorfer. Das Kunstwerk des Gartenbaus ist im Laufe der Jahrzehnte verschwunden. Letzte Zeugen könnten ein paar uralte Rosenstöcke am ehemaligen Gewächshaus sein. „Das Unkraut wollen wir demnächst beseitigen und die Fläche umbrechen“, berichtet Nicolaus von Löbbecke. Damit ist zwar der Garten nicht wieder hergerichtet, aber der Weg zum Park weniger beschwerlich.

Plötzlich steht man am Rand eines kleinen Waldes. 30 bis 40 Meter hohe Bäume, deren ­dicke Stämme man nicht umfassen kann – Bergahorn, Eichen, darunter so seltene Arten wie die Schlitzblättrige Eiche, Kastanien, Eschen, Buchen und Linden, die hier seit über 180 Jahre wachsen. Imposant ist eine Platane aus der Zeit, als der Park angelegt wurde. „Sie hat eine 60 Meter breite Krone. Das ist die mächtigste Platane weit und breit“, sagt Nicolaus von Löbbecke. Die Baumriesen haben eines gemeinsam: Man muss sich dringend um sie kümmern. Für einige kommt bereits jede Hilfe zu spät. Die Aufgaben sind mannigfaltig: Unter anderem muss Wildwuchs entfernt, Wege, die einst durch den weitläufigen Park führten, neu angelegt und Wiesen bewirtschaftet werden.

Ein besonderer Ort ist der alte Familienfriedhof, der in den Park eingebettet ist und bereits vom Unkraut befreit wurde. Einige schwarze Granit-Grabsteine erzählen ein Stück Familiengeschichte. Die Gruft sei bereits vor langer Zeit aufgebrochen und geplündert worden, berichtet Nicolaus von Löbbecke. Die Grabräuber hatten es auf die Zinksärge abgesehen.

1833 hat Wilhelm Löbbecke nicht nur das Gutshaus errichten lassen. Der Landwirt und Kaufmann aus Dorstadt bei Wolfenbüttel, der das Vorwerk Mahndorf 1828 von der preußischen Regierung gekauft hatte, ließ um den repräsentativen Familiensitz als Krönung den englischen Landschaftspark anlegen.

Nachfahre ­Nicolaus von ­Löbbecke stellt sich der ­Herausforderung, den Park wieder zu alter Schönheit zu führen. Denn nach der Enteignung der Familie im Zuge der Bodenreform 1945 hat sich um diesen Schatz niemand mehr gekümmert. Ein Vorhaben, das Jahre in Anspruch nehmen wird. Immerhin umfassen Park samt Gut eine Fläche von etwa 31 Hektar.

Um die Mammutaufgabe lösen zu können, haben von Löbbeckes und weitere Enthusiasten den Freundeskreis Gut Mahndorf aus der Taufe gehoben. Interessierte Mitstreiter sind jederzeit willkommen. Mit im Boot sitzt die Stadt Halberstadt. Roswitha Hutfilz und das Team Stadtgrün wollen bei der Erstellung eines Masterplans zur Renaturierung des Parks und zur Erschließung von Fördergelder helfen. „Der Antrag ist abgegeben, jetzt warten wir auf einen hoffentlich positiven Bescheid“, sagt Nicolaus von Löbbecke. Immerhin geht es um 14 000 Euro. Mithilfe des Geldes soll ein Plan erarbeitet werden. „Da es keine Unterlagen über den Park gibt, muss akribisch erforscht werden, was hier war, was jetzt noch da ist und was daraus werden soll.“