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Sanierung Rettung für über 300 Jahre altes Haus

Hinter der Fachwerkfassade des Grudenbergs 7 in Halberstadt kämpfen Fachleute um den Erhalt des kostbaren Hauses.

Von Jörg Endries 03.05.2019, 04:00

Halberstadt l Am über 300 Jahre alten Haus Grudenberg 7 stehen derzeit Baugerüste. Mitarbeiter eines Zimmerei­fachbetriebes aus Quedlinburg stemmen Ziegelsteine aus dem Fachwerk heraus. Das befindet sich teilweise in einem sehr schlechten Zustand. Der Grudenberg 7 gehört zu den imposanten Bauwerken in der Altstadt Halberstadts. Das denkmalgeschützte Gebäude ist jedoch ein Problemfall.

Die Daten erklären einiges: Über 30 Jahre ist der Grudenberg 7 verwaist, noch wesentlich länger floss kein Geld für die Sanierung der Immobilie. Der Zahn der Zeit übernahm schließlich die Regie. Der Verlust des stadtbildprägenden Bauwerks wäre eine Katastrophe. Besitzer Otto Plettner kämpft seit über 20 Jahren nach Kräften gegen den weiteren Verfall. Von Mexiko aus, wo er 1940 geboren wurde, ist das allerdings ein schwieriges Unterfangen. Trotzdem bleibt der Mexikaner mit deutschen Wurzeln am Ball und ist wenigstens einmal im Jahr persönlich in Halberstadt, um die Arbeiten zu koordinieren und sein Erbe zu retten.

Allein wäre der 79-Jährige mit der Sanierung des Hauses völlig überfordert. Ihm zur Seite steht seit einigen Jahren die Stadt Halberstadt. Die Kommune unterstützt das Rettungsprojekt und stellt Fördermittelanträge für die Sanierung. Fachlich begleitet das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg die Arbeit. Geschäftsführerin ­Claudia Hennrich bestätigt, dass das Land Sachsen-Anhalt ­Sicherungsmittel zur Verfügung gestellt habe. ­Wieviel Geld geflossen ist, möchte sie nicht sagen, damit keine Neid-Diskussion bei anderen Bauherren aufkommt.

Dafür informiert Claudia Hennrich über die derzeit am Grudenberg 7 laufenden Sanierungsarbeiten. Im Sockelbereich des Vorderhauses müssen Schwellhölzer ertüchtigt werden. Dabei handelt es sich um Balken, die auf dem Sockel des Gebäudes liegen, auf denen die Fachwerkkonstruktion steht. Sie sind so stark geschädigt, dass sie zerbröseln und die Last nicht mehr tragen können. „Das Mauerwerk muss erneuert werden“, berichtet Claudia Hennrich.

Auf der Rückseite des Denkmals stehen ebenfalls Sicherungsarbeiten an, um Deckenbalken zu ertüchtigen und damit deren Standfestigkeit zu erhöhen. Sie seien ebenfalls durch Wurmfraß stark angegriffen. „Hier geht es darum, Arbeiten aus dem Jahr 1990 zu korrigieren“, sagt die Geschäftsführerin. Im Rahmen der Niedersachsenhilfe erhielt Halberstadt nach dem Fall der Mauer unbürokratisch Material und Geld aus dem Nachbar-Bundesland, um die vom Verfall gezeichnete Altstadt zu retten. So bekamen viele Häuser neue Dachziegel. Dazu gehörte auch der Grudenberg 7. Außer­dem seien die damals schon beschädigten Deckenbalken mit Lochblechen ­gesichert worden. Das habe maßgeblich dazu beigetragen, das Haus zu erhalten. Mehr aber auch nicht, betont Claudia Hennrich.

Das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg steht für eine ­recourcenschonende und mit alten Handwerkstechniken praktizierte Sanierung der Fachwerkhäuser. Und die käme auch beim Grudenberg 7 zum Einsatz. Die Lochbleche samt Metallnägeln werden durch sogenannte falsche Zapfen ersetzt. Dabei handelt es sich um eine Verbindung aus Holznägeln. Gut zwei Jahre sind für die Sicherungsarbeiten notwendig.

Der Grudenberg 7 ist um 1700 vom Propst des Halberstädter Johannesstifts erbaut worden. Seit 1854 befindet es sich im Besitz der Familie Plettner. Das Haus gehörte einer Tante von Otto Plettners Vater, der aus Erfurt stammte.