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Projekte Wieder Rätselraten um Kurzentrum

Die Wiederbelebung des seit Jahren geschlossenen Kurzentrums im Quedlinburger Ortsteil Bad Suderode gestaltet sich schwieriger als erwartet.

Von Dennis Lotzmann 24.01.2018, 13:00

Quedlinburg/Bad Suderode l Als im Sommer 2013 im Kurzentrum Bad Suderode auf unabsehbare Zeit die Lichter ausgegangen sind, gab es Stammkunden, die dies zum Anlass nahmen, sich ihre eigene Sauna in den Garten zu stellen. Schließlich, so die Überlegungen der Wellness-Fans, würde es wohl Jahre dauern, bis hier wieder kollektives Schwitzen angesagt ist. Im günstigsten Fall. Schlimmstenfalls - das war damals gewiss keine Schwarzmalerei - könnten die Schotten gar für immer dicht bleiben.
Zumindest letzteres scheint erst einmal abgewendet. Mit dem Verkauf des Objektes an die European Special Properties GmbH (ESP) aus Berlin im Jahr 2015 ist eine Projektentwicklungsgesellschaft zum Zuge gekommen, deren Geschäftsführer Torsten Müller die Zielstellung immer wieder - auch ganz aktuell - betont: Aus dem einstigen Kurzentrum soll ein Hotel mit angeschlossenem Wellness-Bereich werden. Dafür werde ein Bettenhaus mit 129 Zimmern hochgezogen. Überdies sehen die millionenschweren Pläne - quasi Part zwei des Vorhabens - die Erweiterung des Komplexes um eine Wohnanlage mit seniorengerechten Wohnungen vor. Allein: Die selbst gesteckte zeitliche Zielmarke hat Müller bislang verfehlt.
Ursprünglich, so Müller bei der Projektvorstellung im Juni 2016, sollte der erste Teil des Vorhabens, schon Ende 2017 in Betrieb gehen. Doch vom neuen Bettenhaus, das direkt zwischen dem jetzigen Kurzentrum und der Ausfallstraße nach Friedrichsbrunn entstehen soll, ist weit und breit nichts zu sehen. Auch das eigentliche Kurzentrum liegt weiter tief im Dornröschenschlaf.
Warum? "Weil das Brandschutzgutachten noch nicht vorliegt", erklärt Geschäftsführer Müller. Man arbeite seit August 2017 an dieser komplexen Materie, bei der "die Messlatte sehr hoch liegt". Bislang ohne Ergebnis. Aber: Nunmehr sei ein Ende in Sicht. "Es gab zuletzt im November 2017 ein Treffen vor Ort, jetzt sind alle Vorgaben erfüllt", so der Manager am Montag.
Ob der Optimismus, den Müller zu verbreiten sucht, eine reale Basis hat, ist schwer nachprüfbar. Mit klaren Aussagen zum Stand und den zeitlichen Prognosen im gesamten Genehmigungsverfahren hält sich die Kreisverwaltung als zuständige Behörde zurück. Aber: Das Bauordnungsamt habe im Januar mit einem Schreiben an den Beauftragten der Firma letztmalig die Einreichung fehlender Unterlagen angemahnt, so eine Sprecherin des Landratsamtes am Dienstag auf Anfrage.
Letztlich bleibt unklar, ob ESP die Planungen mit allem Nachdruck und Engagement vorantreibt. Nach Müllers Worten können erst nach bestandenem Brandschutzgutachten die eigentlichen statischen Fragen samt Genehmigung abschließend angegangen werden. Wie lange das konkret dauert, ist offen. Torsten Müller spricht aktuell von den "nächsten drei Monaten", in denen er mit grünem Licht für das Projekt rechnet.
Optimismus, den Quedlinburgs Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) so nicht mehr teilt. "Fakt ist, dass in der Vergangenheit viele Fristen nicht gehalten wurden", erinnert der CDU-Politiker. So insbesondere bei Baugenehmigung und Baustart. Dass das wirklich nur und allein am komplizierten Genehmigungsrecht hänge, könne er mittlerweile kaum noch glauben. "Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Punkte von den Besitzern aktuell mit der Ernsthaftigkeit betrieben werden, die das Objekt verdient hat", so Ruch. Mehr noch: "Ich befürchte, dass sich das Projekt an einem Scheideweg befindet", so der Christdemokrat.
Mit Details hielt sich Ruch gegenüber der Volksstimme zurück. Am gestrigen Abend war der aktuelle Stand beim Kurzentrum hinter verschlossenen Türen Thema des Quedlinburger Wirtschaftsausschusses. Dem Vernehmen nach soll Ruch seine Vermutungen rund um die Vokabel "Scheideweg" dort noch deutlicher skizziert haben. Über Details ist allerdings nichts in Erfahrung zu bringen. Einiges deutet aber darauf hin, dass Ruch womöglich gar einen Wechsel beim Eigentümer des Kurzentrums befürchten könnte.
Konfrontiert man Manager Torsten Müller mit dieser aktuellen Diskussion und die hoch kochende Gerüchteküche, verweist der auf die offene Frage des künftigen Betriebs des Hauses. Entweder werde der Gesamtkomplex nach Fertigstellung komplett verpachtet oder ESP betreibe ihn selbst und verpachte nur einzelne Segmente. Eine Gesamtverpachtung sei freilich schwierig, da - anders als für das Bettenhaus - für das Kurzentrum kein Pächter in Sicht sei.
Ungeachtet aller Diskussionen sieht Ruch zumindest genügend Interessenten an dem Objekt. Und: Die Stadt habe sich - sollte tatsächlich die Perspektive eines neuerlichen Eigentümerwechsels real näher rücken - ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht vertraglich gesichert.
Wobei der Haussegen zwischen ESP und der Kommune ganz generell leicht in Schieflage geraten ist. Die Stadt macht Ruchs Angaben zufolge offene Steuern und Abgaben geltend. "In nicht haushaltsentscheidender Höhe, aber auch nicht unbedeutend", wie Ruch sagt. Fünfstellig sollen sie sein, heißt es. Und sich unter anderem um Grundsteuern drehen.
Das bestätigt Müller im Kern. Sagt aber auch: Grundsteuern seien gar nicht fällig, solange mit den Objekt kein Gewinn erwirtschaft werde. "Das wäre mir völlig neu, weil sich die Grundsteuer von Grundbesitz ableitet", so Ruch verwundert.
Was also bleibt? Abwarten und hoffen, dass die ESP- oder andere Pläne irgendwann Realität werden. ESP spricht mit Blick auf Kurzentrum und Bettenhaus nun von Ende 2019 als neuer Zielmarke. Das wiederum mündet in die Erkenntnis, dass Stammkunden, die damals auf ihre eigene Sauna setzten, richtig lagen.