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Projekt Ministerin würdigt Schülerrichter

Jugendliche in Halberstadt reden mit Gleichaltrigen über Fehlverhalten und legen Strafmaß fest. Die Schülerrichter gibt es seit 10 Jahren.

Von Sabine Scholz 21.10.2017, 01:01

Halberstadt l Eine ungewöhnliche Aufgabe für Schüler sorgte für hohen Besuch in Halberstadt. Die Justizministerin von Sachsen-Anhalt, Anne-Marie Keding (CDU), war zu Gast in den Räumen des Diakonischen Werkes am Johannesbrunnen. Denn dort wurde mit einer Feierstunde das zehnjährige Bestehen des Projektes „Schülergremium“ gefeiert.

Anlass für die Justizministerin, sich bei allen Beteiligten dafür zu bedanken, dass diese geholfen hätten, dieses Projekt so erfolgreich zu gestalten. In erster Linie richtete sich ihr Dank an die bisher 64 Jugendlichen im Landkreis Harz, die sich zu „Schülerrichtern“ haben ausbilden lassen. Wobei es mit der Ausbildung neben dem Unterricht noch nicht getan ist. Denn in den Schülergremien setzen sich die dafür ausgebildeten Schüler mit Gleichaltrigen auseinander, die Beleidigungen, Diebstähle, oder einfache Körperverletzungen begangen und sich dazu bekannt haben – was strafrechtlich relevant werden könnte. Doch bevor ein Berufsrichter sich mit solchen Alltagsdelikten befasst, können die Schülerrichter aktiv werden. Sie befinden nach den Gesprächen mit den Betroffenen über die Sanktionen für das jeweilige Fehlverhalten.

Keding sagte dazu: „Es geht darum, den beschuldigten Jugendlichen auf Augenhöhe Gleichaltriger klar zu machen, dass sie mit diesem Verhalten auf dem Holzweg sind. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Ansatz funktioniert und dass er vorbildhaft zeigt, wie auch außerhalb des Gerichtssaales erfolgreich auf jugendliche Straftäter eingewirkt werden kann.“

Die Ministerin betonte, dass das Projekt nicht möglich gewesen wäre ohne die Mitarbeit der Staatsanwaltschaft Magdeburg, Zweigstelle Halberstadt. Keding: „Den dortigen Kolleginnen und Kollegen, die bereit waren, das Wagnis des Schülergremiums, das anfangs nicht unumstritten war, mit zu tragen, gilt deshalb auch mein ausdrücklicher Dank.“

Es seien viele engagierte Mitstreiter, die zum Gelingen des Projekts beigetragen haben, sagte Anne-Marie Keding, die besonders das Wirken von Evelyn Zinke vom Anti-Gewalt-Zentrum Harz hervorhob. Das Zentrum besteht seit 2004 und ist ein gemeinnütziger Verein, der als freier Träger der Jugendhilfe anerkannt ist.

Zinke und deren Kollegen hätten „den Funken ihrer Begeisterung für das Projekt sichtlich auf die Schülerinnen und Schüler überspringen lassen“. Die Treffen mit den Schülerrichtern hätten der Ministerin gezeigt, wie persönlichkeitsbildend die Beschäftigung mit den Aufgaben des Schülergremiums auf die jungen Menschen gewirkt habe.

Während der Feststunde wurde berichtet, dass die Schülerrichter zumeist über Diebstahldelikte, Sachbeschädigung, Beleidigung, Körperverletzung und Hausfriedensbruch zu verhandeln hatten.

Voraussetzung für das Verfahren ist das Einverständnis des oder der Beschuldigten und der Erziehungsberechtigten. Die Schülergremien sind an die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen angebunden. Welche Fälle für Schülergremien geeignet sind, entscheiden Polizei und Staatsanwaltschaft.

In 50 Unterrichtsstunden bekommen die Mitglieder der Schülergremien Wissen über Kommunikation, Gruppenprozesse, Gesprächsführung, Straf- und Prozessstrafrecht vermittelt. Zur Ausbildung gehören auch Exkursionen zum Polizeirevier und der Besuch einer Hauptverhandlung beim Amtsgericht, informierte Anja Schrott vom Justizministerium.

Die Schülerrichter kommen aus Quedlinburg, Halberstadt, Wernigerode, der Stadt Oberharz am Brocken und aus Ballenstedt. Dort besuchen sie Sekundarschulen oder Gymnasien.