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Pilz befällt Bäume Großes Kiefernsterben im Stadtforst

Ein Pilz verursacht im Stadtforst Halberstadt derzeit große Schäden und bedeutet das Todesurteil für viele Kiefern.

Von Jörg Endries 24.01.2017, 10:00

Halberstadt l Großes Kiefernsterben im Stadtforst Halberstadt – in den Klus- und Thekenbergen im Süden der Kreisstadt, im Langensteiner Privatforst, sogar im Schlosspark Langenstein verlieren die Nadelbäume ihr kräftiges Grün, die Blätter werden rasant braun. Erst sind es nur einige Zweige, dann befällt in kurzer Zeit die Krankheit den gesamten Baum. In den meisten Fällen sein Todesurteil. ­Verantwortlich ist ein Pilz – Sphaeropsis sapinea, bestätigt auf Volksstimme-Nachfrage Thomas Roßbach, Leiter des Betreuungsforstamtes Flechtingen. Der Pilz verursacht in der gesamten Region große Schäden, so der Fachmann.

Die braunen Kiefern fallen ins Auge. Vor allem am Südhang der Thekenberge, wo bereits im Herbst vergangenen Jahres umfangreiche Rodungsarbeiten begonnen haben. Der Schaden schmerzt. „146 Jahre alte Kiefern sterben von heute auf morgen“, berichtet Hubert Goldacker, zuständiger Revierleiter Halberstadt vom Betreuungsforstamt Flechtingen. Im August 2016 habe er erstmals 20 bis 30 vom Pilz befallene Bäume entdeckt. „Im Oktober war bereits der Hang braun.“ Die Geschwindigkeit, mit der sich der Pilz ausbreitet, sei beängstigend. Das Schlimme ist, er ist nicht aufzuhalten. Die Sporen werden durch Wind, Tiere und Menschen verbreitet. Man kann ihn nicht bekämpfen.

Bekannt sei Sphaeropsis sapinea seit Langem, informiert Thomas Roßberg. Der Klimawandel mit heißen und sehr trockenen Sommern befördert allerdings seine Ausbreitung. Der sogenannte Schlauchpilz, der mit dem Auge kaum zu erkennen ist, befällt die Nadeln und entzieht ihnen Nährstoffe und Feuchtigkeit. Die Blätter werden braun, der Stoff- und Energiewechsel findet nicht mehr statt, der Frühjahrsaustrieb bleibt aus – die Kiefer stirbt. Will man noch einen guten Holzpreis erzielen, muss der Baum unverzüglich gefällt werden. Später verursacht der Pilz eine Blaufärbung und das Holz taugt nichts mehr, erklärt Hubert Goldacker.

Vor allem vorgeschädigte Bäume, egal welchen Alters, befällt der Pilz, erklärt Thomas Roßbach. Das bedeutet, Kiefern, die durch Trockenheit geschwächt sind. Der letzte Sommer sei extrem trocken und heiß gewesen. 2016 war eines der trockensten Jahre in den zurückliegenden vier Jahrzehnten. „Dem schloss sich in unserer Region ein extrem trockener Winter an. Seit Oktober sind keine nennenswerten Niederschläge gefallen“, ergänzt Hubert Goldacker. Das sei für die ohnehin gestressten Bäume sehr schlecht, der Pilz kann sich ausbreiten, so die Fachmänner.

Am Südhang der Thekenberge sind vor allem Bäume im unteren Hangbereich vom Pilz befallen und geschädigt. „Weiter oben, in den Steillagen, sind die Bäume hingegen bisher gesund. Wir vermuten, dass die Kiefern auf Grund der besonderen Lage – sie sind an trockene, magere Böden gewohnt – besser mit dem Klimawandel klar kommen“, erklärt Hubert ­Goldacker.

Auf einer Fläche von 25 Hektar sind Forst-Mitarbeiter im 509 Hektar umfassenden Stadtforst mit dem Holzeinschlag beschäftigt. Insgesamt müssen dort 1400 Festmeter Holz gefällt werden, berichtet Thomas Roßbach. „Geschädigt sind Kiefern in der gesamten Region. Und ein Ende ist derzeit nicht abzusehen.“ Thomas Roßbach und Hubert Goldacker gehen davon aus, dass auf weiteren Flächen Bäume gefällt werden müssen. Der Schaden sei nicht nur für die Umwelt enorm groß.

„Die finanziellen Auswirkungen können weder Kommunen noch private Waldbesitzer allein tragen. Die Kosten für eine Aufforstung belaufen sich auf immerhin 7000 bis 8000 Euro pro Hektar“, so ­Hubert Goldacker. Die Stadt Halberstadt kann das hochwertige Holz am Markt zwar gut verkaufen, die Kosten für die Wiederaufforstung deckt es nicht, betont Thomas Wald, Geschäftsführer des Stadt- und Landschaftspflegebetriebes Stala. Es gebe aber entsprechende Fördermittel-Programme, die auch die Stadt Halberstadt nutzt. „Wir werden auf alle Fälle einen Antrag stellen.“

Bereits im Herbst diesen Jahres soll die Aufforstung im Bereich der Thekenberge ­beginnen. Die Kiefer wird dabei allerdings keine Rolle mehr spielen. „Wir müssen auf die veränderten Umwelt- und ­Klimabedingungen reagieren und pflanzen daher Laubbäume an“, sagt Thomas Roßbach. Ob die Kiefer noch eine Zukunft hat, kann der Forstfachmann nicht sicher beantworten. „Niemand weiß, wie das Klima wird.“