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Restaurant Gute Aussichten für das Jagdschloss

Es kehrt Leben in das Jagdschloss in den Halberstädter Spiegelsbergen ein. Frank Heymann betreibt dort ein Restaurant.

Von Sandra Reulecke 20.07.2017, 01:01

Halberstadt l Der Aufstieg lohnt sich. Die Fensterfront des Jagdschlosses in den Spiegelsbergen bietet einen beeindruckenden Blick über Halberstadt: Die Martini-Türme erheben sich über den Dächer, die Rüstung des Doms, der gerade saniert wird, glänzt in der Sonne. Seit Mitte des Monats können Halberstädter und Besucher den Ausblick wieder genießen. Seitdem betreibt Frank Heymann das Restaurant, das insgesamt rund 300 Sitzplätze bietet. Ein Neuanfang, nicht nur für das historische Gebäude, dessen Besitzer und Pächter in den letzten Jahrzehnten häufig wechselten. Auch für Frank Heymann beginnt ein neuer Lebensabschnitt.

Der 48-Jährige stammt aus Datteln in Nordrhein-Westfalen. Zunächst erlernte er den Beruf des Fachverkäufers in einem Baumarkt, bevor er eine Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann absolvierte. „Als Reiseleiter bin ich häufig mit auf Tour gewesen“, berichtet Heymann. Eine gute Grundlage für die Gastronomie: Dank der Erfahrung wisse er, was Gäste wünschen und wie wichtig Qualität ist.

Das habe sich auch in der Zwischenzeit, in der er wieder für einen Baumarkt tätig war, nicht geändert. 25 Jahre ging der Vater von drei Töchtern dem Job nach, zuletzt im Außendienst. Das Reisen und der Termindruck schlugen auf seine Gesundheit. „Ich stand kurz vor einem Burn-out und war gut ein Jahr zu Hause“, berichtet er. Er wollte etwas ändern, einen Neuanfang wagen.

Wieso ausgerechnet in der Gastronomie, einer Branche, die nicht im Ruf steht, stressfrei zu sein? „Mit meiner Exfrau habe ich bereits zwei Gaststätten in Nordrhein-Westfalen betrieben. Das hat mir echt Spaß gemacht“, erläutert Heymann.

Dass sein Neubeginn im Harz stattfindet, ist kein Zufall. Häufig war das Mittelgebirge sein Reiseziel. „Es ist eine tolle Region, in der tolle Menschen leben.“ Gelegenheit, diese näher kennenzulernen, boten sich bereits in seiner Zeit als Außendienstler. Ein Jahr lang lebte und arbeitete er in Goslar. In dieser Zeit lernte er seine Lebensgefährtin kennen. Gemeinsam mit den beiden Kindern, die sie mit in die Beziehung brachte, lebt das Paar in Cattenstedt.

Im Internet fand Heymann heraus, dass für das Halberstädter Jagdschloss ein Pächter gesucht wird. Die Örtlichkeiten kannte er bereits: Er war vor einigen Jahren im Restaurant essen und besichtigte das etwa 144 000 Liter fassende Weinfass, welches 1594 erbaut wurde und im Keller des Jagdschlosses zu finden ist. Um 1780 wurde das Fass aus dem Gröninger Schloss nach Halberstadt gebracht, als das Schloss abgerissen und seine Bestandteile als Baumaterial verkauft wurden. Einige der Gebäudebestandteile wurden für die Errichtung des Jagdschlosses genutzt, welches Ernst Ludwig Christoph von Spiegel erbauen ließ und das 1782 eingeweiht wurde.

Heymann ist sich sicher, dass das historische Gemäuer und das Fass, das im „Guinness-Buch der Rekorde“ steht, Besucher anlocken werden. Doch der „Schlossherr“ will nicht nur mit Historie punkten, er legt Wert auf guten Service, wechselnde Veranstaltungen und Regionalität der Produkte. So arbeitet er mit einer Halberstädter Rösterei zusammen, Kuchen und Würstchen bezieht er ebenfalls aus der Domstadt, Obst und Gemüse aus Quedlinburg. Nach dem Parkfest, das am 29. Juli in den Spiegelsbergen stattfindet, soll eine größere Speisekarte angeboten werden – mit Harzer Spezialitäten und solchen, die Heymann aus seiner Heimat kennt.

Für Wanderer gibt es ab dem kommenden Jahr ein besonderes Angebot: Im Jagdzimmer bekommen sie Speisen wie belegte Bagels, die sie auf ihren Touren mitnehmen können. „Wir versuchen, essbare Verpackungen zu nutzen“, kündigt Heymann an, der selbst passionierter Wanderer ist. Doch statt Harz-Touren erwarten ihn in den kommenden Wochen Renovierungsarbeiten. Neben vier Doppelzimmern, die bereits vermietet werden, gehören zwei Ferienwohnungen, die hergerichtet werden sollen, zum Jagdschloss. „Eine wird eine Pilgerwohnung.“

Bei der Umsetzung seiner Pläne baut er auf den Rückhalt seiner Lebensgefährtin und die Unterstützung seines Teams. Drei festangestellte Kellner sowie drei Köche und 17 Aushilfen gehören dazu. Für die kommende Saison sollen weitere Einstellungen folgen – nicht zuletzt die seiner mittleren Tochter. Sie wird als Köchin in dem höchstgelegenem Restaurant Halberstadts anfangen.